Videoüberwachung in Bonn Deutsche Bahn hält sich bei Kameras bedeckt

Bonn · Über Kameras im Bonner Hauptbahnhof spricht die Deutsche Bahn AG nicht gern. Auch auf die Frage zu einem Hinweis aus der Bevölkerung, demzufolge mindestens eine neue Kamera installiert worden ist, hält sich das Unternehmen bedeckt.

 Gibt es neue Videokameras am Bonner Hauptbahnhof?, fragen sich Bahnreisende. Doch die DB äußert sich dem GA gegenüber dazu nicht. Dabei gab es im Dezember 2012 keine Videoaufnahmen, als ein Islamist eine Bombe an Gleis 1 platzierte.

Gibt es neue Videokameras am Bonner Hauptbahnhof?, fragen sich Bahnreisende. Doch die DB äußert sich dem GA gegenüber dazu nicht. Dabei gab es im Dezember 2012 keine Videoaufnahmen, als ein Islamist eine Bombe an Gleis 1 platzierte.

Foto: Benjamin Westhoff

Mehrere Passanten und Fahrgäste hatten jüngst den Eindruck gewonnen, dass sich seit einiger Zeit sowohl ober- als auch unterirdisch Kameras an Orten befinden, an denen bislang keine waren. Konkret nannten sie ein Gerät in der Unterführung in Höhe eines Gleisaufgangs. Die Bahn will das weder bestätigen noch dementieren.

Bei einer Gesamtzahl von einem halben Dutzend Kameras, die man im Bereich des Bahnhofes ohne weiteres erkennen kann, dürfte die Zahl „neuer“ Geräte allenfalls bei einem oder zwei Exemplaren liegen. Allein unter der Decke der Bahnhofsbuchhandlung hängen mehr Geräte als in Vorhalle und an Bahnsteigen zusammen.

Die Videoüberwachung im Hauptbahnhof hatte Ende 2012 mit dem Fund eines Sprengsatzes an Gleis 1 an Aufmerksamkeit gewonnen. Damals hatte eine dort installierte Kamera keine Bilder aufgezeichnet. Das trägt bis heute einen Teil dazu bei, dass sich in dem seit über zwei Jahre laufenden Prozess gegen einen Bonner Islamisten die Beweisaufnahme wie Kaugummi in die Länge zieht. Lediglich auf Bilder einer Kamera in der nahen McDonalds-Filiale konnten die Ermittler zurückgreifen.

Die Videotechnik der DB diene „in erster Linie der Beobachtung und Überwachung betrieblicher Abläufe“, sagt ein Bahnsprecher. Für die Gefahrenabwehr und Strafverfolgung sei die Bundespolizei zuständig, die im Zweifelsfall auf die Bilder der Bahn zugreift.

Rund 5000 Kameras an etwa 700 Bahnhöfen

Angaben zu Standorten macht die Bahn nicht, und Daten zur Gesamtzahl von Videoanlagen gibt es auf offiziellem Wege nur für ganz Deutschland: Rund 5000 Kameras sind demnach an etwa 700 Bahnhöfen im Einsatz, weitere 27.000 sind in Regional- und S-Bahnzügen der DB installiert. „Bis zum Jahr 2023 investieren die Bahn und das Bundesinnenministerium rund 85 Millionen Euro in die Modernisierung und den Ausbau von Videotechnik an Bahnhöfen“, sagt der Sprecher.

Was das für Bonn bedeutet, bleibt offen. Dabei ist die Bahn mit Blick auf andere Städte offenherziger: Von 600 Kameras mit Aufzeichnungsfunktion in 70 Berliner Bahnhöfen ist in einer aktuellen Pressemitteilung ebenso die Rede wie von 80 Kameras auf dem Mannheimer Hauptbahnhof und anstehenden Modernisierungen in Nürnberg, Hamburg und Bremen.

Kein Problem mit der Angabe von Zahlen haben die Stadtwerke Bonn: „An den Stadtbahnhaltestellen sind 310 Kameras installiert, davon 24 allein in der U-Bahn-Station Hauptbahnhof“, erklärt SWB-Sprecher Michael Henseler. Allerdings seien nicht alle Stadtbahnhaltestellen mit Kameras ausgestattet.

Ebenso gibt es an den Straßenbahn- und Bushaltestellen keine Kameras. Sie befinden sich auf öffentlichem Grund, weshalb die Stadtwerke dort wegen des Datenschutzes nicht filmen dürfen. „Ähnliches gilt für einige Stadtbahnhaltestellen, deren Anlagen unser Eigentum sind, aber bei denen die Kameras öffentlichen Raum in unzulässiger Weise abbilden würden“, so Henseler.

Fast alle Straßenbahnen haben Videokameras

Anders sieht es im Inneren der Busse und Bahnen aus: So sind von den 99 Bahnen nahezu alle mit Kameras ausgestattet. Auch in allen 199 SWB-Bussen sind Kameras installiert – in Standardbussen je vier, in Gelenkbussen je sechs. Auch die Aufzüge an den Haltestellen haben Kameras.

Wer allerdings glaubt, die Bilder würden in einer Art Überwachungszentrale auf zahllosen Bildschirmen und womöglich noch im selben Augenblick von Sicherheitspersonal überwacht – der liegt falsch. Vielmehr werden die Bilder aufgenommen, in den meisten Fällen währenddessen aber nicht weiter beachtet. Nur auf gezielte Anforderung wird das Bildmaterial den Ermittlungsbehörden zugänglich gemacht. „Die gespeicherten Daten werden nach 48 Stunden automatisch überschrieben“, sagt Henseler.

Neue Nahrung erhielt das Thema Videoüberwachung im Mai, nachdem der 17-jährige Niklas P. in Godesberg erschlagen worden war. Eine Forderung lautete: Nicht nur auf Privat- und Firmengelände, sondern auch an kritischen Stellen des Stadtgebietes sollen Kameras installiert werden. Allerdings ist die Überwachung des öffentlichen Raumes sensibel. Zu den Voraussetzungen für eine ordnungsbehördliche Beobachtung gehört etwa die Feststellung, dass es sich bei dem Bereich um einen Kriminalitätsschwerpunkt handelt.

Experten untersuchen weitere Standorte

In Bonn beschäftigt sich seit dem Frühjahr eine Projektgruppe, bestehend aus Vertretern von Polizei, Bundespolizei, Stadtverwaltung und Stadtwerken, mit der Frage, ob beispielsweise der Bertha-von-Suttner-Platz oder der Ort des Überfalls auf Niklas P. künftig mit Kameras beobachtet werden sollen.

Auch vermeintlich banale Aspekte wie die anstehenden Bauarbeiten rund um das Bonner Loch müssen in die Überlegungen einfließen. Mit einem Ergebnis sei im Laufe des November zu rechnen, sagt Robert Scholten, der Sprecher der Bonner Polizei, auf Anfrage.

Stichwort Datenschutz: McDonalds hingegen musste 2015 auf gerichtlichen Beschluss die Kamera im Schnellrestaurant am Bahnhof aus Gründen des Datenschutzes wieder abbauen, weil sie im Gästebereich seinerzeit zu viel öffentlichen Raum abgedeckt habe. Es war jene Kamera, die die einzigen Bilder des mutmaßlichen Bombenlegers lieferte.

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