Im Gespräch mit Stephan Wilke-Böer Auf Bonner Markt herrscht eine positive Grundstimmung

Bonn · Markt-Gastronom Stephan Wilke-Böer spricht im GA-Interview von der familiären Atmosphäre auf dem Bonner Markt rund um den Obelisken und den Knochenjob der Obsthändler.

Montagsinterview mit Marktverkäufer Stefan Wilke-Boers

Montagsinterview mit Marktverkäufer Stefan Wilke-Boers

Foto: Benjamin Westhoff

Herr Wilke-Böer, ist Bonn für einen überzeugten Hamburger nicht viel zu klein?

Stephan Wilke-Böer: Für mich nicht. Die Stadt hat es mir sehr leicht gemacht, hier anzukommen. Ich fühle mich sozusagen pudelwohl. Und Hamburg vermisse ich nur ab und zu ein bisschen.

Wie wird man Gastronom auf dem Bonner Markt?

Wilke-Böer: Indem man sich beruflich völlig neu orientiert, sich einen Foodtruck anschafft und loslegt.

Gründungsphase, das klingt aber auch nach Formalitäten...

Wilke-Böer: Stimmt. Es braucht eine recht lange Vorlaufzeit und ziemlich viele Genehmigungen. Im Spiel sind beispielsweise Gewerbeamt, Hygieneamt oder auch das Arbeitsamt, das den Gründerzuschuss beisteuert. Für die Industrie- und Handelskammer musste ich dafür einen Businessplan schreiben. Parallel zu alledem habe ich mich bei der Marktgilde beworben, die den Wochenmarkt führt. Nach drei Tagen war der Zuschlag da.

Die Stadtverwaltung ist bei solchen Projekten also außen vor?

Wilke-Böer: Die Stadt wäre zuständig, wenn ich mich mit meinem Wagen woanders im öffentlichen Stadtgebiet postieren wollte, zum Beispiel in einem Viertel mit vielen Büros. Dafür bräuchte ich eine Sondergenehmigung, die bei der Stadt beantragt werden muss, und für den jeweiligen Ort einen zweistündigen Verkauf erlaubt.

Wem müssen Sie für die Standfläche auf dem Markt etwas bezahlen?

Wilke-Böer: Ich zahle der Marktgilde pro Monat einen angemessenen Betrag. Im Gegenzug wird mir als sogenannter Vertragshändler für drei feste Tage der Standort garantiert.

Wie wirkt der Bonner Markt auf Sie?

Wilke-Böer: Zunächst einmal familiär. Die Kollegen, die hier an ihren Wagen und Ständen Essen verkaufen, kenne ich inzwischen alle gut. Wir haben ein sehr kollegiales und nachbarschaftliches Verhältnis. Eigentlich verstehen wir uns auch nicht als Konkurrenten, sondern eher als Einheit. Es ist gut, wenn auch die anderen gut zu tun haben und hier eine positive Grundstimmung herrscht. Das merken auch die Kunden. Gemeinsam entfalten wir die Magnetwirkung, von der alle etwas haben.

Früher gab es auf diesem Markt fast ausschließlich Obst und Gemüse, vielleicht noch Fisch und Eier. Inzwischen machen die Essensstände einen wesentlichen Teil aus. Zeigt sich da ein überregionaler Trend?

Wilke-Böer: Man muss dabei auch bedenken, dass die Obst- und Gemüsehändler einen Knochenjob machen, als erste kommen und als letzte gehen. Dort beginnt der Arbeitstag um vier Uhr morgens auf dem Großmarkt. Soweit ich das beurteilen kann, macht der Konkurrenzdruck durch Discounter und Vollsortimenter das Geschäft und die Suche nach Nachfolgern sicher nicht einfacher.

Und wie lang ist Ihr Arbeitstag?

Wilke-Böer: Im Schnitt komme ich auf zehn Stunden. Neben dem Tagesgeschäft müssen zum Beispiel auch noch Termine für Veranstaltungen organisiert werden, auf denen ich am Wochenende verkaufe.

In manchen Großstädten hingegen scheint es, als sei der Stern der Foodtrucks schon wieder im Sinken begriffen...

Wilke-Böer: Ich glaube, dass es in Städten wie Berlin oder Hamburg als Neuling wirklich schwierig würde. Bei Ebay-Kleinanzeigen gibt es inzwischen seitenlange Angebote an Foodtrucks. Das hat natürlich seinen Grund. Aber Bonn ist von der Marktlage her genau richtig. Wer sich auf Großveranstaltungen konzentriert hat es schwer: Eine Standgebühr von 500 Euro muss mit Ofenkartoffeln erst einmal wieder hereingeholt werden, bis man überhaupt anfängt etwas zu verdienen.

Zurück zur Innenstadt: Offenbar scheint der Kuchen der Kaufkraft aber groß genug zu sein, damit für all die Bäckereien, Imbissstände, Dönerbuden, die etablierte Gastronomie und die Foodtrucks ein lohnenswerter Anteil übrig bleibt?

Wilke-Böer: Hier scheint's jedenfalls zu funktionieren. Das resultiert meines Erachtens aus einer gewissen Geschlossenheit, zudem wird auch für jeden Geldbeutel etwas angeboten. Somit verteilt sich die Kundschaft. Und nicht zuletzt hat die Bonner Innenstadt auch ihren Charme.

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