Letzte Sitzung vor der Wahl Bonner Stadtrat lehnt Steuererhöhung ab

BONN · Heftiger Schlagabtausch: Wenn in der Haushaltskasse Ebbe herrscht, geht es im Rat wie in den besten Familien zu: Dann ist der Streit um die Frage, wo und vor allem ob überhaupt gespart werden kann, programmiert. So auch am Donnerstagabend in der letzten Ratssitzung vor der Kommunalwahl am 25. Mai.

Hier fand am letzten Donnerstag im Ratssaal die letzte Sitzung des Stadtrats vor der Kommunalwahl statt.

Hier fand am letzten Donnerstag im Ratssaal die letzte Sitzung des Stadtrats vor der Kommunalwahl statt.

Foto: Barbara Frommann

Denn in ihrem jüngsten Quartalsbericht warnen Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch (SPD) und Stadtkämmerer Ludger Sander vor einer weiteren Verschlechterung der Stadtfinanzen und fordern, dass die Stadt Bonn sich für den Doppelhaushalt 2015/2016 ein freiwilliges Haushaltssicherungskonzept (HSK) auferlegen soll. Ebenso erneuerte der OB seinen Vorschlag einer zeitlich befristeten höheren Grundsteuer B.

Das lehnt die Ratsmehrheit rigoros ab. Sie hatte deshalb einen Änderungsantrag in die Sitzung eingebracht, den sie mit ihrer Mehrheit auch beschloss: So sieht Schwarz-Grün die vom Rat beschlossene mittelfristige Finanzplanung bestätigt, die einen ausgeglichenen Haushalt für 2017 vorsieht.

Darüber hinaus hält die schwarz-grüne Mehrheit ihre Strategie für richtig, die notwendigen Einsparungen bei den internen Verwaltungsausgaben und nicht durch Zuschusskürzungen an Dritte zu erzielen. Die vom OB vorgeschlagene Erhöhung der Grundsteuer B lehnten alle Fraktionen außer dem Bürger Bund Bonn ab.

Der Änderungsantrag sowie diverse Große Anfragen zur Haushaltspolitik der Stadt nutzten die Spitzen der Fraktionen gut eine Woche vor der Wahl noch einmal zu einem gegenseitigen Rundumschlag. Peter Finger (Grüne) warf Nimptsch und Sander Panikmache vor und meinte, "wenn wir dem Oberbürgermeister und Stadtkämmerer folgen würden, hätten wir heftige Auseinandersetzungen in der Stadt". Der soziale Frieden und der soziale Zusammenhalt sei für ihn auch ein geldwerter Vorteil. Sparpotenzial sehe er in der Verwaltung selbst, "die Wasser predigt, aber selbst noch viel Wein im Vorrat hat".

Michael Faber (Linke) warf Schwarz-Grün dagegen vor, den Schwarzen Peter der Verwaltung zuzuschieben. Helmut Redeker verwies darauf, dass sich in dieser Ratsperiode die Kassenkredite nahezu verdoppelt hätten. Werner Hümmrich (FDP) zeigte sich entsetzt über den Antrag von Schwarz-Grün und forderte ein gemeinsames Bündnis zur Haushaltskonsolidierung.

CDU-Fraktionschef Klaus-Peter Gilles erinnerte daran, dass die negative Haushaltentwicklung nicht erst 2009 begonnen, sondern eine lange Geschichte habe - "an der ich auch meinen Anteil hatte", wie er einräumte. "Wir haben aber jetzt erstmals für strukturelle Veränderungen gesorgt", sagte er und nannte als Beispiel die Änderungen in der Führungsstruktur bei den SWB.

Als Gilles den OB fragte, ob er sich durch die Ratskoalition behindert gefühlt habe, ließ Nimptsch seinen Emotionen freien Lauf: "Ja, ich habe mich oft in meiner Amtsführung behindert gefühlt." Er zählte Fälle auf, in denen die Koalition rechtlich gegen ihn vorgegangen sei und Schiffbruch erlitten habe. "Es hat mich aber nicht daran gehindert, das zu tun, was ich für richtig hielt", sagte er. Gilles: "Jeder hat das Recht auf seine eigene Wahrnehmung. Ich habe meine."

Das sagt der Stadtkämmerer

Stadtkämmerer Ludger Sander (CDU) erklärte, seine Finanzpolitik sei keine Panikmache, sondern verantwortungsvolles Haushaltshandeln. Er verwies darauf, dass für die Haushaltsmisere vor allem externe Effekte verantwortlich seien, darunter deutlich höhere Soziallasten und ein hoher Rückgang bei den Schlüsselzuweisungen. Sander rechnet für das laufende Jahr nicht mehr mit dem bisher geplanten Defizit von 43 Millionen Euro, sondern geht von einem Minus von rund 105 Millionen Euro aus. Nach den bisherigen Bedarfsanmeldungen der Stadtverwaltung drohen Sander zufolge ab 2015 weitere jährliche Defizite zwischen 80 und 146 Millionen Euro. (lis)

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