Filigrane Holzarbeiten Bernd Eppstein führt die letzte Drechslerei in Bonn

Bonn · Bernd Eppstein führt in vierter Generation die letzte Drechslerei in der Region und fertigt in seiner Bonner Werkstatt filigrane Holzteile wie Weihnachtsschmuck und Fahnenstangen. Das Handwerk gibt es kaum noch.

 Bernd Eppstein steht an der Drechselmaschine. Am liebsten arbeitet er mit Pflaumenholz.

Bernd Eppstein steht an der Drechselmaschine. Am liebsten arbeitet er mit Pflaumenholz.

Foto: Benjamin Westhoff

Festlegen kann sich Bernd Eppstein nicht. „Irgendwie sind sie alle etwas Besonderes“, sagt der 61-Jährige und betrachtet die mehr als 1000 Engel, die in Reih' und Glied im großen Vitrinenschrank seines Ladens im Rosental stehen. „Ich mag eigentlich jeden Engel, der harmonisch aussieht. Wenn Formgefühl und Augenmaß stimmen ist eine Figur für mich perfekt.“ Allerdings gibt es für ihn eine Einschränkung: Engel müssen ein Gesicht und kein abstraktes Antlitz haben.

Er muss es wissen. Denn Bernd Eppstein führt in vierter Generation die letzte Drechslerei in der Region und ist die erste Adresse, wenn es um traditionellen Weihnachtsschmuck aus dem Erzgebirge geht. Gerade in diesen Tagen hat er nicht nur in der Werkstatt des denkmalgeschützten Hauses in Bonn-Castell viel zu tun. Auch im Verkaufsladen ist jede Menge los. „Meist sind es Sammler, die sich selbst vor dem Fest bescheren“, sagt er.

Auch Räuchermännchen und Nussknacker im Sortiment

Neben Engeln gehören auch Bergmänner, Räuchermännchen und Nussknacker zum Sortiment. Die bekommt er zwar direkt aus dem Erzgebirge geliefert. Wenn die filigranen Figuren nach den Festtagen jedoch ramponiert sind, nimmt Eppstein sie mit in seine Werkstatt und unterzieht sie einer kleinen Schönheitskur. „Reparieren kann ich sie, aber um sie herzustellen benötigt man sehr viel Spezialwerkzeug, das ich nicht habe“, erklärt er. Eppstein verkauft nicht nur die „himmlischen Wesen“, sondern er ist der „Engelversteher“ schlechthin. „Schauen Sie sich einmal diese feine Holzarbeit und die filigrane Bemalung an“, sagt er und nimmt ein ganz besonderes Exemplar aus dem Schrank. „Das ist wirklich eine tolle Handwerkskunst. Da stecken viele Stunden Arbeit drin.“

Allerdings wird bei der Herstellung des traditionellen Weihnachtsschmucks nicht auf moderne Accessoires verzichtet. „Hier zum Beispiel“, sagt Eppstein und nimmt einen prächtig kolorierten Bergmann aus dem Regal. „Den kann man mit Kerzen, aber auch elektrisch erleuchten.“ Oder der Chor abstrakt gestalteter Engel, wo jede Figur durch einen Magneten sicher verankert ist und nicht von Sockel fallen kann.

Normalerweise steht Eppstein jedoch nicht im Verkaufsraum, sondern an den rund 100 Jahre alten Maschinen in seiner Werkstatt. 1998 hat der Drechslermeister den Betrieb von seinem Vater übernommen. In den Hochzeiten waren dort zehn Handwerker beschäftigt, zusätzlich gab es ein großes Holzlager. „Das ist ein schöner, aber leider aussterbender Beruf“, beklagt er. Dabei würden gerade in den vergangenen Jahren immer mehr auf diese alte Handwerkskunst zurückgreifen. „Beispielsweise bei der Altbausanierung oder der Restaurierung alter Möbel. Gerade lehnen wieder fünf Holzstöcke neben einer Maschine. „Daraus werde ich neue Treppenstäbe für einen Altbau fertigen. Man wird keinen Unterschied zwischen Alt und Neu sehen.“

12.000 Stück pro Jahr

Das ganze Jahr über produziert Eppstein zudem Fahnenstangen, beispielsweise für Karnevals- und Junggesellenvereine. Auch Baldachine für Kirchenprozessionen oder Griffe für Weihrauchschwenker stammen oft von ihm. Mit Drehröhre und Meißel verleiht Eppstein den Hölzern Vertiefungen und Hohlkehlen, damit sie später schön aussehen. Sogar der Dreschflegel des Bauern im Kölner Dreigestirn stammt aus der Werkstatt in Bonn-Castell. Nicht zu vergessen die Stöcke für die Martinsfackeln. „Rund 12.000 Stück fertige ich davon pro Jahr“, überschlägt er kurz.

Mit welchem Holz arbeitet der Drechslermeister wohl am liebsten? „Mit Pflaumenholz“, sagt er ohne lange zu überlegen. Das nimmt er auch gerne, wenn er wieder einmal Sonderaufträge bekommt. „Für mich ist das eigentlich ein Stopfei“, erklärt er und nimmt ein poliertes Exemplar aus dem Regal. „Aber heutzutage nennt man das einen Handschmeichler.“ Neu in seinem Sortiment sind auch die verschieden großen Kugeln, die immer öfter als Dekoelemente eingesetzt werden.

Wie sieht denn der Weihnachtsbaum im Haus des Engelexperten aus? Natürlich hängen dort nur Engel. „Aber welche mit Sternen oder Monden. Damit bekommen wir gelbe Farbtupfen in den Baum.“

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