Opernneubau, Klimagipfel und Bäderfrage Bonner OB Ashok Sridharan spricht über seine Amtszeit

Bonn · Ashok Sridharan ist seit zwei Jahren im Amt. Im Rückblick ist er zufrieden mit der Verlegung seines Büros ins Stadthaus. Dessen Sanierung wird indes immer dringender. Spielstätten für die Kultur und Bäder bleiben Dauerbrenner.

Ashok Sridharan: Gott sei Dank noch nicht. Ich hoffe auch, dass ich nicht den Eindruck mache. Ich fühle mich nach wie vor fit. Das Amt macht mir immer noch viel Spaß, und ich freue mich jeden Tag, Oberbürgermeister der Stadt Bonn sein zu dürfen.

Nach Ihrer Wahl zum OB haben sie angekündigt: Der Sonntag gehört ihrer Familie! Wie stets es heute mit diesem Versprechen?

Sridharan: Das gelingt mir leider meistens nicht. Ich sehe meine Familie viel zu wenig. Aber am Wochenende achte ich darauf, dass ich meine Frau und Söhne, wenn es passt, zu Terminen mitnehme.

Wäre es nicht besser, wieder die Doppelspitze, also einen Verwaltungschef und einen ehrenamtlichen OB für die Repräsentation, zu haben?

Sridharan: Ich finde den Mix gut. Zudem mache ich beides – Repräsentation und Verwaltungschef – sehr gerne. In der Kombination kann man viel mehr bewegen als zu Zeiten der Doppelspitze. Allerdings: Es sind in der Tat zwei Fulltime-Jobs.

Werden Sie da den rund 6000 Mitarbeitern der Stadtverwaltung als deren oberster Boss noch gerecht?

Sridharan: Ich meine ja! Ich bin morgens ab 7 Uhr im Büro. Wir treffen uns möglichst zweimal die Woche im Verwaltungsvorstand, mindestens aber einmal die Woche, um alle wichtigen Dinge zu besprechen. Dazu bin ich auch regelmäßig mit Kolleginnen und Kollegen aus dem Haus zusammen. Mich erreicht man in der Regel bis zum Abend im Stadthaus, bevor ich dann repräsentative Termine wahrnehme.

Haben Sie inzwischen alle Ämter der Stadtverwaltung besucht?

Sridharan: Ja. Das ist mir in meinem ersten Amtsjahr gelungen. Natürlich habe ich bei meinen Besuchen nicht immer alle Kollegen angetroffen. Außerdem konnte ich nicht alle Außenstellen besuchen.

Hat sich die Verlegung des OB-Büros vom Rathaus ins Stadthaus bewährt?

Sridharan: Ja. Ich habe zum Beispiel zu vielen Kollegen in der Verwaltung, die mit mir hier im Stadthaus sitzen, ganz kurze Wege. Ich finde es auch angemessen, als Verwaltungschef nicht im schön renovierten Rathaus zu arbeiten, sondern in derselben, nicht so schönen Umgebung wie die meisten Kolleginnen und Kollegen.

Der Rat diskutiert schon lange die Instandsetzung des Stadthauses? Wie ist der aktuelle Planungsstand?

Sridharan: Die Sanierung ist überfällig. Wir können sie nicht mehr auf die lange Bank schieben. Im Rahmen der kommenden Haushaltsberatung müssen wir sehen, wie wir mit dem Stadthaus umgehen. Wir untersuchen das gerade. Ich persönlich halte die Sanierung für die wahrscheinlichste Variante. Schon allein wegen des Restbuchwertes des Gebäudes macht es vermutlich keinen Sinn, über einen Neubau nachzudenken. Aber das ist auch Bestandteil der Untersuchung.

Bei der Oper liebäugeln Sie dagegen mit einem Abriss und Neubau des Gebäudes, wie es die SPD ja auch längst vorgeschlagen hat...

Sridharan: Ich finde es richtig, bei der Oper angesichts der Instandsetzungskosten von mindestens 70 Millionen Euro noch einmal neu über alle Möglichkeiten nachzudenken. Außerdem haben wir ja weitere Sanierungsfälle: Die Stadthalle Bad Godesberg ist marode, die Kammerspiele und weitere städtischen Liegenschaften in Beuel müssen ebenfalls saniert werden, sodass wir wohl auf erhebliche Beträge kommen werden. Deshalb halte ich es für geboten, auch über einen Neubau für die Oper nachzudenken.

Der Standort ist aus meiner Sicht sekundär. Ich kann ihn mir gut anstelle der Stadthalle Bad Godesberg vorstellen, aber auch am jetzigen Standort der Oper. Das Areal am Erzbergerufer kommt nach meiner Einschätzung nicht in Betracht. Einerseits ist es zu klein und andererseits haben wir es für eine Hotelnutzung ausgeschrieben und bereits diesbezügliche Angebote erhalten.

Ein Zweispartenhaus im Stadtbezirk Bonn würde aber bedeuten, dass die Kammerspiele obsolet wären. Halten Sie das für durchsetzbar?

