Bonner Baustellen Das bedeutet der Abriss der Nordbrücke für Autofahrer

Bonn · Der Neubau der Nordbrücke soll ab 2028 beginnen. Bis dahin will der Landesbetrieb den Tausendfüßler ersetzt haben. Unternehmen suchen jetzt schon Auswege, um den Dauerstau für Angestellte zu vermeiden.

Die Zeit der großen Brücken-Baumaßnahmen des Landesbetriebs Straßen NRW rückt näher. Damit wächst auch die Gefahr von Dauerstaus von der einen zur anderen Rheinseite – vor allem während der Rushhour. Schon in zwei bis drei Jahren sollen nach derzeitigem Planungsstand der Abriss und Neubau des sogenannten Tausendfüßlers, der Teil der A 565 zwischen dem Verteilerkreis „Endenicher Ei“ und dem Autobahnkreuz Bonn Nord, beginnen. Das teilte ein Sprecher des Landesbetriebs Straßen NRW mit. Zuvor starten Instandhaltungsarbeiten an der Südbrücke (Konrad-Adenauer-Brücke) sowie Nordbrücke (Friedrich-Ebert-Brücke). Der Neubau der Nordbrücke steht ab 2028 auf der Agenda.

Das wird für viele Unternehmen und deren Mitarbeiter eine Herausforderung, ist Stephan Wimmers überzeugt. „Insgesamt ist zu erwarten, dass wir auf harte Zeiten zusteuern und wir jeden Lösungsvorschlag abwägen und werten müssen“, sagt der Geschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Bonn/Rhein-Sieg, der deswegen seit Langem mit den Unternehmen in Bonn und der Region im Gespräch ist. „Wir werden auch Änderungen im individuellen Mobilitätsverhalten und vieles mehr besprechen müssen. Allerdings ist die Wirtschaft dafür, Verhaltensänderungen durch Anreize und nicht durch Verbote zu erzeugen“, betont Wimmers. So manche Firmen suchten schon jetzt einen Ausweg. Manche dächten gar über die Einrichtung eines zweiten Standortes auf der andere Rheinseite nach.

Das ist für die Firma Victor Baumann Schwertransporte mit Hauptsitz in Bornheim keine Alternative, sagt Geschäftsführerin Sabine Baumann-Duvenbeck. „Dann müssten wir unseren Fahrzeugbestand um 50 Prozent erhöhen, um handlungsfähig zu sein.“ Schon jetzt müssen die Fahrer der Schwerlastfahrzeuge des Unternehmens aufgrund der zu geringen Tragfähigkeit des Tausendfüßlers große Umwege in Kauf nehmen. Die nächste tragfähige Autobahnbrücke gebe es erst in Neuss.

Zu wenig investiert

Baumann-Duvenbeck wirft Bund und Land vor, zu wenig in die Verkehrsweginfrastruktur investiert zu haben. „Jetzt müssen wir für die jahrzehntelange Schlamperei der öffentlichen Hand bezahlen“, klagt die Unternehmerin. Der Standort Deutschland sei aus ihrer Sicht insgesamt gefährdet. Da beruhigt es die Gemüter wohl nicht, dass der Tausendfüßler zunächst neu gebaut und erst anschließend der Altbestand abgerissen werden sollen und somit den Autofahrern die gewohnte Anzahl der Fahrspuren zur Verfügung steht. Schließlich stehen noch weitere Großbaumaßnahmen an, darunter die Sanierung und Verstärkung der Nord- und der Südbrücke.

„Grundsätzlich ist es so, dass Straßen NRW die Bauphase während des Ersatzneubaus unter Aufrechterhaltung aller Fahrspuren durchführen möchte“, erklärt Tobias Zoporowski vom Landesbetrieb. Konkret bedeute das, dass Straßen NRW parallel zum alten Bauwerk einen Neubau errichtet, auf den der fließende Verkehr verschwenkt werden könne und erst dann das alte Bauwerk abgerissen und ebenfalls durch einen Neubau ersetzt werde.

Das ist nötig, weil die Betriebszeit für den Tausendfüßler, 1959 erbaut, laut Zoporowski Ende des Jahres 2022 ausläuft. Für den sechsspurigen Ausbau will der Landesbetrieb möglichst nächstes Jahr das Planfeststellungsverfahren einleiten. Wenn alles nach Plan läuft, sollen 2020 der Baubeschluss auf dem Tisch liegen und die bis 2027 geplanten Bauarbeiten starten. Während der kalkulierten fünfeinhalbjährigen Bauphase werde es Tempolimits geben, aber zwei Fahrspuren in jede Richtung blieben erhalten.

