Verkehr in Bonn Brücken-Chaos wirkt sich auf die ganze Region aus

BONN/REGION · Starke Nerven sind bei den Autofahrern in der gesamten Region ab nächstem Jahr gefragt: Wie berichtet, wird ab Frühjahr 2013 der Tausendfüßler der Autobahn 565 wieder zur Großbaustelle. Es schließen sich aber nahtlos weitere große Brückenbauprojekte in den nächsten zehn Jahren in Bonn und Köln an.

Und die werden nicht ohne Folgen für den Verkehrsfluss in der Region bleiben. Der Tausendfüßler, eine 1959 errichtete Spannbetonbrücke der A565 zwischen Endenich und Bonn-Nord, ist marode und soll provisorisch ab dem kommenden Frühjahr soweit instand gesetzt werden, dass sie bis zu dem in etwa zehn Jahren geplanten Abriss und Neubau weiterhin auch von Schwerlastwagen befahren werden kann.

Überlegungen der Bonner Ratspolitiker, den Tausendfüßler für den Schwerlastverkehr zu sperren, um auf die provisorische Instandsetzung verzichten zu können, erteilt Gero Marzahn von der Zentrale des Landesbetriebs Straßenbau NRW in Gelsenkirchen jetzt eine Absage. "Das hieße ja, dass die komplette Region für den Schwerlastverkehr nicht mehr zugänglich wäre", sagt er auf GA-Nachfrage. Das sei überhaupt nicht denkbar.

So müssen sich die Autofahrer wohl oder übel in der nächsten Zeit wieder auf viele Staus gefasst machen. Zumal der Tausendfüßler während der voraussichtlich sechsmonatigen Bauzeit teilweise nur einspurig in jede Richtung befahrbar sein wird.

Grund für die Sanierung: Die Tragfähigkeit der Spannbetonbrücke ist nach Auskunft von Joachim Minten vom Landesbetrieb Straßenbau NRW bei dem immer schwerer werdenden Lastverkehr am Limit. Hinzu kommt eine deutliche Zunahme des Schwerlastverkehrs insgesamt.

Allerdings betrachten einige Politiker den geplanten Abriss und Neubau des Tausendfüßlers als Chance, diese auch ohne Bauarbeiten stets stauträchtige Autobahnstrecke endlich auf sechs Spuren verbreitern lassen zu können. Eine Idee, die für andere eher eine Horrorvision ist.

Wie etwa für den Auerberger CDU-Stadtverordneten Wolfgang Maiwaldt, der angesichts der weit mehr als 100.000 Fahrzeuge, die jetzt schon täglich über die A 565 rollen, befürchtet, dass bei einer Aufweitung der Autobahn der Verkehr drastisch zunehmen wird.

Ob indes eine Verbreiterung des Tausendfüßlers jemals Wirklichkeit wird, steht zurzeit noch in den Sternen, ist doch diese Maßnahme, deren Kosten Experten auf eine dreistellige Millionensumme schätzen, weder im Bundesverkehrswegeplan noch im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen aufgeführt.

Gleich im Anschluss an die provisorische Instandsetzung des Tausendfüßlers gehen die Bauarbeiten an anderer Stelle weiter.

Die Brückenbau-Projekte in der Bundesstadt Bonn im Detail:

  • Im Sommer 2013 sollen die Dehnungsfugen auf der Friedrich-Ebert-Brücke (Nordbrücke) erneuert werden. Damit nicht genug: Ein Jahr später wird auch dieses Teilstück der A565 zur Dauerbaustelle, die Nordbrücke muss generalsaniert werden. Die Kosten werden derzeit auf 44 Millionen Euro geschätzt, die Bauzeit auf drei Jahre.
  • Ab 2017 ist die Konrad-Adenauer-Brücke (Südbrücke) reif für die Bauarbeiter. Auch sie muss komplett saniert werden. Über den Umfang und die Kosten kann der Landesbetrieb NRW derzeit noch keine Angaben machen. Man geht aber hinsichtlich der Bauzeit und den Kosten von einer Größenordnung wie bei der Nordbrücke aus.
  • Verschärft wird die Verkehrslage in und um Bonn herum obendrein durch die geplante Sanierung der Viktoriabrücke, die nach derzeitiger Planung ab Sommer 2013 startet. Die Brücke soll zu einem neuen Verkehrsknoten mit Kreisel und einer Rampe zur Thomastraße umgebaut werden. Geplante Kosten bisher: etwa 24.6 Millionen Euro.
  • Wer den Blick über den Tellerrand wagt, wird feststellen, dass es für die Autofahrer auch weit hinter den Bonner Stadtgrenzen in den nächsten Jahren knüppeldick kommt. Denn in der Nachbarstadt Köln stehen ebenfalls gleich fünf große Rheinbrücken-Bauprojekte auf dem Sanierungsprogramm. Und das bleibt für den Verkehr in der ganzen Region nicht ohne Folgen, ist man in Fachkreisen überzeugt. "Wir rechnen auf jeden Fall mit Staus bis zu den Autobahnen rund um Köln", prognostiziert Gerd Neweling, Chef des Kölner Amtes für Brücken und Stadtbahnbau. Davon geht auch Kurt Schmitz Temming aus. "Wir halten es angesichts der Großbaustellen in der Region Köln/Bonn in den kommenden Jahren für zwingend notwendig, dass sich alle Beteiligten an einen Tisch setzen und die Maßnahmen regional abstimmen", sagt der Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Bonn/Rhein-Sieg.

Die Kölner Brückenbauprojekte im Detail:

  • Deutzer Brücke: Dort sind die Bauarbeiter bereits seit 2011 mit der Sanierung der Zufahrtsrampe befasst. Die Arbeiten werden voraussichtlich bis 2013/14 dauern. Baukosten: rund 3,7 Millionen Euro. Die Generalsanierung der Deutzer Brücke ist für 2018/2019 geplant (21 Millionen Euro).
  • Severinsbrücke: Dort wird zurzeit der Korrosionsschutz an den Tragseilen und den Pylonen erneuert. Die Arbeiten sollen 2013 abgeschlossen sein. Die Generalsanierung des Bauwerks soll 2020/2021 in Angriff genommen werden und voraussichtlich knapp 40 Millionen Euro kosten.
  • Mülheimer Brücke: Sie soll ab 2015 generalsaniert werden. Mutmaßlich muss auch ein Teil der linksrheinischen Zufahrtsrampe abgerissen und neu gebaut werden. Kosten: 40 Millionen Euro.
  • Zoobrücke: Die Generalsanierung soll in den Jahren 2022 bis Ende 2024 erfolgen - die Kosten werden auf 47 Millionen Euro geschätzt. Nachdem allerdings 2010 bekannt wurde, dass in drei Zufahrtsrampen möglicherweise problematischer Stahl verbaut wurde, müssen diese Brückenteile untersucht werden. Die Stadt hofft noch in diesem Jahr auf Ergebnisse; derzeit gibt es Einschränkungen für den Lkw-Verkehr
  • Leverkusener Autobahnbrücke: Für sie ist der Landesbetrieb Straßenbau zuständig. Derzeit werden an der Brücke Schweißnähte instand gesetzt. Die Arbeiten dauern nach Angaben des Landesbetriebs bis März 2013 und kosten rund eine Million Euro. Zwischen April und Dezember sollen die Dehnungsfugen für rund vier Millionen Euro erneuert werden. Ab etwa 2025 ist der Abriss und Neubau der Leverkusener Brücke vorgesehen. Eine Kostenschätzung will der Landesbetrieb derzeit noch nicht abgeben.

Ein interaktiver Überblick über die betroffenen Brücken:

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