Prozess vor Bonner Schwurgericht Drogensüchtiger gesteht Raubüberfall auf Taxifahrer

Bonn · Der 33-jährige Drogensüchtige, der am 12. Januar einen Taxifahrer im Bonner Annagraben mit mehreren Messerstichen fast tödlich verletzt haben soll, hat die Tat am Dienstag vor dem Bonner Schwurgericht gestanden.

Wie ein ewiger Junkie sieht der Mann auf der Anklagebank wahrlich nicht aus: Der 33-Jährige – mit Holzfällerhemd und Jeans – wirkt eher bodenständig, gesund und von klarem Verstand. Dass er seit seinem 13. Lebensjahr opium- , später auch heroinsüchtig ist und bereits 30 Entgiftungen hinter sich hat, ist ihm nicht anzusehen. Nüchtern erzählte der Deutschrusse am Dienstagmorgen von dem Raubüberfall auf einen Bonner Taxifahrer im Annagraben. Wegen des blutigen Verbrechens am 12. Januar 2017, das fast tödlich geendet ist, muss er sich wegen versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung verantworten. Dabei geht die Anklage von drei Mordmerkmalen aus: Habgier, Heimtücke sowie die Ermöglichung einer Straftat, nämlich einen versuchten, besonders schweren Raub.

Nach einer drogenreichen, schlaflosen Nacht im Bonner Loch habe er am Tattag beschlossen, jemanden zu berauben, gestand der Angeklagte. „Ich brauchte schnelles Geld: Mein Drogendealer, der keinen Spaß versteht, machte schwer Druck: Für die 300 Euro, die ich ihm schuldete, forderte er bereits 1300 Euro.“ Den Taxifahrer, den er an diesem Tag gegen 13 Uhr in Duisdorf mit unterdrückter Telefonnummer bestellt hatte, damit er ihn zur Drogenambulanz fahren sollte, habe er zunächst nur um die Fahrt prellen wollen. „Die Idee, ihn zu berauben, kam mir erst als ich hinter ihm saß.“ Im Annagraben vor dem Haus Nr. 77– fast vor der Drogenambulanz – habe er den Taxifahrer von hinten umklammert und mit dem Messer, das er „zur Sicherheit“ immer bei sich trage, an den Hals gehalten und bedroht: „Hände aufs Lenkrad, Geldbörse auf den Beifahrersitz, aussteigen!”

Aber der Taxifahrer schnallte sich sofort ab und wehrte sich. „Er hat meine Arme gegriffen und zu sich rüber gezogen: Da habe ich Panik bekommen und zugestochen.“ Wie tief er ihn getroffen habe, könne er nicht sagen, weil der Mann einen dicken Schal trug und er „keinen Widerstand gespürt“ habe. Erst später habe er gesehen, dass sein Messer voller Blut war.

Neben mehreren lebensgefährlichen Stichen in Hals und Brust, wurde bei dem Abwehrkampf auch eine Hand durchstochen. Der 46-Jährige musste mehrfach notoperiert werden. Eine Amtsrichterin, die zufällig vorbeikam, hat vielleicht sogar dessen Leben gerettet. Denn als der Angeklagte die 37-Jährige sah, „habe ich gewusst, dass ich verloren habe“. Panisch habe er die Flucht ergriffen. Das Messer warf er dabei in einen öffentlichen Aufzugsschacht.

Der Angeklagte konnte zwei Tage später festgenommen werden. Verdächtig hatte er sich gemacht, weil er kurz nach dem Raubüberfall seinen Termin bei der Drogenambulanz – angeblich weil er verschlafen habe – absagte. Auch hatte er noch am Tattag im Internet „Messerangriff auf Taxifahrer“ gegoogelt. „Mir war klar, dass sie mich erwischen“, erklärte er vor Gericht. Gefühl zeigte der Angeklagte, der 2003 mit seinen deutschrussischen Großeltern nach Bonn kam, nur einmal. Nach der Tat sei er nach Mehlem gefahren, zum Grab seines 2015 verstorbenen Großvaters, erzählte er. „Warum?“, will Kammervorsitzender Josef Janßen wissen: „Ich wollte mich von meinem Großvater verabschieden. Ich habe ja gewusst, was kommt.“ Da liefen die Tränen.

Für den Prozess sind drei Verhandlungstage angesetzt, der Taxifahrer soll erst in der kommende Woche als Zeuge gehört werden.

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