Autobahn bleibt in Hochlage

Der Bonner Stadtrat hat sich, wie berichtet, unter sieben ausgearbeiteten Varianten für folgende Lösung entschieden: Die Trasse der Autobahn 565 bleibt weitgehend in Hochlage, wird aus Richtung Nordbrücke kommend kurz vor der Abfahrt Endenich aber um 1,50 Meter unter Straßenniveau abgesenkt (Hybrid-Variante). Das Ziel ist eine städtebauliche Verbesserung auf Höhe der Immenburgstraße. Die Stadt könnte dort mit eigenen Finanzmitteln eine Brücke für Radler und Fußgänger über die Autobahn bauen. Ein weiterer Wunsch der Bonner Ratspolitiker ist die Realisierung eines Radwegs entlang der neuen Trasse. Einen solchen Radweg müsste die Stadt nach bisherigem Stand selbst bezahlen, könnte aber Fördergelder bei Land und Bund beantragen. Dazu müsste der Stadrat noch einen entsprechenden Beschluss fassen. Das könnte für die Realisierung eines solchen Radwegs allerdings angesichts des aktuellen Planungsstands für den Tausendfüßler knapp werden. Die Stadt versucht derzeit, den Radweg als Landesstraße komplett aus Landesmitteln bauen zu lassen.

Der Landesbetrieb Straßen NRW ist bereits dabei, die bisherige Feinplanung der bevorzugten Variante mit dem Bund abzusprechen. Rund 205 Millionen Euro kalkuliert der Landesbetrieb derzeit für das Projekt (Kosten ohne Radweg). Knapp 260 Millionen Euro sind es sogar für den Ausbau bis zum Autobahnkreuz Bonn-Hardberg. Wenn der Bund keine Einwände gegen die gewählte Mischung aus Hoch- und Tieflage hat, soll neben der Verbreiterung auf dann drei Fahrspuren pro Richtung auch die recht kurze und unfallträchtige Auffahrt Tannenbusch von etwa 150 auf 250 Meter verlängert werden. Diese Auffahrt muss laut Landesbetrieb deshalb während der Bauphase eine Zeit lang stillgelegt werden.

Nordbrücke wird vorher noch saniert

Bevor die Arbeiten für den Tausendfüßler starten, will der Landesbetrieb Ende des Jahres die Entwässerung der linksrheinischen Vorlandbrücke der Nordbrücke sanieren. Weitere Sanierungen der Friedrich-Ebert-Brücke könnten noch nicht genau terminiert werden, würden aber frühestens 2019 stattfinden, hieß es bei der Pressestelle außerdem. Der Neubau der Friedrich-Ebert-Brücke werde im Rahmen des sechsstreifigen Ausbaus (bisher vier Fahrbahnen) der A 565 zwischen dem Autobahnkreuz Bonn-Nord und dem Autobahndreieck Bonn-Nordost stattfinden. „Hier sind die Planungen aber noch nicht angelaufen“, erklärt die zuständige Projektleiterin Friederike Schaffrath dem GA auf Nachfrage. Der Komplettneubau der Nordbrücke war bisher noch gar nicht ins Bewusstsein gedrungen. Er ist aber Teil der Fahrspurausweitung von vier auf sechs. Deshalb muss auch die Nordbrücke neu gebaut werden, weil die bisherige Brückenbreite nicht ausreicht. Das Projekt ist bereits im Bundesverkehrswegeplan enthalten, und zwar unter der Kategorie „weiterer Bedarf“. Es wird ab 2028 in die Bauphase eintreten.

Im selben Jahr wird der Abschnitt der A 59 zwischen Autobahndreieck Bonn-Nordost und der Abfahrt Vilich saniert. Bis dahin hat der Landesbetrieb nicht nur den Tausendfüßler fertigzustellen, sondern auch den Ausbau der Strecke zwischen den Abfahrten Dreieck Bonn-Nordost und Sankt Augustin sowie dem Autobahnkreuz Bonn-Ost und der Anschlussstelle Bonn-Vilich (beides A 59).

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