Kritik am Nahverkehr "Das ist eine zu pauschale Kritik"

BONN · Fast 200 Leser berichten über Ausfälle und unpünktliche Busse und Bahnen. SWB-Sprecher Werner Schui: Wir sind dankbar für Hinweise, aber "Das ist eine zu pauschale Kritik".

"Wir sind dankbar für die Hinweise der Kunden. Wir nehmen das ernst, aber man muss auch bewerten, dass sich jetzt überwiegend Kunden melden, die sich beschweren", so der Sprecher der Stadtwerke Bonn (SWB), Werner Schui.

Es sei richtig, dass Busse und Bahnen in den verkehrsreichen Monaten November und Dezember stärker von Verspätungen betroffen sind, als in anderen Monaten. "Zudem haben wir derzeit beim Fahrpersonal erhöhte Krankenstände zu beklagen, die kurzfristig zu Ausfällen führen können", so Schui weiter. "Allerdings trifft es nicht zu, dass Busse und Bahnen durchweg unzuverlässig sind. Das ist eine zu pauschale Kritik."

Laut Schui führen beispielsweise auf der Strecke der Stadtbahnlinie 66 neun von zehn Bahnen pünktlich. "Also sind zehn Prozent unpünktlich. Die Linie 66 steht, was die Qualität und die Pünktlichkeit betrifft, weit oben auf der Rankingliste." Gerade auf dieser Linie werde dauerhaft eine Erhebung erstellt, registriert und ausgewertet. "Richtig ist, dass der November immer die meisten Verspätungen im Jahr aufweist, und dieser November war tatsächlich noch schlechter als der Vergleichsmonat im Vorjahr", so Schui.

Die Pünktlichkeitsauswertung der Stadtwerke zeige, "dass wir vor allem in der Rushhour auf vielen Streckenabschnitten Zeit verlieren und dies bei den Fahrgästen als Ausfall empfunden wird. Es besteht aber immer die Möglichkeit für unsere Fahrgäste im Rahmen der sogenannten Mobilitätsgarantie bei einer Wartezeit von über 20 Minuten und keiner alternativen Beförderung durch SWB Bus und Bahn ein Taxi zu benutzen und die Kosten mit uns abzurechnen", so der Stadtwerkesprecher.

"Die vielen Baustellen, die die Stadt ja aufgrund der Brückensanierung im Sommer zurückgestellt hatte, machen uns natürlich sehr zu schaffen. Die Staus auf der B 9 oder der Bornheimer Straße tun natürlich sehr weh", erklärte Schui, der eine Forderung von GA-Lesern unterstützt, mehr Busspuren einzurichten.

Bei der Buslinie 605, so Schui, habe das Unternehmen ja bereits reagiert: Ab dem Fahrplanwechsel am 14. Dezember werde ein zusätzlicher Bus eingesetzt, um die Verspätungen aufzufangen.

Den Vorwurf vieler Fahrgäste, dass Kommunikation und Information der SWB zu wünschen übrig lassen, nimmt Schui an. "Die Kunden erwarten zu Recht zeitnahe Informationen, vor allem bei Störungen. Wir haben unsere Fahrgastinformationen durch Schulungen und den Einsatz neuer Techniken verbessert. Aber den Weg müssen wir intensiv weiter gehen", sagte der SWB-Sprecher Schui. Als neuen Kanal nutzten die SWB Bus und Bahn zum Beispiel Twitter, um über besondere Ereignisse im Liniennetz zu informieren.

"Ärgerlich" sei in der Tat eine Trennung im technischen System: Während die Infotafeln an den Bushaltestellen die "Echtzeit" anzeigten, zeigen die Tafeln an der Schiene die Zeiten "nach Fahrplanlage". Das bedeute, dass jeweils die Zeiten runtergezählt werden - auch bei Bahnen, die überhaupt nicht fahren. Wenn dann die Anzeige springt, dann führe das zur Verwirrung beim Kunden. "Wir arbeiten dran, das zu ändern. Aber es ist nicht einfach", so Schui. Die Verwirrung komplett mache, dass die App der Stadtwerke die Abfahrzeiten über die "Datendrehscheibe" des Verkehrsverbundes bekommt - auch die der Busse, so dass die Anzeige auf den Tafeln und der App praktisch selten übereinstimmt. "Das Problem ist erkannt, aber noch nicht gelöst", gibt Schui zu.

