Kommentar zu Engpässen in Bonner Kliniken Der Wert von Hebammen

Meinung | Bonn · Viele Überstunden bei mäßiger Bezahlung: Der Beruf der Hebamme ist nicht attraktiv genug. Die Gesellschaft muss sich fragen, was ihr die Versorgung in Zeiten steigender Geburtenzahlen wert ist. Ein Kommentar von Ebba Hagenberg-Miliu.

Es ist schon absurd. Da werden auch in Bonn immer mehr Kinder geboren. Von Januar bis Juni meldeten die Standesämter 3249 Neugeborene – 76 mehr als im gleichen Zeitraum 2016. Und doch sind auch in Bonner Klinken wohl schon länger nicht alle Hebammenstellen besetzt. Was die verbliebenen Kräfte mit Überstunden und Stress kompensieren dürften. Und das, obwohl kürzlich die Sankt Augustiner Geburtshilfe ihre Pforten schloss und deren Hebammen frei wurden. Offensichtlich sehen sich Bonner Kliniken gezwungen, für die Vermittlung der begehrten stationären Geburtshelfer Kopfprämien zu bieten. Die eine oder andere Frau mit Wehen muss wohl auch bei Bonner Krankenhäusern Klinken putzen. Und das offenbar nicht nur, weil Kliniken mit Hochschwangeren plötzlich überfordert sind.

Wobei auch bei planmäßiger Stellenbesetzung die Frage bleibt: Ist es auf einer Station noch zu verantworten, wenn Hebammen, wie abgefragte Zahlen nahelegen, ständig zwischen mehreren Frauen mit Wehen hin und her springen müssen? Sicher, in den meisten Fällen gelingen Geburten ohne Eingreifen. Und in Kreißsälen arbeiten ja auch Ärzte. Wehe aber, wenn es bei mehreren Gebärenden parallel nicht glatt läuft. Können Hebammen dann noch Mütter stärken und beruhigen, damit weniger Komplikationen eintreten? Überstunden und Krankheitstage der stationären Bonner Hebammen nehmen laut der Elterninitiative Mother Hood ständig zu.

Geburtshelfer leisten einen Dienst an der Gesellschaft. Sie werden für ihren „Knochendienst“ zu gering bezahlt. Außerdem macht der Stress das Berufsbild unattraktiv. Wir müssen uns als Gesellschaft fragen: Was sind uns unsere Kinder und Familien eigentlich noch wert?

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