Einige Maßnahmen nötig Bonner Stadtwerke stehen beim kostenlosen Nahverkehr am Anfang

Bonn · Bezüglich des möglicherweise entstehenden kostenlosen Nahverkehrs gibt es noch einige offene Fragen. Ein SWB-Sprecher sagt, dass die Rahmenbedingungen noch nicht gegeben seien.

Die Stadtwerke Bonn (SWB) stehen beim Thema kostenloser Nahverkehr noch ganz am Anfang. Auf die Frage, welche Maßnahmen am schnellsten umsetzbar wären, wenn Bonn eine von fünf Modellstädten würde, antwortete SWB-Sprecher Michael Henseler: „Die Rahmenbedingungen für ein solches Szenario sind noch nicht gegeben.“ Ein solches Modell müsste zudem in enger Abstimmung mit dem Verkehrsverbund Rhein-Sieg (VRS) und dem Auftraggeber für den ÖPNV, der Stadt Bonn, erfolgen.

In Tübingen hatte der dortige Oberbürgermeister seine Stadt ins Gespräch für das Modellprojekt gebracht, weil dort ein fertiges Konzept für kostenlosen Nahverkehr vorliege. Aus Sicht des Bonner Verkehrsexperten und Stadtplaners Heiner Monheim, der lange an der Uni Trier Raumentwicklung lehrte, könnte die überraschende Ankündigung der geschäftsführenden Bundesregierung „eine tolle Diskussion in Gang setzen“. Dringend erforderlich seien die schnelle Bestellung von zusätzlichen Bahnen und Bussen und die entsprechende Bundesfinanzierung in einem schlanken Verfahren. „Um eine Verkehrswende möglich zu machen, ist ein umfangreiches Klimainvestitionsprogramm notwendig“, sagte Monheim dem GA. Der Nulltarif würde deutschlandweit etwa 30 Milliarden inklusive der Mittel für die Infrastruktur kosten, schätzt er.

Ihre Überlegungen begründen die Minister mit der Absenkung der Stickstoffdioxid-Werte, die in vielen Städten seit Jahren überschritten werden, auch in Bonn. Monheim geht davon aus, dass die Bundesregierung auf lange Sicht ein solches Angebot nicht finanzieren könnte und eine pauschale Abgabe jedes Bürgers notwendig wäre, um den Nahverkehr zu finanzieren.

Solche Rufe nach einem „Bürgerticket“ gab es in der Stadt Bonn immer wieder, so fanden bisher aber keine politische Mehrheit. Auch die Industrie- und Handelskammer Bonn/Rhein-Sieg unterstützt die Idee eines kostenlosen Nahverkehrs. „Wir brauchen zunächst mehr Kapazitäten auf Bus- und Bahnlinien und einen Ausbau der Netze, damit der Umstieg auch möglich wird“, sagte IHK-Geschäftsführer Hubertus Hille. Zudem sei eine bessere Verknüpfung mit Verkehrsmitteln wie der in der Diskussion stehenden Seilbahn auf den Venusberg und einem geplanten Radmietsystem notwendig. Aus Sicht der Kammer seien ein drittes Bahngleis zwischen Köln und Bonn und eine Schnellverbindung zwischen dem Bonner Haupt- und dem ICE-Bahnhof in Siegburg wünschenswert.

Rainer Bohnet vom Verkehrs Club Deutschland sieht noch viele offene Fragen, beispielsweise die nach der Finanzierung neuer Bahnen und Busse und der Einbindung der um Bonn herum liegenden Kreise in das kostenfreie Angebot. Bernd Weede, der Kreisvorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds, spricht von einem „innovativen Ansatz“, der gerade mit Blick auf bevorstehende Großbaustellen „zu einer erheblichen Entlastung der Straße“ beitragen könne. Um über die mögliche Einbettung des Rhein-Sieg-Kreises ins Modellprojekt zu sprechen, hat die dortige SPD-Kreistagsfraktion eine gemeinsame Sitzung der Planungs- und Verkehrsausschüsse von Stadt und Kreis beantragt.

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