So gesehen Bonner Radfahrer sind zivilisiert

Bonn · Immer wieder mal kommt es vor, dass sich Menschen in Bonn an den Radfahrern in der Fußgängerzone stören. Dabei sind die im Vergleich sehr harmlos, meint Gastautor Tim Gallandi.

Ein Vergleich zwischen Bonn und Meppen mag an mehr als einer Stelle hinken. Zu groß sind auf den ersten Blick die Unterschiede zwischen der Bundesstadt und der Kreisstadt des Emslandes, zwischen der Großstadt mit mehr als 322.000 Einwohnern und der kleinen Mittelstadt, in der nur knapp 36.000 Menschen leben. Trotzdem gibt es eine Gemeinsamkeit, die mir als Tauschreporter der Meppener Lokalredaktion der Neuen Osnabrücker Zeitung während meiner Woche in Bonn augenfällig wurde: Beide Städte haben eine ausgeprägte Radfahrkultur.

Das mag in erster Linie an der Topographie liegen. Wo es eher flach ist, radelt es sich logischerweise angenehmer. Kostengründe mögen hier wie dort ebenfalls dazu beitragen, aufs Rad zu steigen statt in Auto, Bus oder Bahn. Vergleicht man dann aber das Verhalten der Pedaleure in der jeweiligen Fußgängerzone, kommen wieder die Unterschiede ins Spiel. Und die scheinen ausgeprägt, wie ich beim Spaziergang durchs Bonner Zentrum festgestellt habe. Auffällig viele Radfahrer, die ich zwischen Hauptbahnhof und Marktplatz beobachtete, waren im Schritttempo unterwegs, manche schoben ihr Rad sogar.

In Meppen ist dies zwischen Bahnhof und Marktplatz ein kaum gesehenes Phänomen. Dort wird nicht selten in einem Affenzahn gesaust, und manchmal scheint es, als würde vor dem Ziel nie gebremst. Eigentlich gilt die Verordnung, in der Fußgängerzone zwischen 9.30 und 18 Uhr abzusteigen und zu schieben. Bloß hält sich kaum jemand daran – und kontrolliert wird auch nicht. Zugegeben: Die Verlockung zur Raserei im Sattel hängt vielleicht auch damit zusammen, dass die Passantendichte in Meppen allenfalls am Stadtfest-Wochenende so hoch ist wie in der Bonner City an einem Freitagmittag.

Um nicht missverstanden zu werden: Meppen ist keinesfalls eine Hölle voller Kampfradler. Aber viele, die dort mit dem Rad unterwegs sind, zeichnen sich durch eine gewisse Unbekümmertheit aus. Das zeigt sich auch beim Blick auf die Helmträger. In Bonn sind es verblüffend viele, wenn sie auch lange nicht die Mehrheit bilden. In Meppen setzt, abgesehen von Kindern im Vorschul- und Grundschulalter, kaum jemand einen Helm auf.

Fazit: Im Emsland genießen Radfahrer offenbar mehr Freiheiten – oder nehmen sie sich. In Bonn gibt es also aus meiner Sicht kaum einen Grund, als Fußgänger oder Autofahrer mit den Radlern zu hadern.

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