Sridharan: Ich sehe das sehr kritisch. Ein Zweispartenhaus könnte ich mir in Bad Godesberg sehr gut vorstellen. Dann sollten die Kammerspiele für andere kulturelle Nutzungen, Ausstellungen und auch für die Bezirksvertretung umgestaltet werden. Dadurch könnte man einerseits einen Großteil der Sanierungskosten für die Bühnentechnik sparen und hätte andererseits ein weiteres belebendes Element für die Bad Godesberger Fußgängerzone. Sollte es zu einem Neubau am jetzigen Standort der Oper kommen, müssten die Kammerspiele auf jeden Fall erhalten bleiben. Dafür habe ich mich ja auch stets starkgemacht.

Der Erhalt der Kammerspiele hieße aber im Umkehrschluss, dass der Neubau kein Zweispartenhaus wird, oder?

Sridharan: Ich würde mich dann dafür einsetzen, einen Neubau für die Oper und möglicherweise für Konzerte zu errichten. Ich fände es in dem Fall nicht richtig, alles im Stadtbezirk Bonn zu konzentrieren, daher sollte das Schauspiel in den Kammerspielen in Bad Godesberg bleiben.

Wie realistisch ist ein Neubau in Bad Godesberg angesichts des Umstandes, dass die Stadthalle unter Denkmalschutz steht?

Sridharan: Ich glaube, dass das schwierig wird, aber trotzdem: Wenn wir den Neubau der Oper anstelle der Stadthalle errichten, könnten wir damit nicht nur für Bad Godesberg etwas Gutes tun, sondern auch für Bonn. Weil wir dann endlich die Chance hätten, die Innenstadt besser an den Rhein anzubinden. Den Spekulationen, die man jetzt ja auch in vielen Leserbriefen im GA lesen kann, die erstaunlicherweise aus der ganzen Republik kommen, man würde zugunsten irgendwelcher Investoren das bisherige Opern-Grundstück aufgeben wollen, um dort massive Bebauungen zuzulassen, kann ich nur klar entgegnen: Das ist nicht meine Vorstellung.

Sie betonen immer, Ihnen liege auch das kulturelle Angebot für junge Leute am Herzen. Viele meinen, die Stadt tut dafür zu wenig. Ist das so?

Sridharan: Das sehe ich nicht. Wir haben viele gute Angebote für jüngere Menschen in Bonn. Ich denke da unter anderem an die Veranstaltungen in der Rheinaue, den Kunst!Rasen, das Panama-Festival oder das Green Juice-Festival in Beuel.

Müsste die Stadt den Kunst!Rasen stärker finanziell unterstützen?

Sridharan: Der Kunst!Rasen verdient Unterstützung. Das ist ein Super-Angebot. Aber wir haben ja noch weitere Formate in Bonn. Und die Unterstützung dieser Angebote ist nun einmal eine freiwillige Aufgabe, deshalb ist das mit der finanziellen Unterstützung so eine Sache. Wir können schließlich jeden Euro immer nur einmal ausgeben. Natürlich ist mir klar, der Etat für Oper und Theater ist um ein Vielfaches höher als der für die freie Kulturszene. Aber in der städtischen Kultur sind mehr als 400 Mitarbeiter (ohne geringfügig Beschäftigte) tätig, die benötigt werden, um den Betrieb aufrechtzuerhalten. Aber es ist ja nicht so, dass die freie Kultur kein Geld der Stadt bekommt. Immerhin stellen wir für sie pro Jahr rund 3,2 Millionen Euro bereit.

Wie zufrieden sind sie mit dem Ergebnis der Bürgerwerkstatt für das Viktoriakarree?

Sridharan: Ich hätte mir eine deutlich höhere Beteiligung gewünscht. Das war bei der Bürgerbeteiligung für das neue Schwimmbad anders, die ist auf ein sehr großes Interesse bei den Bürgerinnen und Bürgern gestoßen. Das bedeutet für mich, dass das gesamtstädtische Interesse am Viktoriakarree offensichtlich nicht so groß ist, wie vielfach vorgetragen wurde. Außerdem hätte man meines Erachtens in dem Beteiligungsverfahren ein paar Leitplanken mehr einziehen müssen und nicht nur nach dem Motto 'Wünsch dir was' verfahren dürfen.

Was das Ergebnis betrifft, das ja unter anderem eine Markthalle mit Food-Court empfiehlt, bin ich skeptisch. Das muss ja auch jemand finanzieren. Wir als Stadt können das natürlich nicht. Wir brauchen ein Konzept, das wirtschaftlich Sinn macht. Wir leben schließlich nicht im Wolkenkuckucksheim. Wir brauchen auf jeden Fall weitere Handelsflächen als sinnvolle Ergänzung zum Einzelhandelsangebot in der Innenstadt. Dass Signa so kurz vor Abschluss der Bürgerwerkstatt aus der Diskussion ausgestiegen ist, hat mich enttäuscht. Das habe ich gegenüber Signa auch kommuniziert und empfohlen, zu dem jetzt vorliegenden Entwurf eine Stellungnahme abzugeben. Signa hat zugesagt, sich das anzuschauen. Wir werden sehen, was bei der Beratung im Rat dann herauskommt.

