Umstrittenes Projekt Zweifel am Steuervorteil bei Badneubau in Bonn

Bonn · Am Donnerstag soll der Stadtrat endgültig über das geplante Hallenbad in Dottendorf entscheiden. Doch aktuelle Informationen werfen die Frage auf: Ist der Neubau wirklich wirtschaftlicher als die Sanierung der alten Bäder?

Ist ein neues Hallenbad in Dottendorf wirklich wirtschaftlicher für die Stadt Bonn als die Sanierung von zwei alten Bädern? Über diese Frage wird der Rat in seiner Sitzung an diesem Donnerstag abschließend diskutieren müssen. Eine Mehrheit für das Wasserland-Projekt zeichnet sich ab, da die Jamaika-Koalition das neue Bad will. Doch neue Informationen aus der Stadtverwaltung lassen Zweifel aufkommen, ob das Wasserland tatsächlich die günstigere Variante ist.

Denn auf GA-Nachfrage erklärt das Presseamt jetzt: Es sei auch künftig nicht vorgesehen, Stellen im städtischen Bäderbetrieb zu streichen – selbst wenn Kurfürsten- und Frankenbad endgültig aufgegeben werden. Bisher arbeiten im Bäderbetrieb 33 Fachkräfte einschließlich Bademeister, sieben fest angestellte Rettungsschwimmer und acht Festangestellte in den Empfangsbereichen. Macht 48 Vollzeitstellen.

Die Stadtwerke sehen ab 2020 ein eigenes Wasserland-Team mit 36 Vollzeitstellen vor. „Stadt und SWB erarbeiten zusammen eine optimale Personalplanung, die auch die unterschiedlichen Strukturen von Ganzjahresbetrieb im neuen Bad einerseits und teilweisen Betriebszeiten in den Hallen- und Freibädern der Stadt andererseits berücksichtigt“, so Vize-Stadtsprecher Marc Hoffmann. Das Personal im Bäderamt könne nicht reduziert werden, weil sonst im Sommer die sechs Bonner Freibäder nicht betrieben werden könnten. Die Wintermonate würden traditionell zum Abbau von Überstunden und für Jahresurlaube genutzt.

Der Wirtschaftlichkeitsvergleich wackelt

Doch wenn die Personalausgaben im Bäderamt gleich hoch bleiben, wackelt der Wirtschaftlichkeitsvergleich, den die Stadtwerke Bonn (SWB) erstellt haben. Für die Neubau-Variante hatte die SWB im September einen Zuschussbedarf für das Wasserland von 3,05 Millionen Euro prognostiziert (inzwischen auf 2,82 Millionen korrigiert). Dem stellte sie eine Modellrechnung für die beiden alten Bäder gegenüber, falls diese saniert und weiterbetrieben würden – der Vergleichbarkeit halber hochgerechnet auf einen fiktiven Ganzjahresbetrieb im Jahr 2015.

Tatsächlich sind die Hallenbäder nur neun Monate offen. In diesem Sanierungsmodell kam die SWB einschließlich Zins- und Tilgung sowie Abschreibung auf einen Zuschussbedarf von 3,74 Millionen Euro im Jahr. Darin enthalten: 1 Million für städtische Personalkosten. Da diese aber auch nach einer Wasserland-Eröffnung nicht wegfallen würden, muss man diese Million eigentlich zum Defizit des neuen Bades hinzurechnen. Macht nach neustem Stand rund 3,8 Millionen Euro, ganz ähnlich wie in der Sanierungsvariante des SWB-Vergleichs. Die Stadtwerke hatten dabei auch nicht berücksichtigt, dass die Energiekosten der alten Bäder nach Instandsetzung sinken – laut Schätzung der Stadtverwaltung um etwa 100 000 Euro im Jahr.

Risiko beim Steuervorteil

Ein Risiko liegt zudem in einem Steuervorteil, den die SWB GmbH zugunsten der Stadt eingepreist hat. Das Wasserland-Defizit soll ab 2021 von Ausschüttungen der Stadtwerke an die Stadt abgezogen werden. Dieses Konstrukt soll der Kommune rund 570.000 Euro Kapitalertragssteuer ersparen. Kämmerin Margarete Heidler weist aber in einer vertraulichen Unterlage sehr deutlich auf einen Haken hin: „Tatsächlich würde aber bei angenommenen jährlichen Ausschüttungen... in den ersten Jahren keine Kapitalertragssteuer anfallen“, schreibt die Kämmerei den Ratsmitgliedern. „Diese würde in Abhängigkeit vom Ergebnis der SWB erst mittelfristig bzw. erst in weiter Zukunft anfallen“ Hintergrund: Die SWB-Gewinne müssen hoch genug sein, um sie sowohl steuermindernd im eigenen Konzern mit den Wasserland-Kosten zu verrechnen als auch eine nennenswerte Ausschüttung an die Stadt leisten zu können. Greift der Kapitalsteuervorteil nicht, „erhöht sich der durch die Stadt zu tragende Aufwand entsprechend“, bestätigt das Presseamt.

Der wichtigste Effekt des Wasserland-Modells ist allerdings die Reduzierung der Steuern auf die Gewinne im SWB-Energiebereich. Dort setzen die Stadtwerke eine Ersparnis von 1,57 Millionen Euro jährlich an. Gelingt das nicht in voller Höhe, steigt das Baddefizit entsprechend an. Im Stadtwerke-Konzern waren zu Jahresbeginn intern Zweifel formuliert worden, ob dieser Steuervorteil ab 2021 voll ausgespielt werden könne.

Anlass dafür: Die millionenschwere Neuanschaffung von Niederflurbahnen in den kommenden Jahren. Die damit verbundenen Abschreibungen reduzieren offenbar den Spielraum für Steuerspareffekte. SWB-Konzernchef Peter Weckenbrock versichert aber regelmäßig, die Stadtwerke würden die Ziele erreichen, die der Rat gesetzt habe. „Wir gehen davon aus, dass mit den durch den Konzern erwirtschafteten Ergebnissen die möglichen Steuervorteile dauerhaft im vollen Umfang gehoben werden können“, bekräftigt SWB-Sprecher Werner Schui.

Segen vom Finanzamt fehlt noch

Laut Ratsbeschluss sollen die Stadtwerke ab 2021 jährlich vier Millionen Euro (in Folgejahren fünf Millionen) an die Kommune abführen. Diese Summen sind schon im Haushaltssicherungskonzept (HSK) eingeplant, mit dem die Stadt sich gegenüber der Bezirksregierung Köln verpflichtet hat, bis 2021 ihren Haushalt auszugleichen. Jeden Euro, den die SWB weniger ausschütten, um das Wasserland-Defizit auszugleichen, muss die Stadt deshalb an anderer Stelle sparen oder über Steuern und Gebühren einnehmen. Bisher geht die Verwaltung aber davon aus, dass „durch das SWB-Steuermodell der jährliche Zuschussbedarf für das neue Bad niedriger ist, als er für die beiden sanierten Bäder zusammen wäre“, wie Vize-Stadtsprecher Hoffmann erklärte. Sollten die Stadtwerke irgendwann gar keinen Konzerngewinn erzielen, müsste die Kommune das Wasserland-Defizit direkt ausgleichen.

Der Ratsbeschluss am Donnerstag steht unter dem Vorbehalt, dass das Finanzamt dem Steuermodell seinen Segen erteilt. Diese verbindliche Auskunft lag den Stadtwerken aber auch am Dienstag noch nicht vor. Laut SWB-Sprecher Schui soll sie noch diese Woche eintreffen.

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