Politik plant strengere Grenze für Mieten Bonner Mieter könnten von Groko-Plänen profitieren

BONN/RHEIN-SIEG-KREIS · Der Bonner Mieterbund und der Eigentümerverein bewerten die Pläne der großen Koalition unterschiedlich. Vermieter sollen künftig verpflichtet sein, die Vormiete zu nennen. Wie das rechtlich funktionieren soll, steht noch nicht fest.

Der Blick auf die monatliche Miete ist für viele Bonner kein Vergnügen. Gerade das Wohnen in der Stadt wird in begehrten Ortsteilen wie der Südstadt, der Innenstadt oder der Altstadt seit Jahren immer teurer. Das 2015 von der Bundesregierung beschlossene und umgesetzte Gesetz zur Mietpreisbremse sollte Abhilfe schaffen, erweist sich aber in der Praxis nach Ansicht vieler Fachleute bisher weitgehend als zahnloser Tiger. Nun soll nachgebessert werden.

Für den Fall, dass es zu einer großen Koalition kommt, haben Union und SPD eine Verschärfung des Gesetzes vereinbart. Auch Bonner Mieterinnen und Mieter sollen davon profitieren. Während der Mieterbund Bonn/Rhein-Sieg/Ahr in den geplanten Änderungen einen Fortschritt erkennt, kritisiert der für Stadt und Rhein-Sieg-Kreis zuständige Eigentümerverein Haus & Grund die Mietpreisbremse als „einseitige Schuhriegelung“ ihrer Klientel, so Geschäftsführer Helmut Hergarten gegenüber dem GA.

Durchschnittkaltmiete in Bonn über bundesweitem Durchschnitt

In Bonn liegt die Durchschnittskaltmiete mit 7,73 Euro pro Quadratmeter nach dem Mietspiegelindex 2017 deutschlandweit über dem Durchschnitt von 6,72 Euro, wenn auch weit hinter Städten wie München (10,22 Euro), Stuttgart (9,92 Euro) oder Köln (8,43 Euro). Um hohen Mietsteigerungen einen Riegel vorzuschieben, hat die große Koalition folgendes vor:

Auskunftspflicht:Wichtiger Punkt ist die Pflicht des Vermieters, bei einem Mieterwechsel die zuvor gezahlte Miete automatisch mitzuteilen. Nach gültiger Gesetzeslage darf der Vermieter bei einem Mieterwechsel die ortsübliche Vergleichsmiete (der Bonner Mietspiegel gibt darüber Auskunft) plus zehn Prozent verlangen. Ausnahme: Der Mietpreis lag schon vorher über dem ortsüblichen Niveau. Bisher mussten Mieter dem Wort des Vermieters glauben, wenn sie sich überhaupt trauten, nach der Vormiete zu fragen. Auf Verdacht hin konnten sie den Vermieter rügen. „Die Situation für den Mieter wäre mit der Verschärfung klarer. Der Vermieter muss aufklären“, sagt der Vorsitzende des örtlichen Mieterbunds Bernhard von Grünberg. Bisher habe es in Bonn kaum rechtlichen Widerstand gegen zu hohe Mieten gegeben. „Ob diese Verschärfung wirken würde, muss man sehen, wenn es so weit ist“, so von Grünberg.

Wie eine solche Auskunftspflicht aussehen soll, dazu gibt es noch keine detaillierte Absprache. „Die sauberste Lösung wäre ein schriftlicher Vorvertrag, in dem die alte Miete schriftlich festgehalten wird“, erklärt der Bonner SPD-Bundestagsabgeordnete Ulrich Kelber. Damit hätte der Mieter etwas in der Hand. In einer solchen Vereinbarung sieht Geschäftsführer Hergarten allerdings einen „unrechtmäßigen Eingriff in private Vertragsverhältnisse“.

Kappungsgrenze: In das Gesetz soll eine neue Grenze aufgenommen werden. Innerhalb von sechs Jahren dürfte die Miete um maximal drei Euro pro Quadratmeter steigen. Eine Maßnahme, die von Grünberg befürwortet: „Ich kann jede Mieterin und jeden Mieter nur dazu aufrufen, rechtliche Ansprüche geltend zu machen.“

Modernisierungsumlage: In den Vereinbarungen der Koalitionspartner im Bund findet Hergarten „einseitig die Interessen der Mieter vertreten und keinerlei Nutzen für Vermieter“. Hergarten kann beispielsweise die geplante Änderung der Modernisierungsumlage nicht verstehen. Es ist angedacht, die Umlage von Sanierungskosten von elf auf acht Prozent zu senken. Begründung sind die derzeit günstigen Kredite. Hergarten findet: „Man will doch die energetischen Modernisierungen. Warum dämpft man die Motivation der Vermieter?“ Aus seiner Sicht helfen vor allem neue Wohnungen, um die Nachfrage zu bedienen und explodierenden Preisen entgegen zu wirken. Und er betont, es könne eben nicht jeder in begehrten Ortsteilen wie Südstadt oder Röttgen wohnen.

Mietspiegel: Bonn verfügt über einen qualifizierten Mietspiegel. Im Unterschied zu einem einfachen Mietspiegel hat er bei Gerichtsprozessen mehr Gewicht, dient aber im Grundsatz dazu, Verhandlungen im Vorfeld zu verhindern. Die große Koalition will nun gesetzliche Mindestanforderungen für einen qualifizierten Mietspiegel festlegen, um Rechtssicherheit zu schaffen. In Bonn hatte ein Amtsrichter 2016 die Machart des damals gültigen qualifizierten Spiegels kritisiert und ihn aufgehoben. Er entspreche nicht wissenschaftlichen Standards. Mittlerweile haben Stadt, Mieterbund und die Eigentümervereine Bonn/Rhein-Sieg und Bad Godesberg wieder einen qualifizierten Mietspiegel herausgegeben. Zu Klagen vor Gericht und damit zu einer juristischen Überprüfung ist es seitdem nicht gekommen.

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