1000 Urnengrabplätze unter dem Altarraum Namen-Jesu-Kirche in Bonn schafft unterirdischen Friedhof

Bonn · Unter dem Altarraum hat die alt-katholische Namen-Jesu-Kirche in der Bonngasse 1000 Urnengrabplätze geschaffen. In dem sogenannten Kolumbarium können sich aber Menschen aller christlichen Konfessionen bestatten lassen.

 Die Krypta unter dem Altarraum: Stefanie Weimbs-Rust vor der Backsteinwand, hinter der sich der größte unterirdische Friedhof Bonns verbirgt.

Die Krypta unter dem Altarraum: Stefanie Weimbs-Rust vor der Backsteinwand, hinter der sich der größte unterirdische Friedhof Bonns verbirgt.

Foto: Barbara Frommann/BARBARA FROMMANN

Sanft lächelnd schaut der Erzengel Michael mit dem großen goldenen Kreuz ins Hauptschiff der Namen-Jesu-Kirche herunter. "Michael ist der Pate der Sterbenden und Friedhöfe", erläutert Michael Schenk, geistlicher Leiter der altkatholischen Bischofskirche an der Bonngasse.

Die Statue blickt von oben direkt auf die mit Rosen geschmückte Stelle, wo Schenk seit kurzem die ersten Urnen Verstorbener durch eine geöffnete Bodenplatte in ihre letzte Ruhestätte hinabgesenkt hat. Denn in der Krypta unterhalb des Altarraums von Namen-Jesu ist der größte unterirdische Friedhof Bonns entstanden.

"Ihr sollt die Sterbenden begleiten und die Toten bestatten. Diesem kirchlichen Auftrag kommen wir hier in besonderer Weise nach", erläutert der 44-Jährige, der Ende September von der Synode der Altkatholiken Deutschlands in diesem Amt bestätigt wurde.

Inmitten der pulsierenden Bonner Innenstadt sei somit ein Friedhof der anderen Art entstanden: Hier fänden die Verstorbenen ihre letzte Ruhestätte in der Krypta, während im Kirchenraum darüber die Lebenden Gottesdienste feierten, Atem schöpften, Konzerte hörten oder schlicht diese wunderschöne barocke Kirche genössen.

"Wir schaffen in dieser Kirche also einen Ort für die Lebenden wie die Toten. Hier können alle, auch über die Konfessionsgrenzen hinweg, würdevoll bestattet werden", sagt Schenk.

Eine 90-Jährige, die regelmäßig die Konzerte in Namen-Jesu besuche, habe letztens erklärt, sie sei bei ihren Besuchen immer froh zu wissen, "wo ich später mal liege". Man biete somit einen Kontrapunkt gegen anonyme Bestattungen und sei als "geistliches Gasthaus an den Wegen der Menschen" auch in diesem Sinne für jeden offen, der einen christlichen Abschied wünsche und bereit sei, den Namen des Verstorbenen auf einer Schmuckplatte verewigen zu lassen.

Die Verstorbenen sollen nicht vergessen sein

"Die Tafeln werden hier oben im Kirchenschiff an den Pfeilern befestigt", zeigt Stefanie Weimbs-Rust vom Namen-Jesu-Team die ersten drei Einträge an einem der blumengeschmückten Träger. Somit stütze sich das gesamte Gotteshaus letztlich auch auf das Andenken an die Verstorbenen.

 Die Trauerstätte: Michael Schenk zeigt die Bodenplatte in der Namen-Jesu-Kirche, durch die die Urnen hinabgesenkt werden.

Die Trauerstätte: Michael Schenk zeigt die Bodenplatte in der Namen-Jesu-Kirche, durch die die Urnen hinabgesenkt werden.

Foto: Barbara Frommann/BARBARA FROMMANN

"Das versinnbildlicht die christliche Hoffnung, dass wir, aufgehoben im Raum der Kirche, auch in der zukünftigen Stadt Gottes ein ewiges Zuhause haben", so der geistliche Leiter Michael Schenk. Auch ein Kerzenständer und ein Totenbuch sollen demnächst vorbereitet sein.

Die Gesellschaft neige doch heute viel zu schnell dazu, Tod und Krankheit zu verdrängen und Vergangenes möglichst schnell vergessen zu wollen. Hier im Herzen Bonns geschehe das Gegenteil. Die Angehörigen bekämen in Namen-Jesu aber auch das Gefühl, nicht nur ihre Verstorbenen seien nicht vergessen, sondern auch sie selbst erhielten eine Begleitung, wenn sie dies wünschten.

Schenk verweist auf die ehrenamtlichen Helfer, die der wachsenden Zahl an Besuchern täglich von 11.30 bis 14.30 Uhr zur Seite stehen. "Seit März hatten wir 66.000 Besucher, von der Mutter mit Kind, dem Kunstliebhaber, Bonnern, die innehalten, über den Touristen bis zum Bettler", erzählt Schenk.

Und geht dann den Weg rund um die Apsis bis zur Krypta vor, den Angehörige, wenn sie dies wünschen, zur Urnenbeisetzung bis zum Eingang der Ruhestätte ebenfalls mitgehen können. In der Krypta ruhen bereits 66 Jesuitenpatres aus dem 18. Jahrhundert. Jetzt ist hier in würdevoller Umgebung Platz für 1000 weitere verstorbene Bonner geschaffen.

Die Ruhezeit in der Kirche beträgt 15 Jahre. Nach Ablauf dieser Frist ist eine jährliche Verlängerung möglich. Die Urnenstellgebühr beträgt 150 Euro jährlich. Das Betreten der Gruft ist wegen der Totenruhe nicht möglich. Blumen können jederzeit in der Kirche abgelegt werden. Am Samstag, 27. Oktober, findet ein Informationstag statt. Von 11.30 bis 16 Uhr stellen sich die Friedhofsverwaltung der Gemeinde St. Cyprian vor, ebenso die Steinmetze, die die Namenstafeln der Verstorbenen für die Pfeiler erarbeiten. Auch stehen Bonner Bestatter für Fragen rund um das Thema Beerdigung zur Verfügung. Der Bonner Hospizverein informiert ebenfalls. Kontakt unter www. namen-jesu-kirche.de.

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