Szene unter dem Radar der Öffentlichkeit Der Subkultur in Bonn fehlt es an Freiräumen

Bonn · Die Freie Szene in Bonn ist überaus vielfältig. Die verstärkte Lobbyarbeit für mehr Freiräume zahlt sich aus.

Ob Musik oder Schauspiel, Tanz oder Installation: In Bonn ist mehr los, als man auf den ersten Blick glaubt. Zugegeben, an Events mit großer Strahlkraft mangelt es mitunter, auch wenn die Organisatoren des KunstRasens immer wieder Superstars in die Bundesstadt locken. Doch auch Nischen können strahlen und inspirieren. Und von denen gibt es viele. Insbesondere die junge Szene ist überaus rege, wie die Theaternacht ebenso zeigt wie das enorme Interesse an Wettbewerben wie „Toys2Masters“ oder dem Schultheaterfestival „Spotlights“.

Nicht ohne Grund befinden sich in Bonn mit dem Jungen Theater und dem Theater Marabu zwei der besten Bühnen Deutschlands im Kinder- und Jugendbereich. Auch die hier angesiedelten Förderprogramme des Deutschen Musikrats greifen gerne auf lokale Formationen zurück. Was jedoch fehlt, sind bestimmte Freiräume – und die Aufmerksamkeit der Bevölkerung.

„Wir haben in Bonn den Vorteil, über ein sehr starkes und reiches Kulturleben zu verfügen“, betont der Rock- und Pop-Beauftragte der Stadt Bonn, Hans-Joachim Over. „Im musikalischen Bereich reicht das Spektrum zum Beispiel von Klassik-Crossover bis Liedermacher-Punk.“ Vor allem das Singer-Songwritertum sei derzeit stark ausgeprägt, so Over, „und zwar nicht zuletzt durch starke Frauen wie Cynthia Nikschas, Milene oder Clara Clasen. Das ist in dieser Ausprägung nicht selbstverständlich.“ Doch häufig bewegen sich diese Künstler unter dem Radar, werden nicht so recht wahrgenommen. „Es gibt ja schon Auftrittsmöglichkeiten, etwa im Rahmen der Stadtgarten-Konzerte oder bei einem Festival wie Green Juice“, betont Over. „Für eine Stadt dieser Größe ist Bonn da schon gut aufgestellt.“

Aber ein paar zusätzliche Entfaltungsmöglichkeiten und etwas mehr Lockerheit im Umgang mit der Subkultur würden sicherlich helfen, oder? „Es findet derzeit schon ein Umdenken in der Politik zugunsten der Jugend und der Subkulturen statt. Die Freitagsdemonstrationen und auch die Ergebnisse der Europawahl hinterlassen Spuren. Außerdem hat sich gezeigt, das ein Experiment wie in der Alten VHS funktionieren kann.“ Dieses Gebäude hatte das Netzwerk Rhizom im Oktober 2018 für zunächst drei Monate gemietet und mit Leben gefüllt – inzwischen läuft der Vertrag nicht zuletzt dank der enormen Resonanz sowohl aus der Künstlerschaft als auch aus der Bevölkerung mindestens bis 2020. „Bei diesem Projekt ist die Stadt über ihren eigenen Schatten gesprungen und jetzt positiv überrascht, wie gut das Konzept funktioniert“, sagt Over.

Ein Konzertsaal für etwa 200 Leute mit entsprechender Technik kann dadurch allerdings nicht ersetzt werden. Die Lobbyarbeit, die Rhizom oder auch der Verein bonn.pop betreiben, scheint sich jedenfalls auszuzahlen. Wenn jetzt noch die Sichtbarkeit dieser unterschwelligen Angebote steigt, hätte die Bonner Szene durchaus Grund zu Feiern.

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