Wohnsitz des Poppelsdorfer Schreibwarenfabrikanten Die Villa Soennecken ist verkauft

Bonn · Der Bau- und Liegenschaftsbetrieb des Landes NRW (BLB) hat die Villa Soennecken in Bonn-Poppelsdorf verkauft. Das bestätigte BLB-Sprecher Frank Buch auf Anfrage des General-Anzeigers.

Aus Datenschutzgründen sei keine Auskunft zum Käufer und zu weiteren Vertragsinhalten möglich. Die ehemalige Fabrikantenvilla an der Ecke Reuterstraße/ Kirschallee stand leer, seit die Uni Bonn vor sieben Jahren die Nutzung aufgegeben hatte. Von der Straße aus betrachtet wirkt das Gebäude – von der besprühten Gartenmauer abgesehen – noch völlig intakt. Innen sieht es jedoch anders aus, wissen die Poppelsdorfer Heimatforscher Christian Kleist und Wolfgang Alt, die sich seit Jahrzehnten mit der Familien- und Firmengeschichte der Soenneckens beschäftigen.

Ein Unwetterschaden am Dach hat dafür gesorgt, dass die Decke im zweiten Obergeschoss aufgeweicht und eingestürzt ist. „Das hat monatelang niemand gemerkt. Wir haben einen Schrecken bekommen, als wir den Schaden bei einem Besuch in der Villa gesehen haben, und gedacht: Das kauft doch keiner mehr“, berichtet Alt. Umso zufriedener ist er, dass jetzt offenbar ein Käufer gefunden ist, über den auch die Soennecken-Kenner noch nichts Näheres wissen.

Sie wollen auf jeden Fall versuchen, Kontakt aufzunehmen, denn die Villa ist wichtig, um das gesamte Ensemble in Poppelsdorf zum Beispiel bei Führungen zum Tag des offenen Denkmals erkunden zu können.

Firmengründer Friedrich Soennecken bezog das Haus 1890. Fabrikgebäude und Villa waren durch einen Park mit Teich verbunden. Es entsprach dem Unternehmergeist der Gründerzeit, in direkter Nachbarschaft zu wohnen und immer nach dem Rechten sehen zu können. 1905 wurde die Remise für Pferde und Kutschen angebaut.

Der Name Soennecken steht für zahlreiche Erfindungen bei Schreibwaren und Büromöbeln. Schreibfedern, Aktenordner und Locher machten das Poppelsdorfer Unternehmen, das in den 1920er Jahren mehr als 1000 Mitarbeiter hatte, weltbekannt. Alle Gebäude haben eine wechselvolle Geschichte. Aus dem Pferdestall wurde die Studentenkneipe „Hoppegarten“. Der BLB hat das denkmalgeschützte Gebäude 2008 verkauft; es wird seitdem privat genutzt. Im Inneren der Villa ist bis auf das Treppenhaus kaum etwas von der Pracht der Gründerzeit geblieben. Friedrich Soenneckens Sohn Alfred verkaufte das Haus bereits 1935 an die Universität. Zuletzt hatte das Toxikologische Institut dort seinen Sitz.

Die ehemalige Fabrik an der Kirschallee, deren Jugendstilfassade man nur vom Hof aus sehen kann, ist und bleibt Institutsgebäude der Uni. Als Christian Kleist dort Zoologie studierte, stieß er 1977 auf die Aktenregale im Keller, die bei Schließung der Firma zurückgeblieben waren. Kleist begann intensiv zu forschen und Dokumente zu sichern. Seine umfangreiche Soennecken-Sammlung ist auch Grundlage für die aktuelle Ausstellung im Stadtmuseum (siehe Ausstellungen und Führungen).

Die Idee, in der Villa Soennecken ein Bonner Industriemuseum einzurichten, ist mit dem Verkauf nun endgültig zu den Akten gelegt. Wolfgang Alt und Christian Kleist arbeiten aber an einem virtuellen Museum: Auf einer Internetseite soll mit Hilfe der anderen Bonner Heimat- und Geschichtsvereine die Entwicklung der Bonner Industrie dokumentiert werden. Außerdem hoffen sie, dass das Poppelsdorfer Gebäudeensemble mit den mehr als 100 Jahre alten Parkbäumen erlebbar bleibt und der neue Eigentümer der Villa gelegentlich die Tür für Geschichtsinteressierte öffnet.

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