Beethoven-Konzerthaus Die Umgebung findet größere Beachtung

BONN · Alle zehn Entwürfe zum geplanten neuen Konzerthaus für Bonn sind seit Mittwoch in der Post Tower Lounge zu sehen.

Darf's die kristalline Architektur auf schlanken Stelzen sein? Oder lieber die Harmonie von Neubau und Landschaft? Oder vielleicht doch eher die große und die kleine Welle?

In den Wochen und Monaten bis zum Frühjahr nächsten Jahres wird darum gerungen, welcher der drei von der Preisjury des von der Deutschen Post DHL ausgelobten Architektenwettbewerbs am Dienstag gekürten Entwürfe für ein Beethoven Festspielhaus das Rennen machen wird - Chipperfield, Kadawittfeld oder Valentiny. Die Entscheidung findet zwar hinter verschlossenen Türen statt, aber die Details zu den Entwürfen aller zehn Architekturbüros werden seit Mittwoch bis Mitte November in einer Ausstellung der Öffentlichkeit gezeigt.

Die Entwürfe der von der Post eingeladenen Architektenbüros werden hier gleichwertig präsentiert. Das plastische 3-D-Modell ist in einer Glasvitrine zu besichtigen, die jeweils von Stellwänden umgeben sind, die weitere Details auf computeranimierten Fotos, Plänen und Erläuterungen zeigen. So erhält man einen ziemlich genauen Überblick über das gesamte Teilnehmerfeld.

Am Mittwochmorgen waren bereits viele Neugierige in die Post Tower Lounge gekommen, um sich einen Überblick zu verschaffen. Darunter auch Ulrike Ulrici. Die 71-Jährige hatte auch schon einen Favoriten ausgemacht, nämlich den Entwurf des Aachener Architekturbüros Kadawittfeld, dessen geschwungene Form ein wenig an den Korpus einer Violine oder Mandoline erinnert: "Mir gefällt hier der Bezug zur Beethovenhalle. Aber ich stelle mir hier auch die Oper vor. Die drei Gebäude würden ja so etwas wie ein Dreigestirn ergeben. Es wäre natürlich schön, wenn man auch die Oper im Modell sehen könnte, so dass die Gebäude als Ensemble wahrgenommen werden könnten", sagte die Besucherin. "Aber nur mit der Beethovenhalle, wie es jetzt hier zu sehen ist, gefällt mir Kadawittfeld am besten."

Solche Meinungen wären auch der Post willkommen. Der Post-Projektbeauftragte Heinrich Küpper sagte am Mittwoch, man freue sich im Zuge der Ausstellung über Kommentare, Anregungen und Kritik der Besucher. Die Hinweise würden in den weiteren Prozess einfließen.

Eine große Mehrheit der Besucher versammelte sich erst einmal um den Vorsitzenden der Bürger für Beethoven, Stephan Eisel, der in einer Führung ein paar zusätzliche Informationen zu geben wusste. Zum Beispiel über die Parkplatzsituation. Der für 1500 Besucher geplante Neubau des Festspielhauses erfordere wegen der bereits vorhandenen umliegenden Parkmöglichkeiten lediglich 30 zusätzliche Parkplätze. Auch verwies er darauf, dass die Theaterstraße bei allen Entwürfen wegfalle: "Sie wird nur als Zulieferweg genutzt werden können."

Für die Stadt zerschlägt sich damit jedoch die Hoffnung auf geringere Baureife-Kosten bei der Bereitstellung des Baugrundstücks. Die summieren sich bisher nach offiziellen Angaben auf maximal 8,45 Millionen Euro, der Beitrag der Stadt ist auf 4,4 Millionen Euro gedeckelt, der Rest soll über Fördermittel etwa des Landes finanziert werden, hofft die Stadt.

Aus städtischer Perspektive bietet Valentinys "Welle" den preiswertesten Entwurf. Seine Idee, den sieben Etagen in die Erde reichenden Hochbunker mit seinen massiven, bis zu vier Meter dicken Betonwänden einfach stehen zu lassen, dürfte in den Augen des Kämmerers einen gewissen Charme entfalten, weil er die immensen Abrisskosten einsparen könnte.

Für viele Beobachter überraschend war das Aus für den Entwurf der Architektin Zaha Hadid, die aus dem ersten Wettbewerb 2009 mit ihrem "Diamanten" neben Valentinys "Welle" als Finalistin hervorgegangen war. "Der neue Entwurf hat es nicht geschafft, weil er den Juroren zu revolutionär war", sagte Eisel, der Hadids futuristische Architektur mit ihren fließenden Bewegungen selbst aber gern unter den Finalisten gesehen hätte.