Befürchten Sie einen Stillstand im Viktoriakarree?

Sridharan: Stillstand ist die schlechteste Alternative. Daher werde ich alles daransetzen, endlich zu einer positiven Entwicklung im Viktoriakarree zu kommen.

Beim Plan für ein neues Bad ist dagegen alles in trockenen Tüchern?

Sridharan: Ich bin froh, dass wir das Thema Bäder, das in Bonn viele Jahre lang diskutiert worden ist, endlich zum Abschluss gebracht haben. Die meisten Bonnerinnen und Bonner verbinden mit der Planung für den Neubau die Chance, endlich ein neues, modernes und barrierefreies Schwimmbad zu erhalten, dass das Schwimmangebot in Bonn für die nächsten Jahrzehnte sicherstellt.

Stichwort Beethoven: Ist die Stadt mit den Vorbereitungen für das Beethovenjubiläum 2020 nicht ein bisschen spät dran?

Sridharan: Wir sind in der Tat spät dran. Aber wir werden ein tolles Programm auf die Beine stellen. Es geht ja nicht darum, nur ein Wochenende zu planen, sondern ein ganzes Beethoven-Jubiläumsjahr. Wir haben im vorigen Jahr mit Bund, Land und dem Kreis die Beethoven Jubiläums Gesellschaft gegründet, die sich von Anfang richtig in das Thema reingekniet hat, und der künstlerische Geschäftsführer Christian Lorenz hat, wie ich finde, bisher spannende Ideen, Vorschläge und Projekte entwickelt. Da haben wir noch viel Potenzial. Mit unserem neuen Generalmusikdirektor Dirk Kaftan, dem Beethoven-Orchester und vielen Partnern werden wir zeigen: Beethoven ist nicht exklusiv, sondern für alle Menschen.

Wie gut ist die Stadt auf den Weltklimagipfel vorbereitet?

Sridharan: Zunächst einmal: Ausrichter ist der Bund; er hat bisher außerordentlich gute Arbeit geleistet. Dafür bin ich dem Bund ausgesprochen dankbar. Wir sind insgesamt sehr gut für die bisher größte Weltklimakonferenz in Bonn aufgestellt, obwohl wir nur wenige Monate Zeit für die Vorbereitung hatten.

Schließen Sie größere Pannen aus?

Sridharan: Es wird sicher Einschränkungen im Verkehr geben, aber weniger durch die Konferenz selbst, als vielmehr durch die angekündigten Demonstrationen. Der ÖPNV wird auf jeden Fall gestärkt.

Bonn hat nur noch wenig Platz für Gewerbegebiete und ist auf eine Kooperation mit dem Kreis angewiesen. Laufen die Gespräche mit den Kreiskommunen nicht zu schleppend?

Sridharan: Nein, wir sind in guten Gesprächen mit allen Beteiligten. Wir werden voraussichtlich noch in diesem Jahr erste Ergebnisse vorlegen können.

Thema Bonn/Berlin: Kann man die Rutschbahn von Ministeriumsarbeitsplätzen nach Berlin noch stoppen?

Sridharan: Die Stadt Bonn, die Region und die Länder NRW und Rheinland-Pfalz erwarten, mit dem Bund eine zusätzliche Vereinbarung abzuschließen, in der die Aufgaben ganz konkret definiert werden, die künftig aus Bonn heraus wahrgenommen werden. Das bisherige Hin und Her muss ein Ende haben. Diese zusätzliche Vereinbarung ist im Berlin/Bonn-Gesetz auch ausdrücklich vorgesehen.

In jüngster Zeit scheren vor allem die Grünen immer häufiger aus der Koalition mit CDU und FDP aus. Wie lange hält die Jamaika-Koalition im Stadtrat noch?

Sridharan: Da bin ich nicht der richtige Ansprechpartner. Die Koalition ist eine Angelegenheit der Fraktionen. Das Abstimmungsverhalten war nicht immer geschlossen. Als aktuelles Beispiel nenne ich den guten Vorschlag der Verwaltung, für die Übertragung des Betriebs der Freibäder an Dritte einen Wettbewerb auszuschreiben. Da sind die Grünen leider ausgeschert und haben gegen CDU und FDP mit der Mehrheit des Rates dagegen gestimmt. Wir haben aber die Vorgaben des Haushalts, gerade auch im Bäderbereich sparen zu müssen. Die Entscheidung des Rates bedeutet für mich nun, der Mehrheit des Rates ist es offensichtlich lieber, die Freibäder zu schließen, als sie von Dritten betreiben zu lassen.

Stehen demnach Freibäder in Bonn akut zur Schließung an? Wenn ja, welche?

Sridharan: Nein. Es steht kein Freibad zur Schließung an. Wir werden den politischen Gremien zum nächstmöglichen Zeitpunkt einen Verfahrens- beziehungsweise Entscheidungsvorschlag unterbreiten.

Treten Sie bei der Kommunalwahl 2020 nochmal als OB-Kandidat an?

Sridharan: Ich trete 2020 nochmal an – wenn ich gesund bleibe.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort