Prozess vor dem Bonner Landgericht Betrügerin lockt Behinderten in die Liebesfalle

Bonn/Euskirchen · Eine 30-jährige Frau soll einen geistig behinderten Mann um 150.000 Euro geprellt haben. 2016 wurde sie wegen schweren Betruges vom Amtsgericht Euskirchen zu drei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt, legte Berufung ein und sitzt nun vor der elften Bonner Strafkammer. Dort streitet sie erneut alles ab.

 Vor dem Landgreicht Bonn muss sich derzeit die 30-Jährige verantworten. Foto: DPA

Vor dem Landgreicht Bonn muss sich derzeit die 30-Jährige verantworten. Foto: DPA

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Was die Angeklagte vor dem Bonner Landgericht einem geistig Behinderten aus Euskirchen angetan haben soll, hat den 49-Jährigen nicht nur seine gesamten Ersparnisse gekostet, sondern ihn vor allem seelisch schwer verletzt: Die 30-Jährige lockte den Mann laut Anklage in eine Liebesfalle und verschwand mit 150.000 Euro. 2016 wurde sie wegen schweren Betruges vom Amtsgericht Euskirchen zu drei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt, legte Berufung ein und sitzt nun vor der elften Bonner Strafkammer und streitet erneut alles ab.

Doch die Staatsanwaltschaft ist sicher, dass die 30-Jährige 2013 gezielt im Internet in einer Singlebörse für behinderte Menschen auf Jagd nach einem Opfer ging und den geistig behinderten Euskirchener aussuchte. Der konnte sein Glück kaum fassen, dass sich eine ganz normale Frau für ihn interessierte, ihn sogar so liebte, dass sie mit ihm Zukunftspläne schmiedete. Er glaubte der Frau alles und war bereit, ihr sein Geld anzuvertrauen, das sie mit hoher Rendite für ihr gemeinsames Leben in einem Haus in Spanien anlegen wollte.

Denn der behinderte Mann ahnte nicht, dass er es mit einer einschlägig vorbestraften Betrügerin zu tun hatte, die vor ihm schon andere Männer ausgenommen hatte und nur auf Bewährung auf freiem Fuß war. Sie gab sich ihm gegenüber als Altenpflegerin aus, dass das genauso wenig stimmte wie ihr Name, konnte er nicht wissen. Und so buchte das verliebte Opfer laut Anklage auf ihr Geheiß sein gesamtes geerbtes Geld vom Sparbuch auf sein Girokonto um, hob es in zehn Aktionen ab und händigte es der Frau aus. Doch die ist plötzlich verschwunden, und mit ihr sein ganzes Geld.

Der 49-Jährige ist am Boden zerstört, und wie sehr ihn der Verrat getroffen hat, schildert seine Patentante als Zeugin: Sie fand ihren Neffen damals völlig verwahrlost und halb verhungert vor: Aus lauter Kummer hatte er nichts mehr gegessen. Vor Gericht erklärt er, was ihm die Angeklagte bedeutet habe: „Sie war für mich wie ein Sechser im Lotto.“ Seine Tante erstattete damals Anzeige gegen die Angeklagte, deren Identität sich zunächst nicht ermitteln ließ. Erst mit Hilfe einer Öffentlichkeitsfahndung und dem Foto aus der Überwachungskamera einer Bank, wo sie Geld vom Konto des Behinderten abgehoben hatte, wurde sie gefasst.

Wie sich herausstellte, war sie bereits als Jugendliche mehrfach wegen Betruges verurteilt worden. Außerdem soll sie in Drückerkolonnen und als Prostituierte gearbeitet haben. Vor dem Bonner Landgericht sieht es für sie nun nach dem Gutachten eines Graphologen, der ihre Handschrift auf einem Überweisungsformular identifizierte, schlecht aus.

So schlecht, dass das Gericht am Ende des Prozesstages Haftbefehl gegen sie erlässt. Zwar bleibt sie gegen strenge Auflagen erst einmal auf freiem Fuß, doch Kammervorsitzender Markus Weber macht ihr klar: „Denken Sie dran: Wir finden Sie überall.“ Die 30-Jährige lebt inzwischen in Heidelberg, arbeitet in der Alten- und Krankenpflege – und hat Privatinsolvenz angemeldet. Der Verbleib der verschwundenen 150 000 Euro ist unbekannt.

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