Bonner Krisenbaustelle Stadt will Bauleitung für Beethovenhalle auswechseln

Bonn · "Baubüro.eins" soll als Bauleitung der Beethovenhalle abgezogen werden, kündigt Stadtdirektor Wolfgang Fuchs an. Die Ratsopposition fordert Ob Ashok Sridharan auf, die Beethovenhalle zur Chefsache zu machen.

Bei der Sondersitzung zur Beethovenhalle hat sich die Ratsopposition auch auf Oberbürgermeister Ashok Sridharan eingeschossen. Er müsse die Krisenbaustelle jetzt zur Chefsache machen, forderte die SPD-Fraktionsvorsitzende Angelika Esch am Montagabend. Zwar sei formal Stadtdirektor Wolfgang Fuchs zuständig. „Aber Sie tragen als Verwaltungschef die Verantwortung dafür, dass in der Halle die Millionenbeträge nur so im löchrigen Boden versickern“, attackierte Esch den Oberbürgermeister. Auch die Linke warf ihm vor, „in Deckung“ zu bleiben.

Stadtdirektor Fuchs bekannte sich ausdrücklich zu seiner eigenen „politischen Verantwortung“ für die Baustelle, als er dem Rat am Rednerpult Bericht erstattete. Der Verlauf des Projektes schmerze ihn sehr. Die Kostenprognose liegt seit Montag bei 113,5 Millionen Euro (statt ursprünglich 61,5 Millionen). Mit der Fertigstellung des Baudenkmals wird erst 2022 gerechnet. Es könne aber auch noch später werden, erklärte Fuchs.

Er verbreitete jedoch vorsichtigen Optimismus. Zum einen seien kaum noch bauliche Überraschungen zu erwarten. Zum anderen habe der umstrittene Projektplaner Nieto Sobejano Arquitectos (NSA) zugesagt, sein Projektteam für die Beethovenhalle umzustellen und zu verstärken.

Außerdem, so Fuchs, wolle man im Einvernehmen mit NSA Teile des Auftrags an ein anderes Büro vergeben – gemeint ist offenbar die Bauleitung vor Ort, mit der die Berliner Architekten das „baubüro.eins“ aus Hamburg beauftragt haben. Mit dessen Leistungen ist die Stadt ebenso unzufrieden wie mit denen des Architektenbüros. Sie hatte NSA wie berichtet mit Kündigung gedroht, weil „seit Wochen kein aktualisierter Terminplan vorgelegen“ habe, wie Fuchs in der Ratssitzung bestätigte. Eine letzte Frist bis vergangenen Freitag hat NSA knapp eingehalten; die Stadt überprüft jetzt den neuen Terminplan.

Schon vor Wochen hatten zwei Technikfirmen ihre Verträge mit der Stadt gekündigt, weil sie ihre Arbeit nicht rechtzeitig aufnehmen konnten. Als Konsequenz drohen nun Kündigungen von Folgegewerken – mit millionenschweren Mehrkosten, die sich in der neuen Kostenprognose von 113,5 Millionen Euro niederschlagen. Fuchs machte den Fraktionen aber Hoffnungen, dass eine der beiden Technikfirmen bereit sei, eventuell auf die Baustelle zurückzukehren. Fuchs: „Es gibt Gespräche.“

Er selbst wird sie aber nicht führen können. Der Stadtdirektor muss sich diese Woche einer Operation unterziehen und fällt danach bis zu sechs Wochen aus. „Die wesentlichen Termine nimmt in dieser Zeit der OB wahr“, kündigte Fuchs an. Er selbst bleibe aber verantwortlich für das Projekt und werde sich „permanent informieren“ lassen.

„Das Projekt vom Krankenbett aus steuern – das kann doch nicht Ihr Ernst sein“, protestierte Linken-Fraktionschef Michael Faber. Oberbürgermeister Sridharan verwies in der Sitzung auf die internen Vertretungsregelungen der Stadtspitze – Fuchs würde demnach von Kämmerin Heidler und Sozialdezernentin Krause vertreten. Auf GA-Nachfrage am Dienstag sprach der Oberbürgermeister allerdings von einem Missverständnis. „Stadtdirektor Fuchs ist bereits seit Anfang 2014 Leiter des Projekts Beethovenhalle und soll es auch bleiben“, sagte Sridharan. Die Sanierung laufe nicht so, wie man sich das vorgestellt habe. Schon bisher habe er sich regelmäßig über die Lage informieren lassen, wolle das aber intensivieren. „Ich werde mich stärker in das Projekt einbringen und mich einschalten, sobald es die Situation erfordert“, erklärte Sridharan. Er habe zudem entschieden, dass der Rat künftig in jeder Sitzung zum aktuellen Stand informiert werde.

Die Stadtspitze will in den kommenden Wochen mit den wichtigen Projektbeteiligten sprechen und dem Rat ein Konzept vorlegen, wie die Beethovenhalle fertiggestellt werden soll. Das habe „möglichst kostengünstig“ zu geschehen, unterstrich der Rat mit einem einstimmigen Beschluss auf SPD-Antrag. Den Antrag des Bürger Bundes Bonn, die Baustelle zunächst zu stoppen, lehnte die Mehrheit ab.

Unzufrieden sind Projektkenner und Ratsmitglieder übrigens nicht nur mit Architekten und Bauleitung. Auch Projektsteuerer Drees & Sommer steht hinter vorgehaltener Hand in der Kritik. Einerseits, weil die Berater schon seit Jahren in die Vorplanungen und in die nicht haltbaren Kostenschätzungen eingebunden waren. Andererseits, weil Koordination und Kontrolle aller Baubeteiligten wohl nicht optimal laufen. Bisher war für Drees & Sommer offenbar nur eine Person vor Ort aktiv.

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