Kommentar zu Rettungsdiensten in Bonn Der Mensch ist keine Ware

Meinung | Bonn · Die Argumente für die Übernahme des Rettungsdiensts durch den Konzern Falck sind nachvollziehbar. Dennoch ist die Notfallrettung nicht einfach ein normales Gewerbe, findet GA-Redakteur Nicolas Ottersbach.

In der Causa Rettungsdienst prallen zwei Welten aufeinander. Die einen, die sich auch im Ehrenamt und mit dem Selbstverständnis einer Hilfsorganisation dazu verpflichten, Menschen zu helfen, und die anderen, die rein gewinnorientiert arbeiten und global expandieren. Das sind zwei Geschäftsmodelle, die nicht so einfach zusammenpassen, aber jedem liegt für sich genommen eine nachvollziehbare Berechtigung zugrunde.

Falck findet, dass Wettbewerb den Markt belebt, sich dadurch Leistungen verbessern und Kosten für die Kommunen gesenkt werden. Das mag stimmen, wenn man den Rettungsdienst isoliert betrachtet. Das zeigt das Beispiel im Landkreis Spree-Neiße, in dem Falck gut arbeitet. Aber das deutsche Rettungswesen, zu dem ich auch die Feuerwehren zähle, funktioniert nicht nach rein wirtschaftlichen Maßstäben. Es lebt von Vernetzung und Synergien.

Hier gibt es nicht nur Berufssanitäter und -feuerwehrleute, sondern auch unzählige Ehrenamtliche, die ein weltweit einmaliges System am Laufen halten. Jene, die auf den Rettungswagen medizinische Notfälle versorgen, engagieren sich oft ehrenamtlich bei Projekten ihrer Hilfsorganisationen oder im Bevölkerungsschutz. Gleichzeitig sammeln Ehrenamtliche Erfahrungen im Rettungsdienst. Ja, dafür braucht man eine größere Verwaltung, die höhere Kosten mit sich bringt, die private Unternehmen nicht haben. Aber von dieser Verzahnung profitiert letztlich die ganze Gesellschaft.

Die Fragen, die der Europäische Gerichtshof nun klären muss: Sind Notfallrettung und Krankentransport ein normales Gewerbe, in dem Wettbewerb zugelassen sein muss? Oder handelt es sich dabei mehr um eine staatliche Daseinsvorsorge, bei der andere Regeln gelten? Es müssen andere Regeln gelten. Denn der Mensch ist keine Ware.

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