Erneute Beschwerde über Stadtwerke Bonner Flughafenbus lässt Rollstuhlfahrer stehen

Bonn · Ein Busfahrer verweigert die Mitnahme eines Rollstuhlfahrers. Die Behinderten-Gemeinschaft übt Kritik, die Geschäftsführung zeigt sich reumütig und bedauert den Vorfall.

Erneut hat ein Busfahrer auf der Sonderbus-Linie 60 der Bonner Stadtwerke einem Fahrgast brüsk die Beförderung verweigert – und das zu später Abendstunde. Der Vorsitzende der Behinderten-Gemeinschaft Bonn, Claus Parlow, spricht von einem „inakzeptablen Vorgang“.

Am 11. Dezember war Elvis Selmanovic mit seiner Mutter und Schwester mit sieben Stunden Verspätung nach 22 Uhr auf dem Köln-Bonner Flughafen gelandet. Als die drei um 23.17 Uhr in den nächsten Bus in Richtung Hauptbahnhof steigen wollten, zeigte sich der Busfahrer uneinsichtig. „Er verwies auf das Kofferabteil im Bus. Deshalb sei kein Platz für meinen Rollstuhl“, berichtet der Ippendorfer Selmanovic.

Der 33-Jährige sitzt seit 25 Jahren im Rollstuhl. Als er acht Jahre alt war, detonierte während des Bosnischen Bürgerkrieges im Nachbarhaus seiner Heimatstadt Tuzla eine Bombe. Ein Granatsplitter durchtrennte Selmanovics Rückenmark. Seither ist er zu 100 Prozent schwerbehindert. Allerdings hat er einen leichten Rollstuhl, der sich auch zusammenklappen lässt.

Die SWB nimmt seit Jahren keine Fahrer schwerer Elektro-Rollstühle in ihren Bussen und Bahnen mehr mit. Begründet wird das mit Sicherheitsbedenken, falls die schweren Gefährte sich einmal selbstständig machen sollten. „In gewisser Weise habe ich dafür Verständnis“, sagt Claus Parlow von der Behinderten-Gemeinschaft, der selbst auf einen Rolli angewiesen ist. Der Verein übernimmt in Bonn die Funktion des städtischen Behindertenbeauftragten.

Ein faltbarer Rollstuhl sollte in einem Bus hingegen kein Problem sein. Parlow trainiert regelmäßig Busfahrer, wie sie am besten mit Behinderten umgehen sollen. „Ich setze die als erstes in meinen Rolli, damit sie einmal sehen, wie schmal die Zufahrtsrampe in den Bus tatsächlich ist“, erzählt er. Das wecke regelmäßig viel Verständnis bei den SWB-Mitarbeitern. Beschwerden über unangemessenen Umgang mit behinderten Fahrgästen sind Parlow ansonsten nicht bekannt.

Eine Ausnahme ist der Flughafenbus. Hier versperren zwei Metallstangen den Platz in der Mitte, wo sonst zwei Rollstühle, Kinder- oder Gehwagen parken können. Wiederholt hat der GA bereits über Probleme Behinderter berichtet. Auch für Selmanovic gab es keinen Platz. „Ich habe den Busfahrer angefleht mitfahren zu dürfen, weil ich einfach nicht länger warten wollte, einfach nur nach Hause wollte. Ich war durchgefroren und hatte den ganzen Tag sitzend im Rollstuhl verbracht“, erinnert er sich. Doch der Mitarbeiter schloss einfach die Vordertür und fuhr ab. Nicht einmal das bezahlte Ticket von Selmanovics Schwester wurde erstattet. Die Familie musste sich ein Taxi nehmen, weil der nächste Zug erst eine Stunde später fuhr.

„Alle glauben immer, Behinderte hätten unbegrenzt Geld für Taxis und überdies endlos Zeit“, resümiert Selmanovic. Mit einer unbefristeten Niederlassungserlaubnis ist er selbst als Angestellter des Bundes in Vollzeit beschäftigt. Auch Anja Wenmakers, Geschäftsführerin von SWB Bus und Bahn zeigt sich über den Vorfall schockiert. Vom GA auf die Beschwerde aufmerksam gemacht, entschuldigt sie sich persönlich bei dem Fahrgast. „Behinderte haben es schwer genug. Da sollten wir alles tun, sie möglichst bequem zu befördern.“, sagt Wenmakers. Mit dem verantwortlichen Busfahrer sei gesprochen worden, betont SWB-Pressesprecher Werner Schui: „Das darf so nicht wieder vorkommen.“ Die Taxikosten wollen die SWB nun erstatten.

Die Busse behindertengerecht umzubauen, so dass auch schwere Rollstühle mitkönnen, sei hingegen leider nicht so einfach, glaubt Wenmakers. „Es gibt viele verschiedene Modelle mit unterschiedlichen Befestigungen“, sagt sie.

Für Fahrgäste, die auf einen Elektrorollstuhl angewiesen sind, oder ihren Rollstuhl nicht verlassen können, hat das Unternehmen bereits nach einem Vorfall im letzten Jahr vorgesorgt. Wenn sie spätestens zwei Stunden vorher unter der Telefonnummer 0180/6151515 ihren Fahrtwunsch zum oder vom Flughafen anmelden, sorgen die SWB ohne Mehrkosten für einen passenden Transport. Das Angebot solle jetzt noch kenntlicher gemacht werden.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort