Wald in Bonn Das sind die Naturwaldzellen im Kottenforst

Röttgen · Was macht die Natur, wenn der Mensch nicht eingreift? Eine Antwort darauf geben zwei Naturwaldzellen im Kottenforst, die seit 40 Jahren sich selbst überlassen sind.

Kaum jemand weiß, wie alt unsere Eichen werden können: Ob 500 oder 1000 Jahre ist eher ungewiss. Die ältesten Eichen im Kottenforst dürften etwa 200 Jahre alt sein. Seit dem Mittelalter hat der Mensch die Bäume in den Villewäldern stets geerntet, bevor sie ihr natürliches Ende erreichten. Doch zu einem gesunden Wald gehören alle Lebensphasen der Bäume vom Sämling über den stattlichen Baum bis hin zum langsamen Absterben und zum zerfallenden Totholz. In kaum einem Waldlebensraum lässt sich dies so unmittelbar nebeneinander beobachten wie im Eichen- und Hainbuchenvorkommen des Kottenforstes.

Eine Exkursion mit Klaus Striepen, dem Leiter des LIFE+ Projekts „Villewälder“ und Peter Tröltzsch von der Biologischen Station Bonn/Rhein-Erft führte zehn Teilnehmer vom Wanderparkplatz Rulandsweg am Ortsausgang von Röttgen bis zur Kreuzung der Waldwege Elches-Maar- und Flerzheimer Allee, wo nach etwas über einem Kilometer eine der beiden Naturwaldzellen im Kottenforst beginnt.

„Ich habe Sie ein bisschen betuppt“, begann Striepen seinen Vortrag am Eingang der Naturwaldzelle. Die Wanderung anlässlich des „Internationalen Tag des Waldes“ trage zwar den Titel „Wildnis vor der Haustür“, doch der Naturwald sei erst etwa 40 Jahre alt. So befände sich der Wald richtiger formuliert, „eher auf dem Wege zur Wildnis“. Bei etwa 250 Hektar des rund 4000 Hektar umfassenden Kottenforstes handele es sich um geschützte Waldgebiete. Neben den zwei Naturwaldzellen wurden vor zehn Jahren weitere fünf Gebiete zur geschützten „Wildnis“ erklärt, in denen jedes forstwirtschaftliche Handeln eingestellt wurde.

Der Wald kann sich in diesen Gebieten ungestört entwickeln. Doch was macht die Natur, wenn der Mensch nicht mehr eingreift? „Der Wald bietet Lebensräume, die sich nur sehr langsam entwickeln“, dämpfte Striepen die Erwartung, einen Urwald in heimischen Gefilden sehen zu können. Vor vier Jahrzehnten seien die Schutzzonen nicht aus Gründen der Biodiversität eingerichtet, sondern um mit einem forschenden Auge auf die Entwicklung des Bestandes zu sehen, um daraus Schlüsse für die Forstwirtschaft zu ziehen. Erst in den 90er Jahren sei der Umweltaspekt hinzugekommen. Mit dem Kottenforst habe man das Glück, nicht nur einen der größten Eichenwälder in Nordrhein-Westfalen, sondern auch eine der schönsten Vorkommen bundesweit zu haben.

Nur das Biotop- und Totholz fehlte in den Waldgebieten aufgrund forstlicher Nutzung in ausreichender Menge. Es kehrt jedoch nicht zuletzt dank des LIFE+ Projekts wieder langfristig in die Wälder zurück. „Alte und tote Bäume sind für zahlreiche Waldbewohner wichtige Lebensräume“, erklärte Tröltzsch der Exkursionsgruppe und zeigte dabei auf Höhlen, die kurz unterhalb einer Eichenbaumkrone aufgrund ihrer Vielzahl auf den unermüdlichen Versuch eines Spechts schließen ließen, die richtige Behausung zu bauen. Die durch solche Vorarbeit entstandenen Höhlen werden zu attraktiven Nistplätzen für Meisen, Kleiber, Hohltauben, Eulen und andere Vögel. Auch so manche Fledermausart nutzt die Baumhöhlen als Tagesversteck und zur Jungenaufzucht. In geräumigen, ausgemorschten Baumhöhlen finden sogar die seltenen, im Kottenforst lebenden Wildkatzen ausreichend Platz. Auch Marder legen ihre Nester genauso gerne in den Baumhöhlen an, wie sich Salamander in dem Totholz verkriechen.

Das abgestorbene Holz bietet zudem Amphibien aller Art Versteck- und Überwinterungsplätze. Und die im modernden Holz lebenden wirbellosen Organismen wie Asseln, Schnecken und Würmer sind wiederum eine beliebte Beute von Spechten und Fledermäusen.

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