Analyse zum Bürgerentscheid in Bonn Zwei Bezirke geben Ausschlag gegen das Wasserlandbad

Bonn · Die Mehrheit der Bonner hat für den Stopp des Wasserlandbades in Dottendorf gestimmt. Klare Verhältnisse in Bad Godesberg und in den nördlichen Wahlbezirken geben den Ausschlag für die Entscheidung. Eine Analyse.

Wer 1:0 führt, der stets verliert? Dass sie sich diesmal bewahrheitet, die alte Fußballweisheit, das ahnt noch niemand, als um 10.19 Uhr die erste Schnellmeldung auf der Leinwand im Ratssaal erscheint. Es sind allerdings auch noch nicht allzu viele Menschen da, die etwas ahnen könnten. Die wenigen allerdings, die sich schon am Morgen auf den Weg ins Stadthaus gemacht haben, nehmen zur Kenntnis: In Alt-Tannenbusch hat das Wasserlandbad eine Mehrheit gefunden. Mit 52 zu 48 Prozent liegen die Neubaubefürworter im ersten ausgezählten Bezirk vorn. Doch 32 andere stehen noch aus.

Eine geschlagene Stunde passiert nichts, von den Brötchen und Getränken, die in den Saal geschoben werden, einmal abgesehen. Dann die ersehnte, zweite Schnellmeldung – diesmal aus einem Wahlbezirk, der als repräsentativ für die Gesamtstadt gelten könnte: Bonn-Zentrum. Und auch die Menschen in der Innenstadt machen es spannend: 49 Prozent sagen „Ja“ zum Stopp des Wasserlandprojekts, 51 Prozent wollen das neue Bad. Wieder also liegen die Neubaubefürworter vorn. Inzwischen hat sich der Ratssaal gut gefüllt. Trotz der mit teilweise unerbittlicher Härte geführten Auseinandersetzung im Vorfeld der Abstimmung ist man sich in einem Punkt einig: Das hier wird eine knappe Sache.

Erstes Ausrufezeichen der Wasserland-Gegner

Dann, um kurz nach 12 Uhr, setzen die Wasserland-Gegner ihr erstes Ausrufezeichen. Ihr Erfolg in der Inneren Nordstadt, dem Frankenbad-Viertel, ist mit 74 zu 26 Prozent durchschlagend. Und eine Viertelstunde später – gerade ist der Stimmbezirk Heiderhof/Muffendorf mit ähnlichem Ergebnis ausgezählt – hat sich das Blatt erstmals eindeutig zugunsten derjenigen gewendet, die für den Erhalt der dezentralen Bäder eintreten.

Erst dehnt sich ihr Vorsprung auf rund 55 zu 45 Prozent aus, um auf der Zielgerade wieder zu schmelzen. Aufholen können die Befürworter des Neubaus das Rennen jedoch nicht mehr, auch wenn es die Dramaturgie des Zufalls will, dass gerade die Stadtteile Kessenich und Dottendorf mit besonders vielen Neubauanhängern erst unter den letzten Wahlbezirks-Ergebnissen sind. Noch einmal wird es knapp, doch für das Wasserland reicht es nicht.

Träume von Neubau zerplatzen

Die Wähler im Bonner Norden und in Bad Godesberg (außer Friesdorf) sind es, die alle Träume von einem neuen Bad im Wasserland zerplatzen lassen. Während es in vielen der anderen Stimmbezirke beim Kopf-an-Kopf-Rennen bleibt, verbuchen die Verfechter der bestehenden Bäder hier satte Zwei-Drittel-Zustimmung. Das schaffen die Befürworter lediglich in Kessenich und Dottendorf/Gronau. Am Ende ist das zu wenig, zumal sich die Stimmen in den beiden großen Stadtbezirken Bonn und Beuel nahezu neutralisieren und der Hardtberg mit seinen 56 Prozent für das neue Bad mangels Masse zu wenig ins Gewicht fällt. Für Überraschung und ein Raunen im Saal sorgen die Ergebnisse aus Schwarzrheindorf und Beuel: Auch dort fällt das neue Bad durch.

Unterm Strich ähneln sich die Bilder mit jenen vom 22. April vergangenen Jahres – nur mit umgekehrten Vorzeichen. Brachten es diejenigen, die zur Sanierung des Bad Godesberger Kurfürstenbads „Nein“ sagten, damals auf knapp über 50.000 Stimmen, entspricht dem nun das Ergebnis der Wasserlandbefürworter mit 50.833 Stimmen. Die Lobby der bestehenden Bäder, so scheint es, konnte hingegen wirksam mobilisieren und noch einmal zulegen: Ja zum Kurfürstenbad sagten 2017 insgesamt 46.888 Bürger, Nein zum Wasserland nunmehr 54.932.

"Alle gegen Godesberg"

Die grobe Analyse von 2017 – „alle gegen Godesberg“ – trifft es anhand der blanken Zahlen auch diesmal. Mit dem Unterschied, dass die Godesberger nun Verbündete im Bonner Norden haben. Diese ungewohnte Allianz ist es, die die Ambitionen für den Wasserland-Neubau in Dottendorf am Ende zu Fall bringt. Um 14.27 Uhr ist das endgültig klar. Jubel und Enttäuschung halten sich in Grenzen, der Ratssaal leert sich schnell.

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