Umweltschutz Bonn verfehlt eigenes Klimaziel

Bonn · Das Umweltamt hat dem Stadtrat die jüngste CO2-Bilanz vorgelegt. Demnach verfehlt die Stadt Bonn ihr selbst gestecktes Klimaschutz-Ziel deutlich. Das liegt vor allem am Verkehr.

Die Stadt Bonn verfehlt ihr selbst gestecktes Klimaschutz-Ziel derzeit deutlich. Das geht aus der jüngsten CO2-Bilanz hervor, die das Umweltamt dem Stadtrat vorgelegt hat. Im Betrachtungszeitraum von 1990 bis 2012 sank der Ausstoß an Treibhausgasen pro Einwohner demnach von 9,3 auf 7,6 Tonnen jährlich.

Besonders die privaten Haushalte sowie Industrie und Gewerbe haben zu dieser Verringerung beigetragen. Sie verursachen zusammen rund ein Viertel weniger Treibhausgase als zu Beginn der 1990er Jahre. Beim Verkehr mit immer mehr Dieselfahrzeugen haben die Emissionen hingegen um 18 Prozent zugenommen.

Als Mitglied im Klimabündnis will Bonn seinen Treibhausgasausstoß von 1990 bis 2030 um die Hälfte verringern. Wie die Untersuchung zeigt, ist die Stadt von diesem Ziel derzeit weit entfernt. Bei einer gleichbleibenden Minderungsrate hätte der Wert dazu 2012 bereits bei deutlich unter sieben Tonnen je Einwohner liegen müssen. In absoluten Zahlen fällt Bonns Beitrag zum Klimaschutz sogar noch deutlich geringer aus, weil die Gesamtemissionen 2012 auf rund 17 000 zusätzliche Einwohner verglichen mit 1990 verteilt wurden. Real sind sie von 2,8 Millionen Tonnen 1990 auf 2,4 Millionen Tonnen 2012 gesunken, also um 15 Prozent.

Entsprechend verhalten bewertet Michael Müller von der „EnergieAgentur“ NRW die Bonner Ergebnisse. Der Experte für kommunalen Klimaschutz spricht von einem „moderaten Rückgang der Emissionen“. Dies sei „durchaus ein Erfolg für die kommunale Klimaschutzpolitik“. Wie überall im Land stünden Einspareffekten durch Effizienzsteigerung im Bereich der Industrie und leichten Einsparungen in den Privathaushalten fast konstante Emissionen bei Gewerbe, Handel und Dienstleistungen und steigende Werte beim Verkehr gegenüber.

Die CO2-Bilanz wurde mit dem Internet-System „ecoRegion“ erstellt und um die Jahre 2011 und 2012 ergänzt. Es dauere mehrere Jahre, bis die notwendigen Daten zur Verfügung stünden, erklärt das Umweltamt die verzögerte Auswertung. Die Daten bilden die tatsächlichen Energieverbräuche und Kohlendioxid-Emissionen im Bonner Stadtgebiet ab und sind nicht um Witterungseinflüsse wie kalte Winter korrigiert. Auch die Treibhausgase, die bei der Her- und Bereitstellung von Energie anfallen, fließen in die Gesamtrechnung ein.

Positiv fällt auf, dass fossile Energieträger in der Stadt heute eine deutlich geringere Rolle spielen als zur deutschen Wiedervereinigung. Der Umstieg der Stadtwerke von Braunkohle auf Erdgas und Mülldampf sowie der Einsatz von Kraft-Wärme-Kopplung hätte dazu geführt, dass die Emissionen beim Strom um 18 Prozent gesenkt werden konnten, bilanziert das Umweltamt. Und das, obgleich heute mehr Strom verbraucht wird als 1990. Zugekaufter Strom stammte 2012 außerdem zu fast 55 Prozent aus erneuerbaren Energiequellen. Bei der Heizwärme, die den weitaus größeren Anteil am Verbrauch hat, steckt die Energiewende noch in den Kinderschuhen. Immerhin setzen die Bonner nur noch selten auf Heizöl und Kohle. Deren Anteil sank um die Hälfte. Vor allem der Ausbau des Fernwärmenetzes ist dafür verantwortlich. Aber auch Erdgas ist auf dem Vormarsch. Sein Anteil stieg seit 1990 um fünf Prozent. Erneuerbare Energiequellen, etwa Solarkollektoren, haben bei der Wärmeproduktion dagegen nur einen verschwindend geringen Anteil.

Einen positiven Anteil an der Bonner Energiebilanz hat die Arbeit der Bonner Energie-Agentur (BEA). Diese berät seit 2012 neutral zu energiesparendem Bauen und Sanieren. Allein durch Informationsgespräche 2013 konnten in der Folge jährlich 100 000 Euro Energiekosten und 310 Tonnen klimaschädliches Kohlendioxid eingespart werden, ergab nun eine Auswertung der Prognos AG. Die beauftragten Gutachter kamen zu dem Schluss, „dass das Beratungsangebot eine Lücke in der bestehenden Beratungslandschaft füllt, zielgenau energetische Sanierer erreicht und langwirkende klimarelevante Entscheidungen herstellerunabhängig und aus Sicht der Kunden sehr zufriedenstellend beeinflusst“.

Um die Ziele des Weltklimagipfels von Paris und des kommunalen Klimabündnisses zu erreichen, müssten die Anstrengungen in den kommenden Jahrzehnten deutlich verstärkt werden, appelliert Energie-Experte Müller. Insbesondere beim Verkehr und in den Privathaushalten müssten neue Hebel und Maßnahmen gesucht werden. „Hier haben auch die Kommunen entsprechende Steuerungsmöglichkeiten.“

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