Gerichtsprozess in Bonn Behinderter fühlte sich als Bewerber diskriminert

Bonn · Das Leben hat es nicht gut gemeint mit einem 35-Jährigen, der jetzt vor dem Bonner Arbeitsgericht Klage eingereicht hat. Grund: Der Mann, halbseitig gelähmt, hatte sich bei einem großen Bonner Unternehmen beworben und eine Absage erhalten.

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Eine Chance, sich persönlich vorzustellen, hatte er nicht. Deshalb verklagte er das Unternehmen auf Zahlung einer Entschädigung von 15.000 Euro.

Vor Gericht erfährt der Mann, dass nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) in der Regel nur öffentliche Arbeitgeber verpflichtet seien, bei Bewerbungen von Schwerbehinderten diese Personen auf jeden Fall zu einem Gespräch einzuladen. Geschieht dies nicht, riskiert der Arbeitgeber eine Schadensersatzzahlung.

Bei Unternehmen, die nicht zur öffentlichen Hand gehören, besteht diese Pflicht nicht. Allerdings: Bei Bewerbungen von Schwerbehinderten gilt auch für sie, dass sowohl die Schwerbehindertenvertretung als auch der Betriebsrat vor einer Entscheidung involviert werden müssen. Im Falle des Klägers war der Betriebsrat indes erst informiert worden, nachdem die Personalabteilung sich für einen Bewerber entschieden hatte.

Kläger für den Job deutlich überqualifiziert

„In dem Punkt ist die Klage auf Diskriminierung durchaus berechtigt“, sagt der Kammervorsitzende. Sein Vorschlag zur Güte: Das Unternehmen zahlt dem Schwerbehinderten 2200 Euro und die Sache ist vom Tisch. Die Beklagtenseite winkt ab. „Wir verstehen sowieso nicht, warum der Kläger sich auf diese Stelle beworben hat“, wirft die Unternehmensvertreterin ein. Denn bei dem Job handele es sich um Sekretariatsaufgaben, dafür sei der Kläger deutlich überqualifiziert.

„Wenn Sie mal so lange wie ich ohne Arbeit wären, dann würden Sie Ihre Ansprüche auch runterschrauben“, sagte der 35-Jährige sichtlich verärgert. Die Beklagtenseite bleibt stur: „Wir zahlen 1000 Euro, maximal 1500.“ Doch der Mann beharrt auf 2200. „Ich fühle mich wie auf einem türkischen Basar“, schimpft die Firmenvertreterin. Als der Kammervorsitzende ihr das Versäumnis mit dem Betriebsrat noch einmal vorhält, willigt sie schließlich in den Vergleich ein.

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