Girls' und Boys' Day Berührungsängste und Klischees abbauen

BONN · Im Polizeipräsidium Bonn erlebten 105 Mädchen am Girls' Day am Donnerstag eine Weltpremiere: Die Polizei präsentierte einen gerade fertiggestellten Film, der humorvoll und doch realistisch den Berufsalltag der 13. Bereitschaftspolizeihundertschaft zeigte.

 Leonie, Fatima, Ursula Brohl-Sowa und Alexandra (von links) bei der Spurensicherung.

Leonie, Fatima, Ursula Brohl-Sowa und Alexandra (von links) bei der Spurensicherung.

Foto: Max Malsch

Die Mädchen sahen, wie Razzien und Verfolgungen aussehen können, welche gefährlichen Situationen durch Hundertschaften abgesichert werden und wie die Polizisten sich mit Hindernisparcours und Kampfsportarten fit halten. Dann waren sie selbst gefordert: Ein Training mit der Hundertschaft stand an.

"Ich möchte die Polizei weiblicher machen", sagte Polizeipräsidentin Ursula Brohl-Sowa. Der Girls' Day trage zu diesem Ziel bei und wecke wirkliches Interesse bei den Schülerinnen. "Viele bewerben sich danach für ein längeres Praktikum bei uns", erzählte der Einstellungsberater Harald Schellhase. Und daraus resultiere nach dem Schulabschluss oft eine Bewerbung für den Polizeidienst. Auch deshalb sei man bereits auf einem guten Weg: "Letztes Jahr waren 40 Prozent aller Neueinstellungen bei der Polizei in NRW Frauen", sagte Brohl-Sowa.

Auch die 14-jährige Annika könnte sich vorstellen, später zur Polizei zu gehen. "Ich war letztes Jahr auf dem Tag der offenen Tür der Bundespolizei und es hat mir so gut gefallen, dass ich geschaut habe, ob die Polizei auch am Girls' Day etwas anbietet", erzählte sie. Am spannendsten fand sie die Arbeit mit der Hundestaffel. Am Morgen konnten die Mädchen sich selbst als Spurensicherer probieren und miterleben, wie Spürhunde die Polizisten bei Suchaktionen unterstützen.

Sicher, welche berufliche Richtung sie später tatsächlich einschlagen will, war sich Annika aber keineswegs. "Die Arbeit als Kindergärtnerin interessiert mich auch sehr", erzählte sie. So geht es vielen Mädchen: Noch immer ergreifen mehr Frauen als Männer soziale Berufe wie zum Beispiel Erzieherin.

Damit das nicht so bleibt, bieten verschiedene Einrichtungen mittlerweile auch einen Boys' Day an. Der 12-jährige Felix lernte den Beruf des Heilerziehungspflegers im Heilpädagogischen Zentrum in Vilich kennen. Gemeinsam mit einer Gruppe geistig behinderter Menschen besuchte er die aktuelle Römerausstellung des LVR-Landesmuseums. "Es macht Spaß zu helfen und Berührungsängste hatte ich kaum", sagte Felix.

Das Programm wurde von den Verantwortlichen bewusst gewählt. "Ein Ausflug gibt einen Überblick über viele Situationen im Alltag, bei denen ein Heilerziehungspfleger helfen und unterstützen muss", erklärte Myga Hünewinckell, Regionalleiterin des Heilpädagogischen-Hilfen-Netzes Ost.

Doch nicht nur Pflegeberufe werden überwiegend von Frauen ausgeübt. Die Stadt Bonn bot Jungs die Möglichkeit, sich für einen Tag in Kindergärten, Seniorenzentren und Bibliotheken umzuschauen. Die Mädchen wiederum konnten den Beruf des Ingenieurs beim Gebäudemanagement, die Arbeit in einer Kläranlage oder die Aufgaben eines Försters kennenlernen. Insgesamt stellte die Stadt 60 Plätze für Mädchen und Jungen zur Verfügung.

Besonders unterrepräsentiert sind Frauen weiterhin im Bereich der sogenannten MINT-Berufe (Mathe, Informatik, Naturwissenschaften und Technik). Im Deutschen Museum Bonn konnten Mädchen unter weiblicher Anleitung naturwissenschaftliche Themen für sich entdecken. Und auf dem UN-Campus diskutierten die Bonner Bundestagsabgeordneten Claudia Lücking-Michel und Katja Dörner unter dem Motto "In der Politik hoch hinaus?!" mit Schülerinnen über die Chancen von Frauen im Berufsfeld Politik.

Die Möglichkeit, einen Tag lang in verschiedene Berufe hineinzuschnuppern, gefiel auf jeden Fall allen Teilnehmern - egal ob Junge oder Mädchen.

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