Areal der Ex-Poliklinik Bonner verärgert über geplante Drogenambulanzen

Bonn · Mehr als 100 Teilnehmer diskutierten im Bonner Ratssaal über Planungen für das Areal der Ex-Poliklinik. Den Verantwortlichen schlug einiges an Kritik entgegen.

 Das Areal der alten Poliklinik zwischen Wilhelmstaße (rechts) und Annagraben (links) soll bebaut werden.

Das Areal der alten Poliklinik zwischen Wilhelmstaße (rechts) und Annagraben (links) soll bebaut werden.

Foto: Google Earth

Hoch her ging es am Mittwochabend im Ratssaal des Bonner Stadthauses: Wo sonst die Stadtverordneten debattieren, diskutierten mehr als 100 Bürger über die Pläne der Stadt Bonn, das Areal der ehemaligen Poliklinik an der Wilhelmstraße vom Land NRW zu kaufen und dort mehr als 120 geförderte Wohnungen zu errichten. Außerdem sollen auf dem Gelände die Methadon- sowie die Diamorphinambulanz für Drogensüchtige zusammengelegt werden. Genug Zündstoff für eine abendfüllende und emotionsgeladene Veranstaltung.

Die Gegner dieser Planung – viele von ihnen wohnen in unmittelbarer Nachbarschaft der einstigen Poliklinik, die derzeit als Flüchtlingsunterkunft genutzt wird – waren deutlich in der Überzahl. Sie zeigten sich verärgert darüber, dass die ursprüngliche Planung für das Bebauungsplanverfahren, wo lediglich 30 Prozent geförderter Wohnungsbau und keine Zusammenlegung der Ambulanzen vorgesehen war, derartig verändert worden sei. Bei ausschließlich sozialem Wohnungsbau sehen sie die Gefahr, dass das Viertel zum sozialen Brennpunkt abdriften könne, sagten einige.

Carolin Krause, Dezernentin für Jugend, Familie, Soziales und Gesundheit, hielt dagegen: Jeder zweite Bürger in NRW habe mittlerweile aufgrund seiner Einkommensverhältnisse Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein. Dazu zählten vor allem Menschen in Dienstleistungsberufen, wie Krankenschwestern, Pfleger, Erziehungskräfte oder Busfahrer. Aber auch Studierende oder Senioren fänden in Bonn ähnlich wie in vielen anderen Großstädten auch kaum noch bezahlbaren Wohnraum, sagte Krause. Gefragt, ob sie für Bonn konkrete Zahlen nennen könne, musste die Dezernentin passen. „Viele Bürger beantragen aus Scham keinen Wohnberechtigungsschein, obwohl sie einen Anspruch hätten“, erklärte sie. Deshalb wisse man die genaue Zahl nicht. Man könne aber davon ausgehen, dass sie in etwa der Zahl des Landes entspräche oder nur leicht darunter liege. Zum Vorschlag eines Bürgers, auch die Variante des genossenschaftlichen Wohnungsbaus zu prüfen, meinte Krause: „Wenn die Stadt ihr Vorkaufsrecht nutzen will, muss sie das Areal zu 100 Prozent einer sozialen Nutzung zuführen.“ Einige Bürger bezweifelten indes, dass das gleichzusetzen sei mit 100 Prozent gefördertem Wohnungsbau.

Anwohner schildern unheimliche Begegnungen

Deutlich mehr Raum nahm der Disput um die geplante Zusammenlegung der Ambulanzen für Drogenerkrankte ein. Als Caritas-Chef Jean-Pierre Schneider, neben der LVR-Klinik und dem Diakonischen Werk Träger der bisher an der Heerstraße und an der Wilhelmstraße ansässigen Ambulanzen, zu den fachlichen Argumenten auch die Synergieeffekte einer Zusammenlegung betonte, drohte die Debatte zu eskalieren. Zwar gelang es der von der Stadt engagierten Moderatorin Anke Bruns vom WDR die Gemüter letztlich im Zaum zu halten. Doch die Gegner ließen keinen Zweifel daran, dass sie den Argumenten Schneiders keinen Glauben schenken wollten.

Öl ins Feuer gossen aus ihrer Sicht auch der Ärztliche Direktor der LVR-Klinik, Professor Markus Banger, und sein Leitender Oberarzt Peter Heese, die auf bohrende Nachfragen aus dem Publikum nicht ausschließen konnten, dass Patienten der Ambulanzen auf der Straße zusätzlich Drogen konsumierten und Spritzen und Drogenbesteck in der Gegend hinterließen. Ein sichtlich erregter Anwohner berichtete daraufhin, er sei bereits mehrmals sogar mit seinem Kind auf dem Arm von dieser Klientel bedroht und tätlich angegangen worden. Schneider betonte wiederholt: „Wir leisten eine wichtige Arbeit, die für viele Patienten die einzige Chance zur Resozialisierung darstellt.“ Dabei sei den Trägern enorm wichtig, dass das in einem „guten Einvernehmen“ mit dem Umfeld gelinge. Auf Vorschlag der Moderatorin soll das Thema Zusammenlegung der Drogenambulanzen noch einmal in einer gesonderten Veranstaltung debattiert werden.

In den Ratsgremien waren Beschlüsse zum Bebauungsplanverfahren mit Blick auf die Bürgerversammlung vertagt worden. Zuvor hatte die Jamaika-Koalition auf Druck der Grünen entschieden, die Stadt solle ihr Vorkaufsrecht für das Poliklinik-Areal nutzen, um dort 100-prozentigen geförderten Wohnungsbau realisieren zu können. Ursprünglich sollte das einst für das Beethoven-Festspielhaus reservierte Grundstück am Erzbergerufer für sozialen Wohnungsbau genutzt werden. Weil OB Ashok Sridharan und seine Stadtverwaltung das Areal jedoch für einen Hotelneubau nutzen wollen, kam es zur Änderung der Planungen für das Poliklinik-Gelände.

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