Prozess in Bonn Automatensprenger schweigt vor Gericht

Bonn · Ein 27-jähriges Mitglied einer Bande aus den Niederlanden steht in Bonn vor dem Landgericht. Er und zwei mutmaßliche Komplizen sollen im November 2015 unter anderem einen Geldautomaten in der Sparkassenfiliale auf dem Heiderhof gesprengt haben.

 Symbolfoto.

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Foto: dpa

Weißer gestärkter Kragen, dunkelblauer Pullover: Der Mann, der am Freitag in Handschellen in den Gerichtssaal geführt wurde, wirkt wie ein braver Konfirmand. Doch dem 27-Jährigen wird vorgeworfen, Mitglied einer niederländischen Bande zu sein, die sich seit 2015 auf das Sprengen von Geldautomaten in NRW spezialisiert hat. Vor dem Bonner Landgericht muss sich der Niederländer jetzt wegen Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion sowie schweren Bandendiebstahls in zwei Fällen verantworten. Das Verfahren gegen zwei mutmaßliche Komplizen, 24 und 26 Jahre alt, wurde abgetrennt und soll zu einem späteren Zeitpunkt verhandelt werden.

Ein Tatort war die Sparkassenfiliale auf dem Heiderhof, die am 2. November 2015 gegen 4.17 Uhr von drei maskierten Männern auf zwei Motorrädern heimgesucht wurde. Wenige Minuten später war laut polizeilichem Protokoll alles „stark verwüstet“. Die Detonation riss Nachbarn aus dem Schlaf und zwei Geldautomaten aus den Verankerungen, sie hob Türen aus den Angeln. Überall lagen Glassplitter, 50-Euro-Scheine flogen umher, ganze Geldbündel hingen in den Schächten: Das Trio hatte nur 26.000 Euro eingesteckt, 50.000 Euro hatten sie wohl aus Angst vor Entdeckung zurückgelassen. Drei Kameras, die die Sprengung aufgezeichnet hatten, zeigten: Die Täter brauchten keine drei Minuten. Sachschaden: 82.400 Euro.

Der 27-jährige Angeklagte soll in Bonn jedoch eine Visitenkarte hinterlassen haben: seine DNA an einer Gasflasche. Und auch bei einer zweiten Automatensprengung am 21. September 2015 in Wachtendonk an der niederländischen Grenze soll seine DNA gefunden worden sein. Hier machte die Bande 99.470 Euro Beute und richtete einen Schaden in Höhe von 100.000 Euro an.

Der Angeklagte, der fünf Monate später in einem Schnellrestaurant in Leverkusen festgenommen werden konnte, will im Prozess zu den Vorwürfen schweigen. Das Landeskriminalamt (LKA), das mit der Sonderkommission „Heat“ den Panzerknackern auf der Spur ist, ist sich sicher, dass der Angeklagte zu der Grenzgängerbande gehört, deren Mitglieder marokkanische Wurzeln haben. Registriert sind seit 2015 mittlerweile über 200 Sprengungen, von denen die wenigsten aufgeklärt sind.

Der Indizienprozess vor der 1. Bonner Strafkammer könnte aufwendig werden und länger als geplant dauern.

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