Diesel-Diskussion Bonner Unternehmen gegen Fahrverbot für Diesel

Bonn · Bonner Unternehmen und Verbände in Bonn sind gegen ein sofortiges Fahrverbot. Es gibt jedoch auch andere Meinungen.

 Ein Dieselauto steht am Poppelsdorfer Schloss. Unternehmen und Verbände sehen das Fahrverbot für Städte kritisch.

Ein Dieselauto steht am Poppelsdorfer Schloss. Unternehmen und Verbände sehen das Fahrverbot für Städte kritisch.

Foto: Benjamin Westhoff

Wenn es um das Dieselfahrverbot in Städten geht, hat der Bonner Taxi-Chef Claus Lenz eine klare Meinung: „Der Diesel ist unser Fahrzeug Nummer 1. Ohne ihn geht es nicht.“ Aber nicht nur die Taxifahrer, sondern auch Unternehmen, Handwerker und Verbände fürchten ein mögliches Fahrverbot. Alle setzen auf Übergangslösungen und mehr Zeit, um ihre Fahrzeuge austauschen zu können. Stadtwerke, Telekom und Post wollen möglichst schnell den Sprung zur kompletten Elektromobilität schaffen.

Claus Lenz geht fest davon aus, dass es für die Taxizunft eine Sonderregelung geben wird. „Denn für viele der eigenständigen Unternehmer ist es schlicht nicht möglich, von jetzt auf gleich ein neues Auto zu kaufen.“ In der Praxis komme noch ein anderes Problem hinzu: Für Elektrotaxis fehle die Infrastruktur, an allen Taxiständen müsste es Ladesäulen geben, die die Autos dann aber auch so schnell aufladen, dass sie im 24-Stunden-Betrieb einsetzbar sind.

Hört man sich am Taxistand um, gibt es aber auch andere Meinungen. „Abends habe ich von den Abgasen eine schwarze Staubschicht im Kofferraum“, sagt Taxifahrer Shamal Newroly. Er findet es gut, dass Diesel aus den Städten verbannt werden sollen - alleine weil die Stickoxide so gesundheitsschädlich seien. Er fährt jetzt schon mit Autogas und Benzin. „Aber im Stadtgebiet gibt es nur eine Tankstelle, an der man Gas bekommt.“ Ideal findet er Hybridfahrzeuge.

Firmenflotten und Briefträger

In Hybrid- oder Elektroautos sieht die Deutsche Post für ihre Firmenwagen-Flotte derzeit keine Alternative. „Da muss endlich etwas Neues von der Automobilindustrie kommen“, sagt Pressesprecher Dieter Pietruck. Deshalb werden nach wie vor die meisten Firmenwagen, die oft durch das Kennzeichen BN-PY zu erkennen sind, Diesel bleiben. Da die Modelle aber stets erneuert werden, sind sie automatisch mit den neusten Techniken zur Schadstoffminderung ausgestattet. Und notfalls würde man auf Benzinmotoren zurückgreifen.

Auch die Telekom erneuert ihre Fahrzeugflotte alle paar Jahre, die Shuttle-Busse sogar alle zwei. Derzeit sind dem Standort Bonn 2300 Dieselfahrzeuge zugeordnet, etwa etwa 1400 Fahrzeuge haben bereits die neue Euro-6-Norm. Gegenüber Benzinern oder Plug-in-Hybriden seien Diesel deutlich wirtschaftlicher, insbesondere bei hohen Fahrleistungen. „Das wird sich, gemessen an den auf dem Markt verfügbaren Alternativen, auch so schnell nicht ändern“, sagt Sprecherin Katja Werz.

Im Bereich der Brief- und Paketzustellung bei der Post, sieht es ganz anders aus. Sie entwickelt eigene Elektroautos, will bald sogar ein zweites Produktionswerk bauen. „Bonn gilt als Modellstadt,. Bundesweit sind mittlerweile mehr als 3000 E-Autos im Einsatz“, sagt Pietruck. Der klassische Brief werde in den Städten zudem fast ausschließlich per Fahrrad ausgeliefert. In den nächsten 30 Jahren will das Unternehmen seine Emission bei der Zustellung komplett auf Null senken.

Ausbau des Nahverkehrs

Lange Zeiträume, in denen auch die Stadtwerke Bonn denken. Dort hat man schon vor einigen Jahren damit begonnen, sich auf schärfere Grenzwerte vorzubereiten. „Wir haben immer Dieselbusse mit der neuesten lieferbaren Abgasnorm beschafft“, sagt Stadtwerkesprecherin Veronika John. So werden Ende des Jahres 64 Euro-6 Busse, die die neuen Stickstoffgrenzwerte einhalten, von rund 190 eigenen Linienbusse im SWB-Netz unterwegs sein. Derzeit werden zudem Elektrobusse getestet (s. Kasten).

Einen Vorstoß, wie ihn nun die Düsseldorfer Rheinbahn gemacht hat, wird es bei den Stadtwerken vorerst nicht geben: Dort bekommen Fahrer von Diesel-Pkw ein Halbpreisticket. „Das Ticketangebot wird in den Gremien des VRS abgestimmt“, erklärt John.

Doch gerade solche Angebote und einen stärkeren Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs würde sich IHK-Geschäftsführer Stephan Wimmers wünschen. „In den Stoßzeiten fühlt man sich in manchen Bahnen wie eine Ölsardine.“ Für Betriebe oder große Lieferfahrzeuge sei der Diesel allerdings unabdingbar, zumindest mittelfristig.

Staumanagement verbessern

Um neue Fahrzeuge mit alternativen Antrieben und besseren Schadstoffwerten anzuschaffen, brauche es eine Übergangsphase. Ein Wertminderung werde es bei den alten Autos dennoch geben. Gute Ansätze, um die Luft sauberer zu machen, seien Fahrradtrainings, Shuttle Services und Jobtickets.

„Auch das Handwerk würden Fahrverbote massiv belasten, sie könnten sich sogar existenzbedrohend auswirken“, sagt Alois Blum von der Kreishandwerkerschaft. Neben einer saubereren Dieseltechnik plädiert er für weitere Maßnahmen: moderne Verkehrsrechner, die eine „grüne Welle“ ermöglichen und Alternativrouten aufzeigen, ein optimiertes Baustellenmanagement oder der Rückbau zeitweise ruhender Baustellen. „Alle Einflussfaktoren, die zu Staus führen, müssen umgehend abgebaut werden.“

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