Fall von vor acht Jahren Bonner Narkoseärztin wegen fahrlässiger Tötung vor Gericht

Bonn · Eine inzwischen 71-jährige ehemalige Narkoseärztin aus Bad Godesberg muss sich acht Jahre nach dem Tod einer Patientin wegen fahrlässiger Tötung vor dem Bonner Amtsgericht verantworten. Es wäre nicht ihre erste Verurteilung.

Viele Jahre hat das Gericht auf die Narkoseärztin gewartet. Ein drittes Mal wird der 71-Jährigen vorgeworfen, für den Tod einer Patientin verantwortlich zu sein. Am Mittwoch erschien die Angeklagte im Saalbau des Bonner Amtsgerichts: Langsam, humpelnd, an einem Stock bewegte sie sich im schwarzen Hosenanzug auf Saal 0.08 zu, wo sie sich jetzt endlich ihrem Prozess stellt: Erschöpft, unsicher, den Tränen nahe. Wegen ihrer Verhandlungsunfähigkeit war das erste öffentliche Verfahren vor fünf Jahren, im August 2012, geplatzt. Erst im letzten Jahr hielt ein psychiatrischer Gutachter die Medizinerin für stabil genug, ihren Prozess zu überstehen.

Acht Jahre bereits liegt der Tod einer 78-Jährigen Patientin zurück, die am 12. August 2009 nach einer Schulter-Operation in einer Godesberger Privatklinik starb. Die dort arbeitende Anästhesistin habe – so der Vorwurf der Anklage – sich nicht um die anschließende „lückenlose Überwachung“ der Patientin gekümmert: Anstatt in den Aufwachraum wurde die noch unter Vollnarkose stehende Frau in ihr Krankenzimmer gelegt und alleine gelassen, ohne jegliche technische Überwachung. Eine Pflegerin fand die Patientin später leblos. Trotz Wiederbelebungsversuchen – auch die sollen von der Ärztin grob fehlerhaft durchgeführt worden sein – war der Hirnschaden bereits irreparabel. Acht Tage später verstarb die Frau an den Folgen, so die Anklage, auf dem Venusberg.

Die Anästhesistin habe damals gegen ihre ärztlichen Pflichten verstoßen und damit den Tod der Frau verschuldet, so der Vorwurf des Staatsanwalts. Die 71-Jährige schwieg am Mittwoch dazu. Weder wollte sie etwas zu dem Todesfall, noch zu ihrer Person sagen. „Vorläufig jedenfalls“, wie ihr Verteidiger Volkmar Mehle betonte. Der Fall ist auch nicht ohne Brisanz, denn die Angeklagte, die ihre Approbation mittlerweile freiwillig zurückgegeben hat, ist bereits zweimal einschlägig verurteilt worden. In beiden Fällen jedoch per Strafbefehl, also ohne öffentlichen Prozess. Auch damals schon sah sie sich nicht in der Lage, sich einem Verfahren zu stellen.

Zwei Geldstrafen nach zwei Todesfällen

Für den Tod eines vierjährigen Jungen im Jahr 1994 wurde sie wegen eines ärztlichen Kunstfehlers mit 7500 Euro Geldstrafe sanktioniert. 2007 unterlief der Angeklagten erneut ein gravierender Fehler: Für den Tod einer 44-jährigen Patientin wurde sie erneut „nur“ zu einer Geldstrafe, diesmal waren es 37.500 Euro, verurteilt. Der Grund: Die Narkoseärztin hatte in der Zwischenzeit ihren Doppelnamen abgelegt, deswegen tauchte das erste Urteil nicht im Vorstrafenregister auf. Der Bonner Richter wusste nichts von dem fahrlässigen Tod des Kindes.

Auch die Aufklärung des jüngsten Todesfalls wird nicht einfach. Nicht zuletzt, weil der Fall lange zurückliegt. Er scheint nur bruchstückhaft dokumentiert, auch die Erinnerungen von Zeugen sind nicht lückenlos. Zwei Gutachter – ein Rechtsmediziner und ein Anästhesist – begleiten das Verfahren: Sie sollen Auskunft geben, ob der Behandlungsfehler, den die Angeklagte im Ermittlungsverfahren durchaus eingeräumt hatte, auch ursächlich für den Tod der Patientin war. Für den Prozess sind drei weitere Verhandlungstage angesetzt.

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