Meinung der Städteplaner Dirk Vallée oder Klaus Borchard sehen in größeren Verwaltungseinheiten nur Vorteile

BONN · Bonn und der Rhein-Sieg-Kreis als eine kommunale Einheit? "Sehr gute Idee", sagt Klaus Borchard. Der ehemalige Rektor der Universität Bonn und Leiter des Instituts für Städtebau und Siedlungswesen sieht in einer größeren Verwaltungseinheit nur Vorteile und erinnert an die kommunale Gebietsreform von 1969: "Als der Bund damals seine Bauten plante und koordinierte, hatte er es noch mit den drei eigenständigen Kommunen Bonn, Beuel und Bad Godesberg zu tun. In der Nachbetrachtung muss man sagen: Der Zuschnitt hätte großzügiger ausfallen müssen."

Kommunen stünden heute mehr denn je im nationalen und internationalen Wettbewerb, so der emeritierte Professor. Da werde es immer wichtiger, mit einer Stimme für seine Region zu werben.

Ähnlich urteilt Dirk Vallée, Leiter des Instituts für Stadtbauwesen und Stadtverkehr an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen. Vallée war unter anderem maßgeblich am Zustandekommen der Verband Region Stuttgart beteiligt. Ausgelöst durch die Strukturkrise in den 1990er Jahren, überlegten die Stuttgarter und die fünf Landkreise Böblingen, Esslingen, Göppingen, Ludwigsburg sowie der Rems-Murr-Kreis, wie sie ihre Potenziale bündeln und wie sie eine gemeinsame Standortentwicklung auf die Beine bringen könnten: 1994 wurde die Verband Region gebildet. "Das ist eine Erfolgsgeschichte", so Vallée.

Und nicht die einzige. Schon in den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts wurde in Essen der Siedlungsverband Ruhrkohlebezirk gegründet. "Wenn es den nicht gegeben hätte, sähe es im Ruhrgebiet heute anders aus", so Vallée. Die Menschen hatten damals erkannt, dass die wachsende Industrialisierung und der zunehmende Siedlungsdruck übergreifende Planungen nötig machte: Industrieansiedlung, Wasserversorgung und Entwässerung, Bauflächen und Freiräume wurden fortan über die Grenzen der Kommunen hinweg entwickelt.

Die Spannweite eines regionalen Verbandes kann eng oder weit gefasst sein. Vallée: "Natürlich kann man seine Verwaltungsstrukturen straffen, bestimmte Aufgaben zusammenwerfen und damit viel Geld sparen. Wirklich effektiv ist aber nur eine Region, die mit maßgeblichen Verantwortlichkeiten ausgerüstet ist." Dann müsste die Bezirksregierung etwa Kompetenzen der Raumplanung und Raumentwicklung an eine neu gebildete Stadtregion Bonn/Rhein-Sieg abgeben. Der Nahverkehr, Straßen, Bau- und Gewerbegebiete würden für die ganze Region geplant.

Aachen hat den Schritt vor drei Jahren bereits vollzogen. "Aber nicht konsequent genug" findet etwa der dortige CDU-Fraktionsvorsitzende Harald Baal. Genau die Raumplanung hätte man heute gern unter sich. Sie liegt aber weiter bei der Bezirksregierung. Dennoch: "Die regionale Zusammenarbeit ist gut und hilfreich - und das Konkurrenzdenken hört auf."

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