Suchtkranke und Obdachlose "Bonner Feger" halten die Innenstadt sauber

BONN · Ein besonderes Projekt bietet ehemaligen Suchtkranken und Obdachlosen eine freiwillige Beschäftigung. Jeden Morgen ziehen die „Bonner Feger“ los, um die Straßen von Unrat zu befreien.

 Marcel Zielinski (r.), Leiter der „Bonner Feger“, zeigt Teilnehmern des Rundgangs, was die Truppe jeden Tag auf ihrer Tour aufsammelt.

Marcel Zielinski (r.), Leiter der „Bonner Feger“, zeigt Teilnehmern des Rundgangs, was die Truppe jeden Tag auf ihrer Tour aufsammelt.

Foto: Sebastian Flick

Sechs Bonner werden zukünftig vermutlich mit einem ganz anderen Blick durch ihre Innenstadt gehen: In der vergangenen Woche durften sie an einer Tour teilnehmen, bei der sie die Gelegenheit erhielten, die „Bonner Feger“ bei einem ihrer täglichen Einsätze zu begleiten. Angeboten wurde dieser Rundgang von StattReisen Bonn in Kooperation mit dem Verein für Gefährdetenhilfe (VfG).

Der Verein unterstützt am Rande der Gesellschaft stehende Menschen in schwierigen Situationen und bietet mit dem Projekt „Bonner Feger“ ehemaligen Suchtkranken und Obdachlosen eine Beschäftigung auf freiwilliger Basis für vier Stunden am Tag an.

Zusammen mit Bonnorange und der Stadt Bonn hatte der VfG das Projekt „Bonner Feger“ Anfang des Jahres ins Leben gerufen. Jeden Morgen ziehen die „Bonner Feger“ los, um die Straßen von Unrat zu befreien und hinterlassene Materialien zum Drogenkonsum zu entsorgen.

„Nichts mit den Händen anfassen“

Die sechs Personen, die sich bei StattReisen Bonn für die Tour angemeldet hatten, begleiteten die „Bonner Feger“ aber nicht nur, sondern wurden auch selbst mit dem entsprechenden Arbeitsmaterial ausgestattet. Zunächst galt es, Handschuhe und Sicherheitsschuhe anzuziehen, dann wurden die Teilnehmer mit Greifzangen, Besen und Schaufeln ausgestattet.

Dann konnte es losgehen: Vom VfG-Betreuungszentrum in der Quereliusstraße ging es direkt in die Innenstadt, an der Uni vorbei zum Münsterplatz und weiter in Richtung des ehemaligen Bonner Lochs. Vielerorts gab es versteckte Orte, wie etwa Gebüsche, aus denen die „Bonner Feger“ so einiges herausfischten. „Nichts mit den Händen anfassen!“, warnte Zielinski die Gruppe, obwohl alle Handschuhe trugen.

Der erste Stopp erfolgte bereits nach wenigen Minuten: Auf dem Hügel nahe der Fußgänger-Unterführung zwischen Poppelsdorfer Allee und Hofgarten machen die Bonner Feger fast täglich Halt: „Hier habe ich schon einige Nadeln rausgeholt“, berichtet Marcel Zielinski, Leiter der Bonner Feger.

Helfen statt wegsehen

Auf ihrer Tour nimmt die Truppe sämtlichen Müll mit, den sie findet: Zigarettenkippen, Kronkorken, Tablettenverpackungen und Glasflaschen landen am häufigsten in ihren Mülleimern, auch Spritzen werden mehrmals aufgesammelt, insbesondere in Bahnhofsnähe – ein beliebter Aufenthaltsort von Drogenkonsumenten: „Hier haben die Leute eine Toilette und Wasser – alles ist vorhanden. Zudem sind hier viele Touristen unterwegs, das lenkt vom Geschehen ab“, erklärt Zielinski.

Die „Bonner Feger“ kennen die Hotspots: Der Fahrradweg am Bahnhof, der Alte Friedhof: Da finden sie regelmäßig Spritzen. Die kleinen orangefarbenen Päckchen, die am Wegesrand liegen, erkennt die Truppe bereits aus der Ferne: „Das ist Ascorbinsäure, die wird von Drogenkonsumenten verwendet, um Heroin aufzukochen. So etwas finden wir hier häufiger“, erklärt Zielinski.

Auf ihrer Tour wird die Truppe gelegentlich von einigen Passanten angesprochen, die ihnen ein Lob für die Arbeit aussprechen. Ein Passant entdeckt die Truppe, die orangefarbene Westen mit der Aufschrift „Bonner Feger: Helfen statt wegsehen“ trägt.

„Bonner Feger, wie wird man da Mitglied bei Ihnen?“, möchte der junge Mann wissen und ergänzt lachend: „Ich kenne nur heiße Feger“. Einige Passanten kennen die Gruppe bereits und begrüßt sie jeden Morgen auf ihrer Tour. „Viele Leute machen uns auch darauf aufmerksam, wo Abfälle rumfliegen. Für solche Hinweise sind wir sehr dankbar“, sagt Zielinski.

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