Zugvögel in Bonn Die Kraniche kommen

Bonn · In den nächsten Tagen werden über Bonn wieder rund 120.000 Tiere erwartet. Hier verläuft eine der Hauptrouten ins Winterquartier.

 Der Weg der Kraniche.

Der Weg der Kraniche.

Foto: ga

Die Bonner mögen sie. Der Gedanke, ob dies nun der Grund dafür ist, dass eine der wichtigsten Hauptrouten der Kraniche auf ihrem Weg in die Winterquartiere über die Bundesstadt führt, muss nicht zwingend weiterverfolgt werden.

Tatsache aber ist, dass die Tiere jedes Mal zum Stadtgespräch taugen, wenn sie über den Dächern dahinrauschen. Die Redaktion dieser Zeitung erfährt dann auf jeden Fall davon – denn stets künden aufmerksame Leser aus allen Teilen des Verbreitungsgebietes pflichtbewusst mit Anrufen, Mails und Fotos von der Ankunft der gefiederten Wanderer.

Wer das Schauspiel am Himmel gern bestaunt, darf sich bereit machen. Erste Zugbewegungen wurden aus Nordrhein-Westfalen bereits gemeldet. Wie der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) an diesem Mittwoch mitteilte, kann nun aber täglich auch mit großen Schwärmen gerechnet werden.

120.000 Kraniche kommen über die Westroute

Gut 120.000 Kraniche kommen jährlich über die Westroute, die neben ihrem östlichen Pendant eine der beiden Hauptstrecken zwischen Skandinavien und dem Mittelmeerraum ist.

Weit über 100.000 Kraniche haben sich laut Nabu derzeit in Norddeutschland gesammelt und rasten dort, um von dort weiter in den Süden zu fliegen. Hauptrastplätze sind das Rhin- und Havelluch im nördlichen Brandenburg mit 62 000, die pommersche Boddenküste mit 45 000 Kranichen und die Diepholzer Moorniederung mit rund 30 000 Tieren. Auf Zingst und Darß haben die rastenden Kraniche in jüngster Zeit gar als Touristenmagneten gewirkt. Von dort werden sie es in den kommenden Tagen und Wochen nach Südwesten ziehen.

Bei günstiger Witterung brechen die Kranichschwärme dann von ihren Sammelplätzen in den frühen Morgenstunden auf und ziehen beiderseits am Harz vorbei. Der Hauptzug überfliegt dabei Osnabrück, Hannover und Göttingen, erreicht dann das Weserbergland, um beim Weiterflug mit 80 Stundenkilometern das östliche Ruhrgebiet zu streifen und entlang des Rheins nach Bonn zu gelangen. Von hier aus geht es über die Südeifel in Richtung Frankreich.

„Sie kommen später und kehren früher zurück“

Während sich an der Zugrichtung seit Jahrhunderten kaum etwas verändert hat, beobachten Fachleute seit einigen Jahren ein anderes Phänomen: „Sie kommen später und kehren früher zurück“, sagt Heinz Kowalski vom Nabu im Gespräch mit dieser Zeitung. In diesem Jahr, so legen übereinstimmende Beobachtungen nahe, scheint der Transfer hingegen früher einzusetzen. In der Regel war stets die Region Extremadura in Westspanien zentrales Winterquartier der europäischen Kraniche.

„Inzwischen fliegen viele Tiere nicht mehr so weit, sondern überwintern in Frankreich. Dadurch werden die Wege kürzer, und über die Generationen setzt sich diese Tradition dann fest“, sagt Kowalski. Dies ist der Grund dafür, dass bei milder Wetterlage das charakteristische „Trompeten“ der Kraniche in manchen Jahren schon im Februar wieder über Bonn zu hören ist.

Wenn es heißt, Kraniche flögen „über Bonn“, so ist das übrigens wörtlich zu nehmen: Zwischenlandungen sind nicht vorgesehen. „Das passiert nur bei extremen Wetterlagen wie dichtem Nebel oder besonders starkem Wind“, sagt Heinz Kowalski und ergänzt: „In der Regel fliegen sie nonstop durch und bewältigen die Gesamtstrecke in vier bis fünf Tagen“ – wobei sich die bis zu sieben Kilo schweren Vögel mit ihrer die Keilformation aerodynamische Nebeneffekte zunutze machen.

Die Hoffnung, dass sich die menschenscheuen Kraniche bei einer Verschnaufpause in Bonner Grünanlagen niederlassen könnten, sollte also fahren gelassen werden. Bleibt immerhin der ideelle Wert des Anblicks, der ja einst schon die Deutsche Lufthansa auf der Suche nach einem Markenlogo fruchtbar inspiriert hat.

Symboltier für Wachsamkeit

Und: In vielen Kulturen gilt der Kranich als Symboltier für Wachsamkeit, Klugheit und ein langes Leben. Deshalb wird er auch Vogel des Glücks genannt. Der spektakuläre Balztanz hat die Menschen schon in früherer Zeit fasziniert. Aber das ist ein Thema fürs Frühjahr.

Der Nabu lädt dazu ein, Kranichbeobachtungen im Internet unter www.naturbeobachter-nrw.de online zu melden, um die weitere Entwicklung der Kranichbestände und auch mögliche Veränderungen der Zugrouten zu dokumentieren. Unter www.naturgucker.de finden sich zudem umfangreiche Informationen zum aktuellen Zuggeschehen sowie Bilder und Auswertungen speziell für NRW, aber auch bundesweit.

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