Bonn und die Region Beschwerden über Lärm nehmen zu

Bonn · Immer mehr Beschwerden gehen jährlich beim Bonner Ordnungsamt wegen Lärmbelästigungen ein. Auch bei der Fliegergruppe der Bundespolizei beschweren sich wöchentlich Bürger wegen des Fluglärms.

Fast jeder hat es schon einmal in der eigenen Wohnung erlebt: Man hört die laute Musik des Nachbarn, eine Party auf dem Balkon nebenan, einen lauten Streit in der Wohnung über einem oder die Nachtschwärmer, die direkt unter dem Schlafzimmerfenster ihr Bierchen trinken und sich lauthals unterhalten. Wenn man in der Nacht wegen Lärm kein Auge zu machen kann, ist das ärgerlich.

Das Ordnungsamt der Stadt Bonn stellt fest, dass sich immer mehr Bürger über Lärmbelästigung ärgern und auch beschweren. "Aus Sicht des Ordnungsamtes steigt die Zahl der gemeldeten Ruhestörungen jährlich an. Wurden 2016 circa 1200 Meldungen und 2017 circa 1450 Meldungen registriert, so liegen die Beschwerden im ersten Halbjahr 2018 bereits bei über 700 Meldungen", sagt Markus Schmitz vom Presseamt der Stadt Bonn. Die Zahlen beziehen sich auf Ruhestörungen, die nach 22 Uhr unter der Nummer 77 3333 gemeldet wurden, wobei rund 600 Meldungen der 1450 im Jahr 2017 zwischen 22 und 23 Uhr, 560 zwischen 23 und 0 Uhr und 290 zwischen 0 und 1 Uhr eingegangen waren.

Dabei würden sich circa 80 Prozent der Anrufer über zu laute Musik der Nachbarn beschweren, so Schmitz. Andere Gründe, sich zu beschweren, seien beispielsweise Lärm durch Partys, laute Hobbys oder Tiere der Nachbarn. Jüngst wurde Kritik der Bonner Bürger laut, der Stadtordnungsdienst sei nachts nicht erreichbar oder brauche zu lange, um zu reagieren (der GA berichtete). Die Stadt Bonn bestätigt, dass es gerade an Wochenenden aufgrund der hohen Zahl von Beschwerden teilweise zu erheblichen Wartezeiten käme, bis ein Einsatz abgearbeitet werden könne. Die Stadt verspricht aber Besserung: Ab kommendem Frühjahr soll der nächtliche Streifendienst neu strukturiert und personell verstärkt werden.

Bei einer gemeldeten Ruhestörung ermahnt der Stadtordnungsdienst den Verursacher zunächst nur mündlich. Kommt es erneut zu einem Verstoß, wird Anzeige erstattet beziehungsweise ein Verwarngeld vor Ort erhoben. Bei Verstößen gegen die Bestimmungen des Landesimmissionsschutzgesetz können Bußgelder von bis zu 5000 Euro erhoben werden. In anderen Fällen kann es dazu kommen, dass die Mitarbeiter des Ordnungsamtes die Musikanlage sicherstellen.

"Es gibt eine allgemein gestiegene Lärmempfindlichkeit der Menschen", erklärte Michael Jäcker-Cüppers, Vorsitzender des Arbeitsrings Lärm der Deutschen Gesellschaft für Akustik den Anstieg der Beschwerden gegen über dem GA. "Besonders für Fluglärm und Lärm durch Nachbarn wird dies häufig registriert." Auch der wachsende Tourismus und die zunehmende Außengastronomie seien Gründe für die gestiegene Geräuschbelastung.

Manche Beschwerden sind jedoch nicht so einfach nachzuvollziehen - beispielsweise Beschwerden über Kirchenglocken. Solche Fälle kämen in Bonn zwar selten vor, sagt Schmitz. Aber es gibt sie. Die letzte Beschwerde im Zusammenhang mit Kirchenglocken sei 2016 eingegangen. Ein Fall in Bad Godesberg erregte vergangene Woche Aufmerksamkeit: Die erfolgreiche Sanierung der Turmuhr der Marienforster Kirche in Bad Godesberg freut hier nicht jeden. Die Glocken läuten zwei Mal am Tag und erklangen auch zu Beginn des Sonntagsgottesdienstes um 10 Uhr. Einige Nachbarn beschwerten sich, sie würden sonntags um 10 Uhr noch schlafen und durch die Glocken gestört. Seitdem läuten die Glocken nicht mehr zum Sonntagsgottesdienst.

Anwohner beschweren sich über Fluglärm der Bundespolizei

Auch bei der Fliegergruppe der Bundespolizei in Sankt Augustin nehmen die Beschwerden zu, obwohl die Flüge auf der rechtlichen Grundlage des Luftverkehrsgesetzes (LuftVG) stattfinden, erklärt Pressesprecherin Fiona Roloff. In den Sommermonaten gingen bis zu drei Beschwerden die Woche ein, so Roloff. In gewisser Hinsicht könne sie die Beschwerden nachvollziehen, "gerade mit Blick auf die geografische Lage von Nordrhein-Westfalen als eines der dicht besiedelsten und bevölkerungsreichsten Bundesländer." Nachbarn, Anwohner und Bürger aus umliegenden Städten, teilweise auch Kommunen und Abgeordnete melden sich wegen Fluglärm bei der Bundespolizei. Ihre Argumente seien, dass die Hubschrauber zu tief fliegen, zu lange über einer Ortschaft kreisen oder Landeplätze zu oft angeflogen würden, so Roloff weiter.

Manche würden sich sogar beschweren, dass die Piloten gedankenlos und willkürlich handeln würden. "Die meisten Bürger sind heutzutage über die Aufgaben des Bundespolizei-Flugdienst nicht hinreichend informiert", erklärt sich Roloff diese Beschwerden. Der Flugdienst übernimmt beispielsweise die Rettung von Menschenleben oder die Fahndung nach Straftätern aus der Luft. Die Starts und Landungen der Hubschrauber der Bundespolizei erfolgen an ausgewiesenen An- und Abflugstrecken, die so gewählt sind, dass die Bürger so wenig wie möglich durch Fluglärm beeinträchtigt werden.

Fiona Roloff ergänzt: "Selbstverständlich ist die Lärmproblematik, insbesondere hier am Flugplatz Hangelar, allen Piloten bewusst. Diese reduzieren daher, soweit ihnen dies möglich ist, die zeitliche Dauer und Intensität der entstehenden Lärmimmissionen, um somit die Belastung für die Bürger so gering wie möglich zu halten."

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