Wilhelmstraße in Bonn Ehemalige Poliklinik hat Platz für 86 neue Wohnungen

Bonn · Mindestens 86 neue Wohnungen sollen auf dem Gelände der ehemaligen Poliklinik an der Wilhelmstraße in Bonn entstehen. Mit den Plänen werden sich Anfang Juli die Bonner Kommunalparlamente beschäftigen. Dabei geht es auch um die Zukunft der dort untergebrachten Drogenambulanz.

Fünf Jahre nach dem endgültigen Auszug der Poliklinik in der Wilhelmstraße wird eine künftige Nutzung für das zentrale innerstädtische Areal hinter dem Landgericht erkennbar. Die Bezirksvertretung Bonn und der Bonner Stadtplanungsausschuss sollen Anfang Juli einer Beschlussvorlage der Stadtverwaltung zustimmen, die überwiegend eine Wohnbebauung für die freigewordenen Flächen vorsieht.

Wenn der Bau- und Liegenschaftsbetrieb (BLB) des Landes als Eigentümer die Immobilien an die Stadt veräußert, könnten dort im ehemaligen Klinikgebäude an der Wilhelmstraße wie auch in einem neu zu bauenden winkelförmigen Gebäuderiegel am Annagraben 86 durchschnittliche oder 126 kleinere Wohnungen entstehen. Die städtische Wohnungsbaugesellschaft Vebowag soll diese errichten. Die Stadt hat ein entsprechendes Vorkaufsrecht.

Anfang April hatte die Verwaltung die Zahl der Wohnungen trotz der Wohnungsnot noch um 26 verringert. Der Grund: Am Annagraben, in der Nähe des Wilhelmsplatzes, ist die Bonner Diamorphin-Ambulanz untergebracht, die rund 50 Heroinabhängige seit 15 Jahren mit künstlich hergestelltem Heroin versorgt. Diese Einrichtung müsste den Neubauten weichen.

Zunächst hatte die Verwaltung einen Umzug ans Südende des Annagrabens favorisiert. Doch die Betreibergemeinschaft wünscht sich einen Umzug ins leer stehende benachbarte Schwesternwohnheim. Das böte genügend Raum, die Ambulanz mit der bisherigen Abgabestelle für Methadon der LVR-Klinik zu verschmelzen, die sich an der Heerstraße um rund 100 Süchtige kümmert. Die Uniklinik würde sich dann aus der Diamorphin-Abgabe zurückziehen und den Betrieb den LVR-Kliniken in Kooperation mit Caritas und Diakonischem Werk überlassen.

Vor allem die Diamorphin-Abgabe ist in jetziger Form ein Zuschussgeschäft. Die Krankenkassen zahlen nicht ausreichend Geld für den Betrieb der Ambulanz mit rund 15 Mitarbeitern. Bei einer Zusammenlegung könnte die neue Ambulanz hingegen kostendeckend arbeiten. Der Ärztliche Direktor der Uniklinik, Wolfgang Holzgreve, sieht trotz unterschiedlicher Patientengruppen aber vor allem starke inhaltliche Argumente für eine kombinierte Einrichtung. Die Experten beider Bereiche könnten sich unter anderem stärker gegenseitig unterstützen.

Um Konflikte der deutlich vergrößerten Ambulanz mit Anwohnern zu vermeiden, wollte die Bauverwaltung deshalb auf den benachbarten Neubauriegel gänzlich verzichten und plante stattdessen eine private Grünanlage. „Das wollen wir in keinem Fall“, sagt Caritas-Geschäftsführer Jean-Pierre Schneider als einer der Ambulanz-Träger. Man fühle sich einerseits der Notwendigkeit des Sozialwohnungsbaus in Bonn verpflichtet und wolle andererseits mit der Grünanlage auch keinen neuen Treffpunkt für Suchtmittel-Abhängige schaffen.

Nach intensiven Gesprächen arbeitet die Bauverwaltung jetzt abermals an einer neuen Beschlussvorlage. Nun sollen doch alle ursprünglich geplanten Wohnungen gebaut werden, auch wenn die Ambulanz ins Schwesternwohnheim zieht.

Diese Lösung wäre ideal für die angedachte Einrichtung einer Kindertagesstätte im ehemaligen Bürogebäude der Volkshochschule an der Wilhelmstraße. Dort könnten bis zu vier Gruppen eingerichtet werden und den Mangel an Kita-Plätzen in der Innenstadt verringern. Der Plan ist aber politisch umstritten. Das VHS-Gebäude liegt am entgegengesetzten Ende des Poliklinik-Areals.

Wann die Arbeiten, einen positiven Ratsbeschluss vorausgesetzt, beginnen können, vermag die Verwaltung nicht zu sagen. Derzeit sind noch rund 200 Flüchtlinge in der ehemaligen Poliklinik einquartiert. Ein Zeitpunkt für die Schließung der Notunterkunft sei derzeit noch nicht absehbar, erklärt das Presseamt auf GA-Anfrage. Und auch der BLB könnte die nutzbare Fläche noch einschränken.

Zumindest der denkmalgeschützte Altbau sei für eine Nutzung durch die Uni angedacht, bestätigt der von der Entwicklung selbst überraschte Unisprecher Andreas Archut . „Uni und BLB sind derzeit vor dem Hintergrund der großen Sanierungsmaßnahmen unter anderem im Hauptgebäude auf der Suche nach Rochadeflächen“, erklärt Archut. So könnten Institute der Geisteswissenschaften nach dem Auszug der Flüchtlinge zumindest mittelfristig den Klinik-Altbau nutzen.

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