Kanzlerin zeichnet „Schlau“ aus Bonner Projekt zur sexuellen Aufklärung

Bonn · In Zeiten, in denen Wörter wie „schwul“, „lesbisch“ und „behindert“ immer noch in Form von Beleidigungen über deutsche Schulhöfe geistern, setzt sich die Initiative „Schlau“ – kurz für „Schwul-Lesbisch-Bi-Trans Aufklärung“ – für geschlechtliche und sexuelle Vielfalt ein.

Werben in Schulen für Akzeptanz: Carlo Vreden und Kira Splitt von "SCHLAU" sprechen mit Jugendlichen über sexuelle Vielfalt und geschlechtliche Identitäten.

Werben in Schulen für Akzeptanz: Carlo Vreden und Kira Splitt von "SCHLAU" sprechen mit Jugendlichen über sexuelle Vielfalt und geschlechtliche Identitäten.

Foto: Dennis Sennekamp

Die Organisation veranstaltet in ganz NRW Workshops an Schulen mit denen sie Diskriminierungen und Mobbing unter Jugendlichen vorbeugen will. Für ihr soziales Engagement wurde die Bonner Ortsgruppe der Initiative von der Bundeskanzlerin nun persönlich geehrt. Die Bonner Ortsgruppe gehört zu 25 ehrenamtlichen Projekten aus ganz Deutschland, die am Mittwoch im Rahmen des Wettbewerbs „startsocial“ zu einer Preisverleihung in das Bundeskanzleramt eingeladen worden waren.

„Es wurden sieben Geldpreise im Wert von je 5000 Euro vergeben, darunter auch der Sonderpreis der Bundeskanzlerin.“, sagte Carlo Vreden von „Schlau“ Bonn. Zu den sieben Gewinnern gehörten Projekte aus Hamm, Freiburg und Essen. Die ehrenamtlichen Mitarbeiter der Bonner Initiative bekamen von Angela Merkel immerhin eine Urkunde überreicht, sie hatten es nicht unter die ersten sieben Preisträgern geschafft.

Die Bonner hatten sich Anfang 2016 für den Wettbewerb angemeldet und gewannen im Zuge dessen eines von hundert Stipendien, bei denen professionelle Coaches vier Monate lang die Arbeitsweisen der jeweiligen Organisationen optimierten und ihre Fortschritte für den Wettbewerb dokumentierten. Anhand des erzielten Projektfortschritts wählten unabhängige Juroren aus den 100 Stipendiaten die 25 überzeugendsten für die Ehrung im Bundeskanzleramt aus.

Nicht nur auf Vorurteile eingehen

„Uns half der Coach vor allem bei der Qualitätssicherung weiter, das heißt im Freiwilligenmanagement und bei der richtigen Anwendung unserer Lehrmethoden“, sagte Vredens Mitstreiterin Kira Splitt. „Bei unserer Arbeit gehen wir mit Teams von vier Personen unterschiedlicher sexueller Orientierung an Schulen, meist im Zuge des Biologieunterrichts in der Mittelstufe, und versuchen Stereotype zu hinterfragen und den Dialog zu fördern.“ Dabei gehen die ehrenamtlichen Mitarbeiter nicht nur auf Vorurteile zur Sexualität ein, sondern betreiben Gesellschaftsanalyse auch am Beispiel von Behinderungen oder religiösen Ausrichtungen.

Bei den Workshops geht es mitunter auch sehr persönlich zu. „Ein wichtiger Punkt jeder Einheit ist das Erzählen der eigenen Geschichte“, sagte Splitt. „Im Anschluss können die Schüler und Schülerinnen Fragen stellen.“ Typische Schülerfragen drehen sich laut Vreden und Splitt häufig um das Coming Out und die Erfahrungen der Workshopleiter mit Diskriminierung. „Manchmal fragen die Jugendlichen uns auch nach Tipps, wie man sich richtig outen sollte“, so Splitt. „Das ist jedoch schwierig, weil die Fälle individuell und zum Beispiel vom Umfeld und der Familie bestimmt sind.“

Die Workshops finden auf Anfrage der Bildungsstätten statt. Mit einigen Schulen hat das 2012 von der Aidshilfe Bonn initiierte Projekt bereits eingeschliffene Kooperationen, wie zum Beispiel mit der Marie-Kahle-Gesamtschule oder dem Hardtberg-Gymnasium. „Im Jahr kommen wir so auf etwa 35 Einsätze, die wir mit 15 ehrenamtlichen Mitarbeitern bestreiten“, erklärt Splitt. Die ehrenamtliche Arbeit von “Schlau“ Bonn wird durch Spenden, der Aidshilfe und der Stadt Bonn finanziell getragen. „Wir freuen uns, dass der Jugendhilfeausschuss Anfang des Jahres eine 450-Euro-Stelle beschlossen hat, um unsere Organisation zu stabilisieren“, sagte Splitt.

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