Bundestagswahl 2017 Bonner Kandidaten sind für Einwanderungsgesetz

Bonn · Fünf Bewerber um ein Bonner Bundestagsmandat diskutieren im Haus der Bildung über das Gelingen von Integration. Gleichberechtigung und die Werte des Grundgesetzes müssten von den Einwanderern akzeptiert werden.

Ist die Integration gelungen oder gescheitert? Zu dieser etwas provokativen Fragestellung hat der Integrationsrat Bonner Bundestagskandidaten am Dienstagabend ins Haus der Bildung eingeladen. Rund 100 Bürger verfolgten zweieinhalb Stunden lang eine rege, erstaunlich wenig kontroverse Diskussion, moderiert von GA-Lokalchef Andreas Baumann.

Claudia Lücking-Michel (CDU) sprach von einem ständigen Prozess und einer Herausforderung für Politik und Bürger. Beide Seiten hätten in den letzten Jahren gelernt, merkte die Politikerin an. Etwas weiter holte NRW-Integrationsminister Joachim Stamp aus, der den verhinderten FDP-Kandidaten Alexander Graf Lambsdorff vertrat. Deutschland sei lange kein Einwanderungsland gewesen. Dies habe die Gastarbeitergeneration in den 60er und 70er Jahren zu spüren bekommen. Trotzdem gebe es viele positive Lebensläufe, aber auch negative. Alte Fehler dürfe man nicht wiederholen.

Ganz ähnlich sahen es der Sozialdemokrat Ulrich Kelber und die Grüne Katja Dörner. Jürgen Repschläger von den Linken erklärte, es sei ein „Kardinalfehler“, die Menschen, die ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland haben, nicht politisch teilhaben zu lassen. Er bezeichnete das deutsche Wahlrecht als „nationalistisch“. Wer drei Jahre in Deutschland lebe, solle sich auch am politischen Geschehen beteiligen dürfen. Bis auf Lücking-Michel plädierte übrigens das ganze Podium für eine großzügigere Handhabung der doppelten Staatsbürgerschaft.

Bei Flüchtlingsfrage sind sich alle einig

Einer Meinung war man in der Flüchtlingsfrage: Das Grundrecht auf Asyl sei unantastbar. Eine jährliche Obergrenze für die Aufnahme von Menschen in Not, wie sie CSU-Chef Seehofer fordert, lehnte auch die CDU-Politikerin deutlich ab. Wichtig sei, in der Debatte die normale Migration gesondert zu betrachten. Deutschland brauche ein Einwanderungsgesetz, sagte Lücking-Michel übereinstimmend mit SPD, Grünen und FDP.

Zuwanderung müsse gesteuert werden, meinte Kelber. Dörner sprach von einem Punktesystem, mit dem die berufliche Qualifikation bewertet werden könne. Linken-Politiker Repschläger hielt dagegen, man dürfe Menschen nicht auf ihren ökonomischen Nutzen reduzieren. Seine Partei ist für ein „Bleiberecht für alle“ – die Kosten für die Sozialsysteme, so Repschläger, dürften in einem „reichen Land“ keine Rolle spielen.

Es sei wichtig, dass Gleichberechtigung und die Werte des Grundgesetzes von den Einwanderern akzeptiert werden: Auch darin waren sich alle weitgehend einig. Dies müsse in den Integrationskursen einen größeren Stellenwert einnehmen. Zudem müsse der Staat viel Geld in die Hand nehmen, um den Menschen Bildungschancen zu eröffnen. „Ein Land, das sich als Einwanderungsland versteht, sollte auch Bildungswege öffnen“, sagte Kelber.

Zwar stelle der Bund den Ländern und Kommunen schon umfangreiche Mittel zur Verfügung. Die Runde stimmte aber überein, dass dieses Geld noch nicht ausreicht. Auf eine Publikumsfrage hin unterstrich FDP-Minister Stamp, dass die Landesregierung alles daran setze, die Schulen mit weiteren Lehrern auszustatten. Es würden auch Wege für Quereinsteiger geöffnet.

Sorgen um Abschiebungen

Sorgen machen den Politikern manche Abschiebungen. Es sei falsch, die Menschen abzuschieben, wenn sie gerade in der Ausbildung steckten oder einen Job gefunden hätten. Die Abgeordneten berichteten, dass viele Unternehmen darüber klagten. „Die Firmen haben eine hohe Bereitschaft, Geflüchtete zu qualifizieren. Doch plötzlich erhalten diese Mitarbeiter ihren Abschiebebescheid. Das kann nicht sein“, so Lücking-Michel. Die Firmen würden mit diesem Problem alleingelassen.

Am Ende des Abends zog Rahim Öztürker, Vorsitzender des Integrationsrates, sein persönliches Fazit: Trotz aller Probleme funktioniere das Zusammenleben der Kulturen in Bonn ziemlich gut.

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