"100 Köpfe: Wir sind Bonn" Bill Mockridge: Munter weiter nach dem Serientod

BONN · Irgendwann trifft es jeden. Der Tod ist unausweichlich. Im realen Leben sowieso. Und manchmal auch im Film. Seinen Tod als Mann von Mutter Helga Beimer aus der Lindenstraße hätte Erich Schiller alias Bill Mockridge gerne noch ein wenig hinausgeschoben.

 Bill Mockridge richtet den Blick nach vorne und arbeitet an einem Buchprojekt unter dem Titel "Hurra, wir lieben noch".

Bill Mockridge richtet den Blick nach vorne und arbeitet an einem Buchprojekt unter dem Titel "Hurra, wir lieben noch".

Foto: Barbara Frommann

Nach 25 Jahren war das Ensemble wie eine zweite Familie für ihn geworden. Die verliert man natürlich nicht gerne. Doch Produzent Hans W. Geißendörfer blieb stur. "Mein Tod sollte der Knaller der Jubiläumssendung werden", erzählt Mockridge. Seit 30 Jahren flimmert die Lindenstraße nun schon Sonntag für Sonntag über die Bildschirme. Mockridge stieß 1990 dazu.

Er hatte gerade mit dem inzwischen verstorbenen Komiker Dirk Bach für eine RTL-Sendung geprobt, als Bach es sehr eilig hatte. "Er wollte unbedingt die Lindenstraße gucken", erinnert sich Mockridge, "ich glaube, er hat kaum eine Folge verpasst."

Mockridge, der sich zu dem Zeitpunkt bereits mit seinem Springmaus-Theater in Bonn etabliert und mit seiner Frau Margie Kinsky und den damals drei Kindern in Endenich eine neue Heimat gefunden hatte, wurde hellhörig. "Ich dachte, das muss ja eine tolle Sendung sein, wenn die sogar ein Dirk Bach nicht verpassen will."

Der Schauspieler mit kanadischen Wurzeln bewarb sich kurzerhand bei Geißendörfer und hatte Glück: Marie-Luise Marjan, Darstellerin von Helga Beimer, brauchte einen neuen Liebhaber. Sein Vorgänger in der Serie war ein schmales Hemd, sie wollte - da selbst von eher kräftiger Statur - einen "handfesten stämmigen Mann". Und Mockridge, damals 14 Kilogramm schwerer als heute, erhielt die Rolle.

Und war natürlich traurig, als er im vorigen März von seinem bevorstehenden Filmtod in der Jubiläumsfolge zum 30. Geburtstag der Lindenstraße erfuhr. Ja, sagt er noch einmal, "der Abschied fiel mir wirklich sehr schwer". Immerhin sorgte die Rolle in der Lindenstraße neben den Bühnenengagements für ein zusätzliches festes monatliches Einkommen.

"Es wurden ja insgesamt fünf Rollen gestrichen"

Die Mockridges hatten inzwischen sechs Söhne. Aber als Profi kann der 68-Jährige den WDR verstehen. "Eine Serie muss sich erneuern, braucht immer wieder frischen Wind. Somit wurde ich das Opfer", sagt er. Dazu kommt, dass der WDR unter immensem Sparzwang steht, und auch die Lindenstraße ihren Beitrag leisten musste. "Es wurden ja insgesamt fünf Rollen gestrichen", sagt Mockridge.

War seine Frau Margie in all den Jahren nie eifersüchtig auf Mutter Beimer? "Doch, und wie", antwortet Mockridge und lacht. Schließlich mussten er und Helga Beimer sich als Filmehepaar ja auch hin und wieder küssen. Und Bettszenen gab es selbstredend auch. "Wenn es in einer Serienfolge eine Bettszene gab, habe ich sie meistens an dem Abend mit einem Essen in der Endenicher Harmonie davon abgehalten, diese Folge zu sehen."

Als seine Frau aber erfuhr, dass es keinen Erich Schiller mehr geben werde, "war sie fast noch trauriger als ich. Denn die Lindenstraße hat viele Jahre unseren Familienalltag bestimmt", sagt Mockridge. Den Frust über sein Ausscheiden hat er längst verdaut. Neue Projekte warten. Nach zwei eigenen Büchern - darunter der Spiegel-Bestseller "Je oller, je doller" - will er jetzt mit seiner Frau ein gemeinsames Buch herausbringen. Es soll im Herbst 2017 erscheinen. Der Titel "Hurra, wir lieben noch".

Zurzeit tourt Mockridge mit seinem aktuellen Bühnenprogramm "Alles frisch" durch Deutschland. Nicht zu vergessen sein Springmaus-Theater an der Frongasse in Endenich, seit 37 Jahren seine ganz eigene "Lindenstraße". "Ich stehe gerne auf der Bühne", sagt Mockridge, der wohlbehütet in Toronto aufwuchs und schon mit sieben Jahren davon träumte, Schauspieler zu werden.

"Ich wollte immer eine große Familie."

Auch einen anderen Lebenstraum hat er sich erfüllt: "Ich wollte immer eine große Familie." Seine sechs erwachsenen Söhne sind inzwischen selbst alle als Künstler tätig - Jeremy und Luke sogar wie er als Schauspieler und Komiker. Mit seiner Frau und den Söhnen hat er im Sommer erfolgreich die Comedy-Serie "Die Mockridges" gestartet, die Sendungen der zweiten Staffel sollen dieses Jahr gesendet werden.

"Das ist für mich so toll, dass ich jetzt mit meiner eigenen Familie eine eigene Serie habe", sagt Mockridge. Und strahlt über das ganze Gesicht. Ein Mammutprogramm. Wie schafft man das mit 68 Jahren? "Ich mache Sport, gehe regelmäßig ins Fitnesscenter und spiele Tennis." Und da ist natürlich die Familie, eine starke, liebevolle Familie, die ihn jung hält. Und auf Trab.

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