Sozialer Wohnungsbau Bonn braucht mehr bezahlbare Wohnungen

Bonn · Der Rat befasst sich am Donnerstag mit einer verbindlichen Quote für Neubauprojekte in der Stadt. Der Bedarf für geförderten Wohnraum ist groß, aber die Flächen sind begrenzt.

Für viele Menschen gleicht die Suche nach einer passenden und vor allem bezahlbaren Wohnung in Bonn einem Lotteriespiel. Denn bezahlbare Wohnungen sind für einen großen Teil unserer Gesellschaft zu einer Mangelware geworden. Und das nicht erst, seitdem mehr Menschen nach Deutschland flüchten.

Wenn der Stadtrat in seiner Sitzung an diesem Donnerstag eine 30-Prozent-Quote für den sozialen Wohnungsbau bei größeren Bauvorhaben beschließt, könnten dem unbestritten hohen Bedarf an gefördertem Wohnraum in Bonn schon bald in einem ersten Schritt Rechnung getragen werden.

Für das städtische Areal „Im Rosenfeld“ in Buschdorf besteht bereits Planungsrecht. Dort können laut Verwaltung bis zu 200 Wohneinheiten gebaut werden. Entsprechend des Ratsbeschlusses müsste es dort dann mindestens 60 geförderte Wohnungen geben. In der Vorbereitung befindet sich die Offenlage des Bebauungsplans für das Neubaugebiet „Im Vogelsang“ in Endenich. Dort ist aber schon vor dem Quotenbeschluss klar: Zwei Drittel der möglichen 350 Wohnungen sollen auf gefördertem Weg und nur ein Drittel freifinanziert entstehen. Je ein Drittel sollen Sozialwohnungen (6,25 Euro pro Quadratmeter), mietpreisgedämpft (sieben bis acht Euro) und frei finanziert werden. Die städtische Wohnungsbaugesellschaft Vebowag will auf dem 4,7 Hektar großen Areal rund 20 Millionen Euro investieren. Bauherrin für das Drittel an freifinanzierten Wohnungen wird die Wohnbau GmbH, eine bundesweit aktive Firma mit Sitz in Bonn.

Allerdings: Die Stadt hat in Sachen gefördertem Wohnungsbau erheblichen Nachholbedarf. Nach Angaben von Vize-Stadtsprecher Marc Hoffmann gilt ein Anteil von geförderten Wohnungen zwischen zwölf und 14 Prozent am gesamten Wohnungsbestand als wohnungswirtschaftlich anerkannt, um eine Grundversorgung von Haushalten mit geringen bis mittleren Einkünften sicherzustellen. „Derzeit gibt es in Bonn nur noch 10.562 geförderte Wohneinheiten, was einem Anteil von nicht einmal sieben Prozent am gesamten Wohnungsbestand der Stadt entspricht“, sagte Hoffmann. Dementsprechend sei der Bedarf an preiswertem Wohnraum lediglich in etwa zur Hälfte gedeckt.

Aktuell sind laut Hoffmann 2125 Haushalte als wohnungssuchend bei der städtischen Wohnungsvermittlung vorgemerkt. Ausgehend von Hochrechnungen, dass mindestens 50 Prozent aller Bonner Haushalte unterhalb der Einkommensgrenze für einen Wohnberechtigungsschein liegen und somit wohnberechtigt für den geförderten Wohnungsbau sind, werde die „Dunkelziffer“ für die Nachfrage nach preiswertem Wohnraum deutlich über der Zahl der tatsächlich vorgemerkten Haushalte liegen. „Die Mangelsituation an preisgünstigem Wohnraum trifft dabei ausdrücklich nicht nur Haushalte, die ihren Lebensunterhalt ganz oder teilweise aus Transferleistungen bestreiten, sondern breite Schichten der Bevölkerung“, sagt Hoffmann. Durch die zu erwartenden real sinkenden Alterseinkünfte wird sich dieser Effekt nochmals verstärken.

Wie Vebowag-Chef Michael Kleine-Hartlage sagte, realisiere die städtische Wohnungsbaugesellschaft, „in aller Regel zu hundert Prozent geförderten Wohnungsbau. Wir treten gern auch als Co-Investor auf, der den 30-Prozent-Anteil an gefordertem Wohnungsbau übernimmt“.

Die Wohnbau GmbH, die aus dem sozialen Wohnungsbau heraus entstanden ist, begrüßt eine verbindliche Quote für Bonn, wie es sie schon in Köln, Düsseldorf, München und weiteren Städten gibt. „Grundsätzlich ist es gut, wenn eine verbindliche Quote festgelegt wird.“, sagte deren Geschäftsführer Jens Bräutigam. Wichtig sei allerdings, dass eine solche Regelung nicht für kleine Projekte mit beispielsweise weniger als 25 Wohnungen gelte, da sonst die private Bauinitiativen ausbliebe. Er betont auch noch einmal die Dringlichkeit: Seit Jahren verliere die Stadt Bonn durch Auslauf von öffentlichen Förderungen Belegungsrechte an preisgebundenem Wohnraum.

Auch der Bund Deutscher Architekten hält die Quote für ein „gutes Mittel, eine soziale Durchmischung in Quartieren zu erreichen“, sagte Ines Knye vom Vorstand des BDA Bonn/Rhein-Sieg. Sie weist aber daraufhin, dass die Baukosten vermutlich weiter steigen werden. „Nicht überall ist sozialer Wohnungsbau sinnvoll“, sagt Knye. Er sei vor allem dort gut, wo es eine gute Anbindung zum öffentlichen Nahverkehr gebe und dadurch beispielsweise keine teure Tiefgarage geplant werden müsse. Bei solchen Bauprojekten könne ein anderer Stellplatzschlüssel angewendet werden.

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