Zur Kritik über überhöhte Tarife sagte Schui, im Verkehrsverbund Rhein-Sieg seien diese vor allem für Dauerkunden günstig. Die Ticketeinnahmen deckten zudem nur rund 50 Prozent der Kosten des gesamten Nahverkehrs. Im Vergleich zum Auto seien Busse und Bahnen immer noch die "deutlich günstigere Alternative".

SWB-Kunden über die Unzulänglichkeiten des Öffentlichen Personennahverkehrs

Fast 200 Nachrichten erreichten den GA, und viele Leser waren einfach nur dankbar, ihrem Frust Luft zu machen. "Ich fühlte mich hilflos und irgendwie “ausgeliefert„ und wusste auch nicht so recht, an wen ich mich wenden könnte", schreibt eine Mutter aus Vilich-Müldorf. In einem 20 Seiten langen Brief beschreibt sie den Alltag auf der Stadtbahnlinie 66, für sie "die unzuverlässigste, die es gibt". Sie betont, ihre Beschreibungen entsprächen "keinem subjektiven ungerechtfertigten Empfinden, sondern es ist definitiv täglich gelebte Realität". Ähnlich sehen es viele andere. Ralf Manns von den Rhein-Sieg-Jusos schreibt: "Man fühlt sich sehr allein gelassen." Auch wenn manche Kritik recht hart ist ("Fahren mit den SWB ist eine einzige Katastrophe"), die meisten nennen den exakten Zeitpunkt, wann welche Bahn oder welcher Bus gar nicht oder zu spät kam. "Vielleicht tragen die Lesermeinungen dazu bei, dass sich etwas verbessert. Beschwerden bei den SWB bringen ja nichts", meint ein Leser. Hier haben wir einige Stimmen zusammengefasst:

  • "Fast jeden Morgen herrschen gegen 8 Uhr chaotische Zustände vom Hauptbahnhof Richtung Bundesviertel. Es müssten mehr Bahnen Richtung Bundesviertel eingesetzt werden, ein Fünf-Minuten-Takt im Berufsverkehr!"
  • "Seit Donnerstag, 20. November, hatte die Linie 66 (erste Bahn um 5.38 Uhr ab Bad Honnef) jeden Tag (außer am 27.11.) bei Ankunft am Hauptbahnhof fünf Minuten Verspätung, am 26.11. knapp zehn Minuten."
  • "Zur Linie 66: Die Bahnen sind morgens und nachmittags völlig überfüllt. Oft ist es Fahrgästen mit Kinderwagen oder Rollstühlen nicht möglich mitzufahren und sie bleiben am Bahnsteig zurück. Aber die Bahnen fahren den ganzen Tag im starren Zehn-Minuten-Takt ohne die tatsächliche Nachfrage zu berücksichtigen."
  • "Ich bin Berufspendler und täglich von Bad Godesberg nach Beuel unterwegs (Linien 16/63 und 66). Es wäre einfacher, von den Tagen zu erzählen, an denen ich den Service erhalte, für den ich zahle, denn den erhalte ich bestenfalls an ein, zwei Tagen im Monat."
  • "Ich bin täglicher Nutzer der Linien 63/16 nach Godesberg. Die Linie 16 trifft morgens zwischen 8 und 9 Uhr praktisch immer fünf bis 15 Minuten zu spät in Bonn ein."
  • "Ich bin im Großen und Ganzen mit den Bahnen und Bussen zufrieden. Natürlich stört es mich manchmal, wenn die 66 mit lärmenden Schülern überfüllt ist (...), und ich fühle mich abends in der Bahn manchmal unsicher, aber grundsätzlich nutze ich die öffentlichen Verkehrsmittel gerne."
  • "Fast die gesamte Woche (bis auf Freitag) erlebte ich das Zuspätkommen der Linie 16 mitten im Berufsverkehr in der Größenordnung von zehn bis 15 Minuten. Die Taktung der Linie 16 in Buschdorf beträgt in der Regel 20 bis 30 Minuten."
  • "Ein häufiges Ärgernis ist, dass Busse beziehungsweise Busfahrer nicht aufeinander warten."
  • "Ich benutze fast täglich die Linie 600 von der Haltestelle Kranenweg. Diese Linie ist häufig unpünktlich. Neulich sagte mir ein Fahrer, dass er es hasse, diese Linie zu fahren, weil man nie Pause machen könnte wegen der Verspätungen. Gestern, um 15.49 Uhr, fiel die Fahrt komplett aus."
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