Tatsächlich fällt bei fast allen Entwürfen auf, dass sie sich stärker am städtebaulichen Umfeld orientieren, als es beim ersten Wettbewerb noch der Fall war. David Chipperfield zum Beispiel hatte vor der Planung herausgefunden, dass sich im Mittelalter an der Stelle, wo das Festspielhaus gebaut werden soll, noch ein Turm befunden habe, der mit dem Alten Zoll korrespondierte, wie auf der Informationstafel nachzulesen ist. "Die strategische Bedeutung des Ortes für die Stadt Bonn und den Landschaftsraum am Rhein ist bis heute spürbar", notiert der britische Architekt. "Seine existenzielle Bedeutung wandelt sich vom Ort der Verteidigung und des Schutzes der Menschenleben zum Festspielort, der die Kultur der Menschen feiert und fortschreibt."

Als Ergebnis aus seinen Recherchen entstand ein leicht und elegant anmutender Entwurf mit klaren Linien. Der eher konventionell wirkende Konzertsaal im Inneren, der dem klassischen Muster der Shoebox folgt, wartet mit einer Überraschung auf: Bewegliche Bodenelemente erlauben eine sehr flexible Nutzung, so dass man etwa die Bühne in die Mitte des Konzertsaals verlegen kann. Sogar ein Orchestergraben lässt sich herunterfahren, um kleinere szenische Aufführungen zu ermöglichen.

Reaktionen

Klaus-Peter Gilles, CDU-Ratsfraktion: "Erstaunlich, wie viel Kreativität ein Architekturwettbewerb freisetzt. Visionär fand ich den Entwurf vom Architekturbüro Schommer, der aber das vorgegebene Baufeld nicht berücksichtigt. Die CDU-Fraktion hat sich für ein Festspielhaus ausgesprochen und daran wird sich nichts ändern. Allerdings erwarten wir von den Investoren belastbare Finanzierungen des Baus und des Betriebes."

Stephan Eisel, Verein Bürger für Beethoven: "Die Auswahl von drei Siegerentwürfen ist ein entscheidender Schritt zur Realisierung des Bürgerprojektes Festspielhaus. Die insgesamt zehn faszinierenden Entwürfe weltweit renommierter Architektenbüros sind ein Kompliment für Bonn und Beethoven."

Hans Friedrich Rosendahl, AfD-Ratsfraktion: "Bisherige Ratsbeschlüsse stehen unter dem Vorbehalt, dass die Haushaltslage einen Beitrag der Stadt erlaubt. Das ist nicht erkennbar. Für die Frage einer Betriebskostenbeteiligung kommt es darauf an, dass eine langfristig solvente private Institution das Risiko von Defiziten übernimmt. Das darf neben einem begrenzten Zuschuss nicht auch noch bei der Stadt liegen."

Wolfgang Grießl, Festspielhaus-Förderverein: "Jeder der prämierten Entwürfe wird in den kommenden Wochen optimiert. Der dann auszuwählende Vorschlag wird für Bonn ein Festspielhaus mit herausragender Akustik und exzellenter Architektur garantieren. Besonders bemerkenswert ist, dass sich alle drei Vorschläge nach derzeitigem Erkenntnisstand an den vorgegebenen finanziellen Rahmen halten."

Bärbel Richter und Ernesto Harder, SPD-Ratsfraktion: "Das Beethovenjahr 2020 soll in einem architektonisch reizvollen, akustisch top ausgerichteten Konzerthaus stattfinden. Wir sind unter gewissen Bedingungen bereit, dass sich die Stadt an der späteren Betriebsstiftung beteiligt. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass man die Beethovenhalle dann nicht konzerttauglich ausbauen muss."

Bernhard Wimmer, Bürger Bund Bonn: "Beethovens Geburtsstadt braucht ein Konzerthaus auf internationalem Niveau. Dazu gehört eine angemessene Beteiligung der Stadt am Kapital der Betriebsstiftung. Wir tragen den Vorschlag des OB dazu mit, sofern die private Baufinanzierung sichergestellt ist und die Stadt keine zusätzlichen laufenden Kosten aus dem Betrieb übernimmt."

Jürgen Repschläger, Linksfraktion im Rat: "Wir sind gegen das Festspielhaus und werden eine städtische Beteiligung an der Stiftung ebenso ablehnen wie die baureife Übertragung des städtischen Grundstückes."

Entwürfe sind zu sehen

Bis 16. November, werden jeweils von 10 bis 18 Uhr alle Festspielhaus-Entwürfe in der Post Tower Lounge ausgestellt. Weitere Führungen mit Stephan Eisel sind für Samstag, 2. November, 16 Uhr, Mittwoch, 5. November, 16 Uhr, und Sonntag, 9. November, 14 Uhr, geplant.

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