Graffiti Bonner Firma stellt jugendlichen Sprayern Wand zur Verfügung

ENDENICH · "Ich halte zum ersten Mal eine Dose in der Hand." Nick Zöllner ist der Experte für Karikaturen und soll die Gesichter von Luca und Gino an die Wand bringen.

 Darius Sarin (Foto), Nick Zöllner und Eric Langenfeld bringen Farbe auf die rund 40 Quadratmeter große Wand.

Darius Sarin (Foto), Nick Zöllner und Eric Langenfeld bringen Farbe auf die rund 40 Quadratmeter große Wand.

Foto: Richard Bongartz

Doch dann steigt er vom Gerüst und lässt dem erfahrenen Sprayer Eric Langenfeld den Vortritt. "Ich möchte saubere Outlines", sagt Nick. Heißt: Die Konturen sollen vernünftig werden. So gibt der 16-jährige Zeichner aus der Ferne Anweisungen: "Mach' die Augenbrauen richtig buschig. Ja, so ist es richtig."

Für Nick, Eric und den dritten im Bunde, Darius Sarin, ist es das bislang größte Projekt - und zudem auch noch ganz legal. Die Idee hatte Ute Elisabeth Fieseler, Geschäftsführerin der Firma "die Schilder" an der Von-Weichs-Straße - ein 1954 an der Bornheimer Straße gegründeter Familienbetrieb. Damals begann alles mit Autoschildern. Zu Zeiten der Bundesgartenschau in Bonn 1979 kam der Auftrag, Spielplatzschilder ohne Schrift zu entwerfen. Die sind noch heute an vielen Stellen der Stadt zu sehen.

Da war im Firmenhof dann diese weiße Wand. "Ich fand die immer schon furchtbar", sagt Fieseler. So traf es sich, dass der Sohn einer neuen Mitarbeiterin gerne sprayt. Fieseler und ihr Mann Willy sehen das als schöne Kunstform an. "Für Teenager gibt es in der Stadt so gut wie nichts", meint die Firmenchefin. Sie will das Hobby ein Stück weit aus der Illegalität herausziehen. Sie heuerte die drei Jungs an und zahlte für Farben. "Ich will ihnen eine Chance geben, sich zu entfalten."

Dafür brauchen die drei 16-Jährigen genau drei Tage. Die letzten Sprühstriche stehen nun an. Erics Freundin Marisa Pisano (17) ist mit Masina Müller vorbeigekommen, um das Bild zu begutachten. Im Zentrum stehen fette Buchstaben vor Flammen: MLS ist die Abkürzung von Miles, dem Namenskürzel (englisch "Tag") von Darius. Daneben steht Pinoy, was Filipino bedeutet, denn Erics Mutter kommt daher. Über dem Firmennamen sind dann die beiden Karikaturen von Nick zu sehen.

Darius und Eric besuchen die Tannenbuscher Bertolt-Brecht-Gesamtschule, Nick die Elisabeth-Selbert-Gesamtschule in Bad Godesberg. "Es ist wichtig, dass die Jugendlichen in der Stadt die Möglichkeit haben, ein legales Bild zu malen", meint Darius, der sein Hobby seit fünf Jahren betreibt. "In der Rheinaue und am Haus der Jugend sind die einzigen legalen Wände in Bonn."

Doch die Bilder darauf würden nicht lange halten, vor allem im Sommer. Kaum ist eins fertig, käme der nächste und übermale es schon wieder. Der Platz ist halt begrenzt. Bei illegalen Graffiti würden viele den Reiz des Verbotenen suchen. "Es bleiben einem maximal 20 bis 30 Minuten für ein Bild. Dann muss alles fertig sein", sagt Darius. Der "Tag" gehöre natürlich dazu. "Man sieht aber nicht viele gute Bilder. 80 Prozent sind Müll, einfach nur dahingemalt."

Eric kann sich noch gut daran erinnern, als er vor gut einem Jahr unter der Brücke am Endenicher Ei sprühte. "Ich war aufgeregt. Dann kam die Polizei und hat mich überwältigt." Bis drei Uhr nachts saß er auf der Wache. Später wurden ihm 20 Sozialstunden auferlegt, die er im Perthes-Altenheim absolvierte. Das war ihm eine Lehre, er will nicht mehr illegal unterwegs sein.

Allerdings finden es die Jugendlichen gar nicht so schlimm, wenn verwahrloste Stellen wie unter Brücken für Graffiti freigegeben würden. Sie sind davon überzeugt, dass die Qualität der Bilder so steigen würde.

Die gut ein Dutzend Sprühflaschen, jede kostet zwischen 3,50 und vier Euro, sind nun fast leer geworden. Um den Vorentwurf vom Blatt in seinen Proportionen an die Wand zu bekommen, haben die Jungs sie in einzelne Segmente unterteilt. Alle sind zufrieden, vor allen Dingen Nick. "Ich habe richtig Gefallen daran gefunden und will das weitermachen", sagt er.

Illegale Graffiti

Wer illegale Graffiti sprüht, macht sich nicht nur strafbar, sondern verursacht schnell auch einen Schaden von mehreren Tausend Euro. Die Verursacher können dafür sogar bis zu 30 Jahre lang zur Kasse gebeten werden, denn solange gelten die zivilrechtlichen Ansprüche des Geschädigten gegenüber dem Täter. Wer Verunreinigungen an städtischen Gebäuden entdeckt, kann diese der Graffiti-Hotline unter der Rufnummer 0228/775576 melden.

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