Positionspapier der Bonner Suchthilfe Cannabis-Konsum bei Jugendlichen steigt

Bonn · Der Cannabis-Konsum bei Jugendlichen steigt stetig an. Das belegen aktuelle Zahlen. Die Bonner Suchthilfe warnt in einem aktuellen Positionspapier vor den Folgen des Konsums - und den Folgen einer möglichen Legalisierung.

 Eine Cannabis-Pflanze.

Eine Cannabis-Pflanze.

Foto: picture alliance / Matt Masin/Or

Legalisieren oder nicht legalisieren? Um diese Frage dreht sich zum Thema Cannabis derzeit die Debatte in Politik, Gesellschaft und Medizin. Seit März ist die Abgabe der Droge zu medizinischen Zwecken legal. Krankenkassen zahlen für cannabishaltige Medikamente zur Schmerztherapie. Parteien wie Grüne, FDP oder Linke hatten eine generelle Freigabe unter bestimmten Voraussetzungen in ihr Programm für die Bundestagswahl aufgenommen. Was eine mögliche Legalisierung insbesondere für Jugendliche bedeuten könnte, wird Experten der Suchthilfe zufolge allerdings nur geringfügig betrachtet.

„Alle lehnen sich zurück – der Jugendschutz wird ja schon reichen“, sagt Achim Schaefer, Leiter der Ambulanten Suchthilfe von Caritas und Diakonie in Bonn. Aber genau diese Annahme sei falsch. Eine generelle Freigabe der Droge würde für Jugendliche nicht gelten, sie müssten aufgrund des Jugendschutzes weiterhin mit einer strafrechtlichen Verfolgung rechnen.

Experten sehen hier ein Ungleichgewicht: freier Konsum für Erwachsene, Strafe für Jugendliche. Mitarbeiter der Suchthilfe fürchten eine Ausgrenzung und mögliche Kriminalisierung, die Jugendliche eher daran hindern würde, sich bei einer beginnenden Sucht Hilfe zu suchen. „Zielführender wäre eine strikte Regulation im Rahmen des Jugendschutzes, die eine Ausgabe von Cannabis an Jugendliche zwar untersagt, jedoch eine strafrechtliche Stigmatisierung verhindert“, so der Vorschlag der Experten.

"Das ist wie eine Erlaubnis"

Mit einem Positionspapier hat die Ambulante Suchthilfe von Caritas und Diakonie in Bonn nun mögliche Auswirkungen einer Legalisierung für Jugendliche zusammengefasst und eine Stellungnahme abgegeben. Zuvor hatten 110 Fachkräfte aus dem Bereich der Sucht- und Jugendhilfe sowie Erzieher, Pädagogen, Ärzte und Vertreter der Polizei bei einem Fachtag über den Jugendschutz, die Arbeit der Suchtprävention und die Strafverfolgung beraten. „Wir haben das Positionspapier öffentlich gemacht, damit Schulen, aber auch die Politik über das Thema diskutieren“, erklärt Schaefer.

Allein die öffentliche Diskussionen über eine Freigabe zeigt bereits Nebenwirkungen. Experten beobachten einen Anstieg des Konsums, die Hemmschwelle sinke. „Der Konsum ist offensichtlicher geworden“, beobachtet auch Marion Ammelung, Leiterin von update, der Bonner Fachstelle für Suchtprävention. Schaefer sagt: „Das ist wie eine Erlaubnis für einige.“ Bremen und Berlin hatten beispielsweise die Freigrenze für Cannabis von sechs auf 15 Gramm erhöht. „Indem ich die Menge erhöhe, sende ich eine Botschaft.“

Einstiegsdroge kein Mythos

Die Zahlen des aktuellen Drogen- und Suchtberichts belegen diese Tendenz. Laut der Epidemologischen Suchtsurvey ist die Zahl der männlichen Konsumenten zwischen 18 und 59 Jahren von 6,5 Prozent auf 8,7 Prozent angestiegen, bei den Frauen waren es 5,3 Prozent im Vergleich zu 2,3 Prozent im Vorjahr. Ähnliche Zahlen verzeichnete die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung ebenfalls bei den Jugendlichen.

„Es besteht eine Gefahr für Jugendliche, die früh beginnen“, sagt Axel Schmidt, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie und Leiter der Klinik im Wingert. So beeinflusse der in Cannabis enthaltende Stoff THC die Ausbildung von Gehirnarealen. Störungen in der Gedächtnisleistung oder der Identitätsentwicklung seien mögliche Folgen. Cannabis als Einstiegsdroge, kein Mythos.

„Was ist, wenn es eine Legalisierung gibt? Nehmen die Jugendlichen dann noch das Beratungsangebot wahr?“, fragt Ammelung. Das Spektrum an Beratungs- und Präventionsmaßnahmen müsse im Falle einer Freigabe daher erweitert werden. Außerdem fordern die Experten umfangreiche Modellprojekte, die wissenschaftlich begleitet werden. „Ich wünsche mir für die Stadt einen Impuls. Bonn hatte bisher keine Position dazu“, sagt Schaefer.

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