Parkour in Bonn Auf dem Sprung durch die City

Bonn · Der 18-jährige Jessaja Latala hat die Bonner Parkour-Gruppe „Zerogravity“ gegründet und übt mit ihr die Kunst der effizienten Fortbewegung. Darin steckt auch Lebensphilosophie. Denn man lernt, auch im Alltag keinem Hindernis aus dem Weg zu gehen.

 Parkour am Bonner Stadthaus: Victor Merker (links) und Jessaja Latala (rechts) beim Sprung über den Treppenaufgang.

Parkour am Bonner Stadthaus: Victor Merker (links) und Jessaja Latala (rechts) beim Sprung über den Treppenaufgang.

Foto: Andreas Dyck

Laufen, springen, klettern – und zwar so schnell, effektiv und elegant wie möglich: Parkour nennt sich diese Kunstform für den urbanen Raum, die aus Frankreich stammt und mittlerweile auch in der Bonner Innenstadt regelmäßig praktiziert wird. Wesentlich dazu beigetragen hat der heute 18-jährige Jessaja Latala. Der gebürtige Berliner, der in Spanien aufgewachsen ist, hat vor mehr als einem Jahr die erste Parkour-Gruppe Bonns – „Zerogravity“ (übersetzt: Schwerelosigkeit) – gegründet. Seitdem hat sie kräftig Zuwachs bekommen. „Wir sind über 40 Leute“, sagt Latala.

„Zerogravity“ ist ein eingetragener Verein des Betriebssport-Kreisverbandes Bonn/Rhein-Sieg. Jeden Samstag von 13 bis 18 Uhr trainiert die Gruppe in der Halle am Nikolaus Cusanus Gymnasium in Bad Godesberg. Außerdem gibt es Treffen für Fortgeschrittene in der Bonner Innenstadt, die über eine WhatsApp-Gruppe bekannt gegeben werden. Allerdings handle in diesem Fall jeder auf eigene Gefahr. „Was wir draußen machen, ist nicht mit den offiziellen Treffen des Vereins zu vergleichen, wir geben keine Anleitung, und es gibt keine Absicherung, wenn wir über Mauern, Bänke oder Geländer springen.“

Solche Treffen finden zum Beispiel am Rhein oder am Bonner Loch statt, wo die „Traceure“ – so werden Parkourläufer genannt, weil sie ihre jeweilige Strecke selbst festlegen – teils waghalsige Sprünge und Kletteraktionen über dem Abrund wagen. Trotzdem komme es selten zu Unfällen, sagt Viktor Merker, einer der Parkour-Trainer von „Zerogravity“, der gemeinsam mit Latala zur Schule gegangen ist und wie dieser seit fünf Jahren als „Traceur“ durch die Stadt zieht. „Wir achten darauf, dass sich jeder vorsichtig an neue Hindernisse herantastet. Wir ermutigen niemanden, Dinge zu tun, die er sich nicht zutraut.“

Die Lehre: Es gibt immer einen Ausweg

Merker und Latala haben sich ihre Parkour-Kenntnisse selbst beigebracht, indem sie sich Youtube-Videos angesehen und die Bewegungen nachgeahmt haben. Doch komme es bei dieser Kunstform keinesfalls darauf an, andere zu kopieren. „Jeder muss seinen eigenen Weg über die Hindernisse finden“, so Latala. „Am Ende geht es vor allem darum, dass man sie überwindet.“

Parkour sei ein Stück weit auch Lebensphilosophie. „Ich habe zum Beispiel gelernt, dass ich auch im Alltag keinem Hindernis aus dem Weg gehen darf, und dass es immer einen Ausweg gibt“, erklärt Latala. Sein Kollege Merker schätzt außerdem den Zusammenhalt, der durch Parkour entsteht: „Im Gegensatz zu vielen Sportarten gibt es hier keinen Wettbewerb, jeder hilft jedem, und jeder freut sich für den anderen.“

Diese Philosophie spiegle sich auch in der Zusammensetzung der Gruppe von „Zerogravity“ wider. „Bei uns machen Fünfjährige und 50-Jährige mit“, so Latala. „Anfangs haben die Eltern ihre Kinder nur vorbei gebracht, jetzt nehmen sie selbst teil. Und strenggenommen sei jeder Mensch, der sich zu Fuß durch die Stadt bewegt ein „Traceur“. Schließlich gehe es laut Definition vor allem darum, nur mit den Fähigkeiten des eigenen Körpers von Punkt A nach Punkt B zu gelangen, sagt Latala, um dann mit einem verschmitzten Lächeln hinzuzufügen: „Manche bewegen sich einfach ein bisschen schneller und eleganter als andere.“

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