Endrunde bundesweiter Exzellenz-Cluster Bonner Uni könnte bald zur deutschen Elite gehören

Bonn · Sieben Voranträge der Uni Bonn haben es in die Endrunde um die bundesweiten Exzellenz-Cluster geschafft. Damit könnte auch die Hochschule selbst hohe staatliche Förderungen erhalten.

Die Bonner Universität steht womöglich vor einem qualitativen Sprung in eine neue Liga. Wenn es gut läuft für die Hochschule, dann könnte Bonn 2019 neben Köln und Aachen der dritte Standort einer Exzellenz-Universität in NRW werden. Das brächte nicht nur beträchtliches Renommee, sondern auch Fördergelder des Bundes von mindestens 126 Millionen Euro und damit Hunderte neue Arbeitsplätze in die Stadt.

Die Vorzeichen für dieses Szenario stehen gut: In der vierten Förderrunde in der Exzellenz-Initiative der Bundesregierung - die als Exzellenz-Strategie neu aufgestellt wurde - hat das überwiegend international besetzte Experten-Gremium von 195 Antragsskizzen nur 88 in die engere Wahl genommen. Darunter sind sieben Cluster-Ideen aus Bonn. Zwei davon sind in Kooperation mit der Universität Köln und der RWTH Aachen entstanden.

Sieben erfolgreiche Cluster-Skizzen sind mehr als die beiden Münchner Universitäten zusammen bei den Gutachtern durchgebracht haben. „Ausgerechnet Bonn, das in den vergangenen Jahren im Schatten der nahen Exzellenz-Universität Köln stand“, staunt der Wissenschafts-Journalist und Hochschulpolitik-Experte Jan-Martin Wiarda in seinem Blog. Köln brachte diesmal nur einen eigenen Antrag durch. 22 Hochschulen schieden vorzeitig komplett aus.

"Mehr als reele Chancen"

Auch die Aussichten für die zweite Runde stehen arithmetisch nicht schlecht. „Wenn man sieht, dass von den 88 verbliebenen 45 bis 50 Cluster gefördert werden sollen, können wir uns mehr als reelle Chancen ausrechnen“, erklärt Uni-Rektor Michael Hoch. Die Prognose verbessert sich weiter, weil die Uni schon in der letzten Förderperiode mit zwei Clustern vertreten war, die nun im Folgeantrag an ihre gute Arbeit anknüpfen können.

Was ein Exzellenz-Cluster bewirken kann, das lässt sich bei den aktuell geförderten Projekten besichtigen. Der Cluster ImmunoSensation erkundet interdisziplinär wichtige Spieler im menschlichen Immunsystem und deren Funktionsweise. „Bis 2012 waren vielleicht 100 Wissenschaftler in Bonn mit diesem Themenfeld befasst und arbeiteten teils verstreut daran“, berichtet Hoch, der in diesem Bereich vor seinem Amtsantritt als Rektor tätig war. Heute seien rund 450 Spitzenforscher und Nachwuchskräfte im Cluster vernetzt. „Das zieht neben weiteren Top-Leuten auch viele sehr gute Studierende an, die bei den Koryphäen ihres Fachs lernen möchten“, erklärt er.

Ähnlich erging es den Mathematikern, die das Hausdorff-Centrum (HCM) und das Max-Planck-Institut für Mathematik im letzten Jahrzehnt zu einem Knoten mathematischer Spitzenforschung in Europa entwickelt haben. „Wir möchten ein Kristallisationspunkt für mathematische Spitzenforschung sein. Dazu schaffen wir die Rahmenbedingungen, die Spitzenforscher in Deutschland halten beziehungsweise ausländische Topkräfte zu uns kommen lassen“, erklärt HCM-Direktor Karl-Theodor Sturm. Bonn konkurriere auf diesem Feld inzwischen mit Paris, New York oder Peking um die Besten der Besten.

Um die Bewerbung in der neuen Runde auf eine noch breitere Basis zu stellen, hat die Hochschulleitung mit allen 555 Professoren der rund 200 Studienfächer sechs Kernthemen identifiziert, die künftig das Profil der Universität Bonn schärfen sollen. Dies spiegelt sich auch in den Cluster-Skizzen wider. So wirken an der Cluster-Idee zur Abhängigkeitsforschung (siehe „Von Sklaverei bis zum Quantencomputer“) mehr als 20 kleinere Fächer aus den Geistes- und Sozialwissenschaften mit. Hoch sieht eine „spürbare Mobilisierung“ der gesamten Hochschule mit ihren derzeit rund 6300 Beschäftigten (ohne das Universitätsklinikum) und rund 38 000 Studierenden. Die habe dazu geführt, dass nunmehr Projekte aus allen Fachbereichen von der Medizin bis zur Landwirtschaft noch im Rennen seien. Bis 21. Februar müssen diese nun ihren vollständigen Antrag einreichen. Im September werden dann die Gewinner gekürt.

Extra-Millionen winken

Ein Erfolg einzelner Cluster bringe auch die gesamte Hochschule nach vorne, betont Hoch. So erhält eine Universität für jedes Cluster einen zusätzlichen Betrag Entwicklung. Für ein Cluster gibt es neben den etwa acht Millionen Grundförderung eine Million Euro extra, für das zweite noch 750 000 Euro, für das dritte 500 000 Euro. Und das zunächst sieben Jahre lang und nach erfolgreicher Evaluation für sieben weitere Jahre.

Bekommt die Hochschule im September nächsten Jahres wieder mindestens zwei Cluster genehmigt, kann sie sich zudem um den Titel einer Exzellenz-Universität bewerben. Diese Auszeichnung soll zunächst auf Probe, dann sogar dauerhaft an zehn bis 15 Hochschulen bundesweit verliehen werden. Sie brächte nochmals zehn bis 15 Millionen Euro jährlich extra.

„Andere Hochschulen haben auf diese Weise schon 100 Millionen Euro erhalten und konnten ihre Infrastruktur und Strukturen zukunftsweisend gestalten“, sagt Hoch. In Bonn liege der Rückstand allein bei der Gebäudesubstanz bei rund 750 Millionen Euro. Als Exzellenz-Uni könnte die Bonner Alma Mater in den kommenden Jahren aufholen.

Für Drittmittelgeber wie Unternehmen, Stiftungen und Initiativen würde Bonn noch attraktiver. Derzeit stammen 157 Millionen Euro im Jahresetat von 553 Millionen Euro aus anderen Quellen als der Landeskasse, die originär für die Hochschulfinanzierung verantwortlich ist. „Der Titel würde uns auch beim Land eine höhere Priorität verschaffen“, glaubt Hoch. Mit größerer Eigenständigkeit insbesondere vom behäbigen Bau- und Liegenschaftsbetrieb des Landes, der die Universitäts-Immobilien verwaltet, könnte Bonn künftig noch attraktiver für Spitzenforscher werden und damit die gesamte Region als Wissenschaftsstandort stärker profilieren.

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