Synagogengemeinde Chanukka-Feier: „Wir Juden in Bonn haben Angst“

Bonn · Die Chanukka-Feier der Synagogengemeinde steht unter verstärktem Polizeischutz. Jeder Teilnehmer des Lichterfestes wird kontrolliert.

 Benjamin Pollack entzündet die Kerzen bei der Chanukka-Feier in der Synagoge.

Benjamin Pollack entzündet die Kerzen bei der Chanukka-Feier in der Synagoge.

Foto: Barbara Frommann

Vielstimmig hebräisch schallte das gesungene Chanukka-Gebet durch die verdunkelte Synagoge. In der Gemeinde aus zahlreichen älteren Mitgliedern, aber auch vielen Familien mit Kindern blickten einige in die Blätter mit den in kyrillischer Schrift transkribierten Texten. Bonns 1000-köpfige jüdische Gemeinde besteht seit einigen Jahren zu fast 95 Prozent aus Juden, die aus den Staaten der ehemaligen Sowjetunion stammen.

Vorne entzündete unter dem großen Davidstern Benjamin Pollack, der Jugendbeauftragte der Gemeinde, mit einigen Kindern die sechste Kerze des großen Chanukka-Lichterhalters. „Zeigen wir der Welt durch unsere täglich anwachsende Lichterzahl, dass wir Juden immer noch da sind, nach der Shoa und auch nach der religiösen Unterdrückung in der Sowjetunion“, sagte Margaret Traub, die sich seit 28 Jahren unermüdlich als Gemeindevorsitzende engagiert.

Bis Dienstag werden anlässlich des jährlichen jüdischen Chanukka-Fests alle acht zugehörigen Lichter brennen. „Sie sind das Symbol dafür, dass sich das jüdische Volk seit der historischen Befreiung des Tempels von Jerusalem immer verteidigen musste“, erläuterte Traub bei ihrer Ansprache. Aus den Synagogenreihen ertönte Beifall.

Benjamin Pollack sprach von der positiven Botschaft des Lichterfests, davon, dass mit den täglich weiter entzündeten Kerzen immer wieder Licht gegen die schwere Dunkelheit in die Welt komme. „Die Vergangenheit unseres Volkes verfolgt uns noch heute“, hatte Pollack zuvor im GA-Gespräch gesagt. Die über viele Jahrhunderte große geistesgeschichtliche Leistung des jüdischen Volkes, die durch die Verfolgung zunichte gemacht werden sollte, müsse auch heute weitergeführt werden.

Draußen vor der Synagoge stand ein größerer Polizeiwagen. Durch die Sicherheitsschleuse kam nur, wer von der Gemeinde kontrolliert wurde. Sie habe zu diesem Chanukka-Fest um einen erhöhten Polizeischutz gebeten, so Margaret Traub. „Wir Juden in Bonn haben Angst“, meinte sie vor dem Hintergrund aktueller antisemitischer Ausfälle.

Die Jerusalem-Entscheidung Donald Trumps hat vielfältige Folgen: Am Samstag wurde auch in Bonn dagegen demonstriert. Inzwischen hatte sich in der Synagoge der Gemeindechor formiert. Zu Klavierklängen wurde gesanglich weitergefeiert. Die Kinder trugen die zuvor aus Pappe gebastelten bunten Kerzen stolz als Kopfschmuck. Bunt flackerten ihre Leuchtringe an den Armen.

In der Synagoge an der Tempelstraße senkte sich langsam immer mehr die Dunkelheit des Abends über die Reihen singender Menschen. Mächtig ragte vorne der achtarmige Leuchter in die Höhe. 165 vor Christus habe die Neuweihe des Tempels in Jerusalem symbolisch gezeigt, dass sich der jüdische Glaube nicht auslöschen lasse, erinnerte Margaret Traub noch einmal. Danach seien die Menschen damals noch glaubensbewusster als vorher geworden. „Lasst uns das also mit viel Freude feiern.“

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