Chronologie der Ereignisse Das sind die Schlüsselfakten zum WCCB-Skandal

BONN · Die besonderen Vorkommnisse von einst sind heute Ansatzpunkte für Schadenersatzklagen. Eine Kurzfassung der Schlüsselfakten:

Immer wieder betonen alle juristischen Facharbeiter, die mit dem WCCB befasst sind, die „außerordentliche Komplexität“ des Geschehens. Nachfolgend eine Kurzfassung jener Schlüsselfakten, die nun bei Schadensersatzklagen gegen die frühere Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann und andere Beteiligte eine Rolle spielen könnten.

Die Stadt sucht 2004 einen Investor. Ein „unabhängiger“ Berater prüft die Interessenten. Als der städtischen WCCB-Projektgruppe das Berater-Budget ausgeht, bleiben 32 115 Euro ungedeckt. Die Projektgruppe initiiert, dass der Investor-Kandidat SMI Hyundai das Honorar bezahlen soll, und so geschieht es auch. Bald empfiehlt der Berater SMI als Investor. Wesentlicher Pluspunkt sei der „Konzernhintergrund“ (Hyundai). Ein weiterer „Pluspunkt“ könnten weitere SMI-Zahlungen an den Berater, die in einigen Schriftstücken „Schmiergeld“ genannt werden, gewesen sein. Ein niederländischer Bewerber, der eine Millionen-Bürgschaft einer Großbank vorlegt, wird ignoriert. Das spätere Strafverfahren gegen den Berater wegen „Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr“ wird gegen eine ungewöhnlich hohe Zahlung (150 000 Euro) eingestellt.

Im Herbst 2005 lehnt die Sparkasse einen 74,3-Millionenkredit an SMI Hyundai ab. Eine Bonitätsprüfung fällt negativ aus, ein Konzernhintergrund kann nicht verifiziert werden. Der Kredit, so die Sparkasse, könne nur bewilligt werden, wenn die Stadt bürgt. Diese Bürgschaft wird sprachlich als „Nebenabrede“ verkleidet, denn die Bezirksregierung Köln darf eine kommunale Bürgschaft für eine private Firma nicht genehmigen. Der Stadtrat erfährt von alledem nichts. In der Ratsvorlage steht weder der Betrag – 74,3 Millionen – noch das Wort „Bürgschaft“. Statt dessen eine harmlos klingende Formulierung, wonach die Stadt im Fall eines Heimfalls (nach der Bauphase) für den Investorkredit haften könnte. Der Rat stimmt im Dezember 2005 für SMI Hyundai als Investor. Das Projekt soll den Bonner Bürger null Euro kosten.

Im März 2007 wird eine andere Nebenabrede als die vom Rat beschlossene von der Verwaltungsspitze unterzeichnet. Nun gilt die Bürgschaft schon während der Bauphase. Damit wandern – ohne Wissen des Rates – alle WCCB-Risiken zu Stadt und Steuerzahler.

Im Frühsommer 2009 bewilligt der Rat eine zweite Nebenabrede – weitere 30 Millionen Euro, um einen Baustopp zu verhindern. Dass das WCCB seit 2007 einer Investmentfirma auf Zypern gehört, weiß der Rat zu diesem Zeitpunkt ebenso wenig wie die Tatsache, dass auch eine Firma auf Hawaii die WCCB-Eigentümerschaft für sich reklamiert. Der Rat bewilligt die 30 Millionen, nicht ahnend, dass zwischen Sparkasse und Verwaltung längst vereinbart ist, dass die Sparkasse davon 15 Millionen einbehält für das vorfinanzierte und nicht eingebrachte SMI-Eigenkapital. Im September 2009 endet das Projekt als größter Bauskandal der Bonner Nachkriegszeit. Am Ende steht eine Zahl: 300 Millionen. Soviel kostet die Stadt Bonn das vermeintliche Null-Euro-Projekt.

Am Rande: Die Kapitalnot trieb den Investor um den Erdball und ließ ihn zum Beispiel 60 Prozent Zinsen für einen Zehn-Millionenkredit zahlen – zehn Millionen, die er dann als Eigenkapital präsentierte. Zudem ließ er Grundbucheinträge zu, die den WCCB-Komplex in eine Art juristische Sondermülldeponie verwandelten. 2008 hat Ex-OB Bärbel Dieckmann nach eigener – protokollierter – Zeugenaussage erstmals von der wirtschaftlichen WCCB-Schieflage erfahren. Es ist auch das Jahr, in dem sie erklärte, nicht mehr für das OB-Amt („Demokratie lebt vom Wechsel“) kandidieren zu wollen.

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