Rheinuferbahn "Denkverbote darf es nicht geben"

BONN · Die Forderung des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) erhält in diesen Tagen neue Nahrung aufgrund der Verkehrsdebatten wegen der Sanierungsarbeiten auf der Bonner Nordbrücke: Der Club bringt eine rechtsrheinische Rheinuferbahn ins Gespräch. Gutachter und Politiker prüfen das.

Es stimmt schon: Die Straßenbahnlinie 7 der Kölner Verkehrsbetrieb (KVB) endet geradezu unvermittelt in Köln-Zündorf an der Wahner Straße. Luftlinie vier Kilometer weiter beginnt das nächste Gleis einer Güterverkehrsstrecke bei der Evonik Degussa in Niederkassel-Lülsdorf. "Wenn man diese Lücke schließen würde, hätte man einen idealen Anschlusspunkt für eine rechtsrheinische Rheinuferbahnstrecke bis nach Bonn", sagt Wolfgang Groß. Was der Kreisvorsitzende des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) Bonn/Rhein-Sieg-Ahr vorschlägt, ist kein Hirngespinst. Auch im Verkehrsentwicklungsplan 2020 der Stadt Bonn wird diese Idee als "laufende Maßnahme 65a" festgehalten.

Die Forderung des VCD erhält in diesen Tagen neue Nahrung aufgrund der Verkehrsdebatten wegen der Sanierungsarbeiten auf der Bonner Nordbrücke. Dass auch eine weitere Rheinbrücke zwischen Wesseling und Lülsdorf längst keine Verrücktheit mehr ist, zeigte unlängst eine GA-Umfrage unter den Bonner Fraktionen: Alle machten sich stark für ein weiteres Brückenwerk über den Rhein - vor allem als kombinierte Querung für den Motorverkehr und die Schiene. "Die Bahn könnte dann sogar dort an das linksrheinische Netz angeknüpft werden", sagt Groß. Das heute als Güterstrecke genutzte Gleis ab Lülsdorf müsste ab Mondorf, wo das Gleis wieder Richtung Osten abknickt, weiter nach Süden über die Sieg bis Beuel an die Trasse der Linie 66 geführt werden.

"Unsere Gesamtkritik an der regionalen Verkehrspolitik bleibt bestehen. Die aktuelle Situation bestätigt uns in unseren Positionen, die wir seit Jahren immer wiederholen: Der Öffentliche Personennahverkehr ist für viele Pendler so, wie er zurzeit besteht, keine echte Alternative zum Auto", argumentiert Groß. Insbesondere bei der Schiene gebe es "akuten Nachholbedarf. Die Politiker in Bonn und dem Rhein-Sieg-Kreis müssen bei diesem Thema enger zusammenarbeiten und vor allem an einem Strick ziehen."

"Das größte Problem ist das Geld", sagt Rolf Beu (Grüne). Der Bonner Landtagsabgeordnete und Verkehrsexperte kennt die Ideen zu der Bahnstrecke. "Die Kölner sind ja schon weiter. Sie werden die Linie 7 um zwei Haltestellen verlängern." Allerdings gibt Beu zu bedenken, dass allein die Fahrtzeit von Deutz bis Zündorf schon gut eine halbe Stunde dauert. "Diese Linie als reinen Anschluss nach Köln zu betrachten, ist uninteressant. Sie wäre wirtschaftlich nicht zu vertreten", meint auch Oliver Krauß, verkehrspolitischer Sprecher der CDU-Kreistagsfraktion im Rhein-Sieg-Kreis. Andererseits wäre eine Bahnverbindung ab Lülsdorf nach Bonn sicherlich gefragt, ist Beu überzeugt. Denn aus Niederkassel gibt es viele Einpendler nach Bonn. Krauß pflichtet bei: "Die Fahrgastzahlen sind da."

Reizvoller finden die beiden Verkehrspolitiker die Überlegung, die Bahn über eine neue Rheinbrücke linksrheinisch anzuschließen. "Es gibt ja auch Überlegungen, den Rhein-Erft-Kreis über solch eine neue Rheinbrücke und die Schiene besser an den Köln-Bonner Flughafen anzuschließen", weiß Beu. Außerdem wäre das eine deutliche Fahrzeitverkürzung nach Köln, sind sich er und Krauß einig.

Bedenken haben sie auch, was den Verlauf der Güterbahnstrecke betrifft, denn diese liege 500 bis 1000 Meter von der Wohnbebauung entfernt. Das sei zu weit, um gut angenommen zu werden. Für VCD-Chef Groß steht jedenfalls fest, dass die Politik Gas geben muss. Denn das nächste Verkehrschaos lässt nicht lange auf sich warten: "Wenn der Tausendfüßler nach 2020 neu gebaut wird, dann gibt das in Bonn eine Katastrophe." Da gibt ihm Krauß recht: "Es muss gelingen, in den nächsten fünf, sechs Jahren zu einer gemeinsamen Entscheidung zu kommen. Und das kann nur gelingen, wenn wir in der Region ergebnisoffen diskutieren. Denkverbote darf es nicht geben."

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