Fragen und Antworten zum Verkehr in Bonn Durfte der Rat den Beschluss zur Kaiserstraße fassen?

Bonn · Am 1. September soll er starten: Der umstrittene Testversuch, den Cityring am Hofgarten in Bonn entlangzuführen. Zeitgleich will die Verwaltung zudem die Verkehrsbeziehungen auf der Kaiserstraße verändern. Ob der Stadtrat überhaupt die Entscheidung für diese Beschlüsse treffen durfte, bezweifelt die Bezirksvertretung.

Wo soll der Cityring ab 1. September entlangführen, und warum wird er „erweitert“?Autofahrer können die Stadt mit Beginn der Testphase über die Straße Am Hofgarten umfahren, um den Hauptbahnhof zu erreichen (siehe Grafik). Ziel ist eine Verschiebung des Autoverkehrs, damit die Fläche zum Hofgarten näher an die City rücken kann. Will heißen: Fußgänger könnten leichter die Straße vor der Uni passieren. Die Grünen liebäugeln mit der Idee, die dortige Busspur zu einem Radweg umzugestalten, der vom Martinsplatz fast bis zum Rheinufer führen könnte. Fragen und Antworten:

Bleibt die Marktgarage anfahrbar?

Ja, bleibt sie. Die Zufahrt ist von der B 9 über die Stockenstraße möglich. In den ersten vier Monaten der Testphase bis Jahresende bleibt die Stockenstraße für die Durchfahrt bis zur Straße Am Hof geöffnet, in den ersten drei Monaten des kommenden Jahres wird sie geschlossen. Da die Ausfahrt der Marktgarage zur Straße Am Hof liegt, wird es weiterhin Autoverkehr vor der Uni geben, allerdings rechnet Planungsdezernent Helmut Wiesner mit einem Rückgang der Fahrzeuge von 6500 auf 3700 täglich.

Was ist der Plan für die Kaiserstraße?

Binnen weniger Tage hüpften Politik und Verwaltung von einer zur nächsten Variante: Nun soll eine Umweltspur nur für Busse und Radler stadtauswärts führen, der Autoverkehr auf der Kaiserstraße kann Richtung Innenstadt rollen, aber nicht bis zum Hauptbahnhof durchfahren können. Vorher wird nach rechts in die Nassestraße ein Rechtsfahrgebot eingerichtet. Autos könnten dann in die Riesstraße (Fahrradstraße) oder Lennéstraße links abbiegen, um auf den erweiterten Cityring zu gelangen. Wiesner ist der Ansicht: „Was bei der aktuellen Diskussion zur Kaiserstraße zu kurz kommt: Alle Varianten, auch die jetzt beschlossene, bedeuten eine erhebliche Verbesserung für Radfahrer und Busse des Nahverkehrs.“

Was soll dieser Knick?

Das Kalkül der Grünen, so ihr verkehrspolitischer Sprecher Hartwig Lohmeyer, ist Folgendes: Durch die Schleife soll die Strecke so unattraktiv werden, dass autofahrend auf der Kaiserstraße praktisch nur Anlieger unterwegs sind. Diese Hoffnung speist sich aus den Beobachtungen des Verkehrs auf der B 9. Rückstaus vom Bertha-von-Suttner-Platz zögen sich in südlicher Richtung in der Regel bis zum Hofgarten, höchstens bis zum Juridicum. Die B 9 bleibe attraktiver als der Bypass, der keiner sein soll. Lohmeyer sieht in der jetzigen Variante zudem den Vorteil, dass die Umweltspur bis zur Reuterbrücke und zum UN-Campus weitergeführt werden könnte.

Die Hauptknackpunkte?

