Rockerbanden in Bonn Bandidos gründen Regionalgruppe - Hells Angels mit Tarnfirma?

BONN · Die Rockergruppe Bandidos hat in Bonn eine Regionalgruppe gegründet. Das "Prospect Chapter", eine Art Vorstufe der Vollmitgliedschaft in der berüchtigten Gruppierung, bestehe seit wenigen Wochen, erklärte ein Sprecher der Bandidos dem General-Anzeiger.

Damit dringen die Rocker in ein Gebiet vor, das in der Vergangenheit die rivalisierenden Hells Angels beansprucht hatten. Die Höllenengel lösten ihr "Charter Bonn" zwar Anfang 2013 offiziell auf. Es gibt aber starke Hinweise darauf, dass sie eine Tarnfirma gegründet haben - möglicherweise, um einem Vereinsverbot zu entgehen. Mindestens zwei der Gesellschafter sind bekannte Hells Angels.

Das neue Bandidos-Chapter könnte Hintergrund der auffälligen Präsenz beider Rockergruppen in Bonn in den vergangenen Tagen sein. Am Wochenende waren Hells Angels im Konvoi durch die Stadt gerollt; am Montagabend marschierten mehr als 100 Mitglieder und Unterstützer der Bandidos in der Bonner Innenstadt auf. "Das zielte darauf ab, der Konkurrenz die eigene Macht zu demonstrieren", sagte Helmut Pfau, Leiter der Polizeidirektion Gefahrenabwehr und Einsatz, auf einer Pressekonferenz im Bonner Polizeipräsidium.

Es sei für die Rocker wohl ein Test gewesen. Pfau: "Es geht um die Frage, wer in Zukunft in Bonn das Sagen hat und kriminelle Tätigkeitsfelder besetzen kann. In weiten Teilen sprechen wir hier von organisierter Kriminalität." Der Aufmarsch der Bandidos am Montagabend sei so überraschend und massiv erfolgt, dass die Polizei nicht schnell genug ausreichend Beamte zusammenziehen konnte, um eine Personalienkontrolle der Gruppe zu riskieren.

Pfau kündigte für die Zukunft konsequentes Eingreifen an. "Wir werden nicht zurückweichen", betonte der Leitende Polizeidirektor. Nach Einschätzung der Ermittler gibt es eine Verbindung zwischen den Hells Angels und der "Bruderschaft Fist Fighter", die im Bonner Umland einen Boxclub betreibt. Mitglieder der Kampfsportgruppe waren gemeinsam mit den Höllenengeln durch Bonn gefahren, wie Pfau berichtete. Viele der "Fist Fighter" sind den Angaben zufolge als Türsteher vor Nachtlokalen und Diskotheken tätig.

Unklar scheint die Rolle von rund 40 Hooligans aus dem Raum Aachen zu sein, die sich am vorigen Donnerstag am Bonner Stiftsplatz versammelt hatten und von der Polizei mit Platzverweisen belegt wurden. Mitglieder der Gruppe namens "Westfront" sollen laut Polizei auf Bandidos-Partys gesehen worden sein. Es gibt aber offenbar auch Kontakte zu den Hells Angels.

"Wir analysieren jetzt die aufgenommenen Personalien und die Fahrzeugkennzeichen", erklärte Uwe Neuser, Leiter der Kriminalinspektion 2, die im Bonner Präsidium für die Bekämpfung organisierter Kriminalität zuständig ist. Ziel sei, so schnell wie möglich die führenden Köpfe der Gruppen zu identifizieren.

Rocker wie die Bandidos und die Hells Angels liefern sich seit Jahren blutige Revierkämpfe in ganz Deutschland. Seit einem knappen Jahr sei die Rockerszene "stark in Bewegung geraten", sagte Frank Scheulen, Sprecher des nordrhein-westfälischen Landeskriminalamtes.

Hinweis: Weitere Berichte finden Sie in der Mittwoch-Ausgabe des General-Anzeigers.

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