Krankheit in Bonn auf dem Vormarsch Dringende Warnung vor Keuchhusten

Bonn · Krankenkassen schlagen Alarm: Die Zahl der Fälle dieser tückischen Krankheit nimmt in Bonn zu. Die Hustenanfälle können mehrere Monate dauern.

Noch nie sind in Bonn so viele Menschen an Keuchhusten erkrankt wie 2016 – und der Trend setzt sich auch 2017 fort. Nach Angaben der Krankenkasse IKK Classic wurden 2015 in der Bundesstadt 40 Fälle gemeldet, ein Jahr später waren es bereits 73“, so Michael Lobscheid von der IKK Classic. „Und diese Entwicklung setzt sich auch dieses Jahr fort, in den ersten Wochen wurden bereits zehn neue Fälle registriert.“

Besonders gefährlich sei der Keuchhusten (Pertussis) für Säuglinge. 2016 starben an der Erkrankung drei Babys. „Aufgrund dieser Entwicklung raten wir, unbedingt die empfohlenen Impfungen bei Säuglingen und Kindern vorzunehmen“, so Lobscheid. Auch Erwachsene sollten die Impfung regelmäßig auffrischen.

Die hoch ansteckende Krankheit kann mehrere Wochen bis Monate andauern. Anfangs kommt es zu Schnupfen. Nach ein bis zwei Wochen entstehen heftige Hustenanfälle, die mit Erbrechen einhergehen und vier bis sechs Wochen dauern können.

Neuer Höchststand in Deutschland

Die Zahl der Keuchhusten-Infektionen in Deutschland ist auf einen neuen Höchststand gestiegen. Im Jahr 2016 registrierte das Robert Koch-Institut (RKI) 22.119 Fälle - mit Abstand die meisten seit dem Beginn der bundesweiten Meldepflicht im Jahr 2013.

Damals waren es rund 12.600 Patienten pro Jahr, 2015 rund 14.000. "Wir sehen hier wahrscheinlich beides: eine Krankheitswelle, aber auch eine zunehmend bessere Erfassung", sagte Wiebke Hellenbrand, Infektionsforscherin am RKI. Impflücken begünstigten Ansteckungen. Besonders gefährlich ist Keuchhusten (Pertussis) für Säuglinge. 2016 starben in Deutschland drei Babys an der Infektion - das sind untypisch viele.

Seit Jahresbeginn wurden bereits 1554 neue Keuchhusten-Patienten an das RKI gemeldet. Hellenbrand kann nur vermuten, dass die Welle auch mit einem typischen Zyklus der Erregers zu tun hat: In Ostdeutschland werden Pertussis-Infektionen bereits seit 2002 erfasst. Höhepunkte waren die Jahre 2007 und 2012 - die Zeit könnte also wieder reif sein.

Immer noch wenig Impfschutz

Der Schrecken, den Keuchhusten vor der Schutzimpfung seit den 1930er Jahren hatte, ist fast vergessen. Damals seien in Deutschland 10.000 Säuglinge pro Jahr an der hochansteckenden Infektion gestorben, so Hellenbrand. Die Bakterien verbreiten sich durch Husten, Niesen oder Sprechen über winzige Tröpfchen aus dem Nasen-Rachen-Raum.

Bei der Einschulung waren nach den jüngsten RKI-Daten für 2014 fast 97 Prozent der Kinder in Ostdeutschland und 95 Prozent in Westdeutschland gegen Keuchhusten geschützt. Ganz anders bei den Erwachsenen - da ist es je nach Lebensalter nur jeder fünfte bis zehnte. Bei jungen Eltern hat ein Drittel einen Impfschutz, bei Schwangeren ein Fünftel. Dabei gelten Familien mit kleinen Kindern als Hauptrisikogruppe.

"Keuchhusten ist bei der Bevölkerung und auch bei Hausärzten noch nicht vollständig im Bewusstsein", sagte Hellenbrand. Dazu kommt, dass die Impfung ihre Tücken hat. Sie muss immer wieder aufgefrischt werden. "Aber wir haben nichts besseres."

Empfehlung für Schwangere

Allein bei Kleinkindern sind es vier Teilimpfungen gegen Keuchhusten. Dazu kommen zwei Auffrischungen, einmal im Kindes-, einmal im Jugendalter. Für Erwachsene wird ein Pertussis-Schutz zusammen mit der Auffrischung für Tetanus und Diphtherie empfohlen - aber vielfach einfach vergessen. "Wahrscheinlich reicht der empfohlene Abstand von zehn Jahren auch nicht aus", sagte Hellenbrand. Erlischt der Impfschutz, können sich Menschen auch nach überwundener Infektion erneut anstecken.

Ist eine junge Mutter nicht geimpft, hat ihr Baby bis zur ersten Immunisierungsmöglichkeit im Alter von zwei Monaten keinen Schutz. Es gebe deshalb Überlegungen, Schwangeren die Impfung generell zu empfehlen, sagte die Expertin. Zumindest kommt die Keuchhusten-Forschung mit der Meldepflicht nun weiter voran. "Wir hatten noch nie so viele Daten."

(Mit Material von dpa)

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