Für den neuen Cityring: Nach bisherigem Stand können Autos vom Belderberg aus nördlicher Richtung kommend in den ersten vier Monaten der Testphase in die Franziskanerstraße rechts einbiegen und über den alten Cityring zum Bahnhof fahren. Über die Ampelkreuzung Am Hofgarten/Fritz-Tillmann-/Lennéstraße müssen auch die Autos aus der Marktgarage (und die aus der Unigarage, wenn sie fertig ist) fahren. Durch die beschlossene, neue Regelung für die Kaiserstraße können von dort Autos über die Nassestraße (Fahrradstraße) entweder über die Riesstraße (ebenfalls Fahrradstraße) oder die Lennéstraße auf den neuen Cityring kommen. Dazu sagte Wiesner: „Nassestraße und Riesstraße bleiben, solange die rechtlichen Voraussetzungen gegeben sind, Fahrradstraßen. Das heißt: Höchsttempo 30, der Autofahrer ist hier Gast.“ Die Ecke Fritz-Tillmann-/Kaiserstraße ist eng, ein flüssiges Abbiegen schwierig. Anlieger rechnen mit mehr Verkehr. Die Verkehrsplaner glauben, dass die Zunahme höchstens marginal sein werde, weil die Fritz-Tillmann-Straße zur Einbahnstraße ohne Gegenverkehr wird.

Für die Kaiserstraße:

Die 51 wegfallenden Parkplätze, um den Verkehrsfluss bei Höchsttempo 30 Stundenkilometer zu verbessern, bringen die Anlieger auf die Palme. In den Seitenstraßen sind Parkplätze schwer zu finden. Die Verwaltung will Anwohnerparkplätze in den Seitenstraßen ausweisen und eine Parkraumbewirtschaftung einführen. Ein Sicherheitsrisiko sehen Kritiker in den „englischen Verkehrsverhältnissen“ für Radfahrer. Radler fahren stadtauswärts auf der Umweltspur. Stadteinwärts fahren sie auf dem bestehenden Radweg, also rechts neben der Umweltspur.

Wie kommen Anlieger und Anlieferer zu den Häusern auf dem Teilabschnitt zwischen Nassestraße und Fritz-Tillmann-Straße?

Geplant ist keine Durchfahrt für Anlieger, wie irrtümlich berichtet. Die Anfahrbarkeit soll nur über die Königstraße erfolgen, von der aus auch Autofahrer in die Kaiserstraße fahren können. Allerdings nur, um laut Wiesner nach der Bahnschranke nach links abzubiegen.

Durfte der Stadtrat den Beschluss zur Kaiserstraße fassen?

Mit dieser Frage hat sich die Bonner Bezirksvertretung (BV) vergangene Woche auseinandergesetzt. Oberbürgermeister Ashok Sridharan (CDU) ist der Auffassung, die Bedeutung der Kaiserstraße gehe über den Stadtbezirk hinaus. Die BV sieht das anders. Bezirksbürgermeisterin Brigitta Poppe-Reiners (Grüne) teilt die Einschätzung nicht. Laut Bezirkssatzung falle der BV „das Entscheidungsrecht über die Änderung der Verkehrsführung und Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung zu”. Poppe-Reiners findet, die Kaiserstraße sei keine Hauptverkehrsstraße, wie es beispielsweise die B 9 sei. Die Verwaltung prüft den Sachverhalt.

Wie sieht der Langzeitplan aus?

Die ganze Angelegenheit ist komplex. Wiesner: „Langzeitziel ist die Verbesserung des Radverkehrs auch über die Kaiserstraße hinaus mit einem Anschluss an die geplante Radpendlerroute über Hauptbahnhof, Dransdorf und Alfter bis nach Bornheim.“ Der Busbahnhof steht vor einer Umgestaltung. Denkbar, dass mit der Fertigstellung des Parkhauses an der Rabinstraße eine Mehrheit im Stadtrat bereit wäre, das Stück des Cityrings zwischen B 9 und Busbahnhof zu kappen. Möglich wird dieses Gedankenspiel durch den Linksabbieger vom Belderberg auf den Suttner-Platz.

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